Die Vorwürfe italienischer Politiker gegen die Notenbank sind ungerechtfertigt – und kontraproduktiv. Ohne die EZB wäre die Lage in Italien eine ganz andere.
EZB-Zentrale in Frankfurt
Die Geldpolitik der Notenbank sorgt derzeit in Italien für viel Kritik.
Bild: dpa
Die Europäische Zentralbank (EZB) steht in Italien derzeit massiv in der Kritik. Nicht nur Verteidigungsminister Guido Crosetto äußerte sich skeptisch zur jüngsten Zinserhöhung im Dezember. Vizepremier Matteo Salvini behauptete sogar, dass die EZB durch die Entscheidung „Milliarden von Euro an Ersparnissen in Italien und ganz Europa verbrennt“.
Die Attacken sind aus mehreren Gründen schräg. Dahinter steckt offenbar das Kalkül, die Notenbank zum Sündenbock für selbst verschuldete Probleme zu machen. Was übrigens auch in Deutschland in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen ist.
Befremdlich sind die Vorwürfe auch deshalb, weil die EZB nichts unversucht gelassen hat, um die Finanzierungsfähigkeit Italiens zu sichern. Dabei hat sie ihr Mandat weit gedehnt.
Das beste Beispiel ist das Krisenprogramm TPI, das es ihr erlaubt, im Notfall unbegrenzt Anleihen einzelner Länder zu kaufen. Letztlich bedeutet das eine Politisierung der EZB.
Aus Sicht vieler Experten zielt dieses Programm hauptsächlich auf Italien. Allein die Ankündigung des TPI im vergangenen Sommer hat dazu geführt, dass die Renditen italienischer Staatspapiere wieder deutlich gefallen sind. Wenn nun italienische Politiker noch mehr Druck auf die Notenbank ausüben, könnte das die Bereitschaft zu solchen Hilfen eher mindern.
Außerdem untergraben die Kommentare das Vertrauen von Investoren. Es entsteht der Eindruck, dass Italien doch größere Schwierigkeiten bei der Finanzierung hat. Dabei ist die Ausgangslage dort gar nicht so schlecht. So hat die Regierung hohe Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU zur Verfügung.
Italien hat zudem die langjährige Niedrigzinsphase genutzt, um sich langfristig zu guten Konditionen zu verschulden. Höhere Kapitalmarktzinsen schlagen daher erst schrittweise auf den Schuldendienst durch. Solche Argumente geraten jedoch schnell aus dem Blick, wenn sich Politiker darauf konzentrieren, die hohen Zinsen zu kritisieren.
>> Lesen Sie hier: Italiens Verteidigungsminister greift erneut die EZB an – Was steckt hinter Crosettos Attacken?
Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Versuch, die Schuld für eigene Probleme bei der EZB abzuladen, ist nicht nur ein italienisches Phänomen. Auch deutsche Politiker haben das in der Vergangenheit immer wieder versucht. Der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gab der EZB und ihrem früheren Chef Mario Draghi zum Beispiel eine Mitschuld am Erstarken der AfD.
Die Gefahr bei solchen Ablenkungsmanövern besteht darin, dass die eigentlichen Probleme überspielt statt gelöst werden.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×