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07.02.2023

16:25

Kommentar

Warum Lufthansa-Chef Spohr trotz aller Kritik eine weitere Amtszeit verdient

Von: Jens Koenen

Carsten Spohr hat den Konzern mehrfach gut durch Krisen geführt. Bei aller berechtigten Kritik an Missständen – eine Vertragsverlängerung wäre richtig.

Gute Nachricht für den obersten Lufthanseaten. Er soll Anfang März einen neuen Fünfjahresvertrag bekommen. dpa

Lufthansa-Chef Carsten Spohr

Gute Nachricht für den obersten Lufthanseaten. Er soll Anfang März einen neuen Fünfjahresvertrag bekommen.

Carsten Spohr ist das Gesicht der Lufthansa. Geht es nach dem Willen des Aufsichtsrats, soll er das auch für die kommenden fünf Jahre bleiben. Spohr ist nicht unumstritten, weder in der Belegschaft noch bei den Kunden. Dennoch ist es richtig, dem amtierenden Lufthansa-Chef das Vertrauen für eine weitere Amtszeit zu geben.

Gleich mehrere Gründe sprechen dafür. Spohr führt Europas größte Airlinegruppe seit Mai 2014. Bei seiner Berufung musste sich der Manager mit dem Ruf auseinandersetzen, die zweite Wahl zu sein. Lange hatte der damalige Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber außerhalb des Konzerns nach einem neuen CEO gesucht – ohne fündig zu werden. Schließlich bekam Spohr die Chance.

Schnell musste der Pilot und Wirtschaftsingenieur beweisen, dass er alles andere als eine personelle Notlösung ist. Kaum ein Jahr nach der Amtsübernahme steuerte ein suizidaler Co-Pilot der Germanwings ein Flugzeug gegen einen Berg, 150 Menschen verloren ihr Leben. Der Lufthansa-Chef zögerte nicht und machte die bislang schwerste Krise der Lufthansa zur Chefsache.

Intuitiv fand er die richtigen Worte, tat das Richtige. Natürlich gibt es bis heute Kritik von Angehörigen der Opfer am Umgang mit dem Unglück. Doch das ändert nichts daran, dass viele andere Manager eine solche Tragödie wohl überfordert hätte.

Es ist diese Erkenntnis, die sich durch die gesamte bisherige Karriere von Carsten Spohr zieht – er macht Fehler, aber die Frage ist: Gibt es jemanden, der den Job in Summe besser machen würde?

Wohl kaum. Spohr ist kein Schönwetterkapitän. Das hat sich in der Pandemie bestätigt. Der Lufthansa-Chef hat falsche Entscheidungen getroffen. Zu schnell wurde zu viel Personal abgebaut, zu lange wurde damit gewartet, die personellen Kapazitäten an den Flugplan anzupassen. Aber schneller als erwartet hat sich der Konzern aus der Staatshilfe befreit.

Spohr muss den Konzern verändern

Spohr wird in einer weiteren Amtszeit zeigen müssen, dass er nicht nur Krisen bewältigen kann, sondern auch in der Lage ist, die Lufthansa strategisch neu auszurichten. Lufthansa ist weltweit die Nummer vier. Um diese Position zu verteidigen, muss sich der Konzern verändern.

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Wer Premium vermarktet, muss auch Premium bieten, damit die Topkunden nicht zur Konkurrenz gehen. Wer Verlässlichkeit verspricht, darf die Kunden nicht an der eigenen Komplexität verzweifeln lassen. Wer Europas führende Airlinegruppe bleiben will, muss zeigen, dass er Übernahmen wie die von ITA – ein äußerst komplizierter Deal – managen kann.

Ein neuer Vertrag für einen Manager ist immer auch ein Vertrauensvorschuss seitens der Kontrolleure. Die werden dieses Mal noch genauer als sonst hinschauen, was der oberste Lufthanseat macht. Denn auch im Kontrollgremium wird sich einiges verändern. Mit Klaus-Michael Kühne wird ein erfolgreicher Unternehmer seine ganze Erfahrung einbringen – und vielleicht an der einen oder anderen Stelle für jene neuen Perspektiven sorgen, die Manager mit langen Amtszeiten gern aus den Augen verlieren.

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