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12.01.2023

19:09

Kommentar

Wer Grundschulkinder „Paschas“ nennt, ist Teil des Problems

Von: Dennis Pesch

Friedrich Merz lässt sich über Grundschulkinder aus, die Ayla oder Amir heißen. Der CDU-Chef schadet mit dieser Form der Debatte seinen eigenen Zielen.

Wer Deutschland als weltoffenes Land für Fachkräfte und Geflüchtete darstellen will, darf nicht reden wie der CDU-Vorsitzende. IMAGO/Metodi Popow

Friedrich Merz

Wer Deutschland als weltoffenes Land für Fachkräfte und Geflüchtete darstellen will, darf nicht reden wie der CDU-Vorsitzende.

Und wieder läuft in Deutschland eine „Integrationsdebatte“, die den Namen nicht verdient – geführt von der Spitzenpolitik auf dem Rücken von Kindern, die Amir, Mohammed oder Ayla heißen. Die Union befeuert einen Diskurs, der ihren eigenen Zielen im Weg steht. Wer Deutschland als weltoffenes Land für Fachkräfte und Geflüchtete darstellen will, darf nicht reden wie Friedrich Merz am Dienstagabend bei „Markus Lanz“.

Indem der Oppositionsführer Sechs- bis Zehnjährige als „kleine Paschas“ bezeichnete und als gewalttätige Blagen darstellte, hat er diese Kinder diskriminiert. Dabei müsste es aus Merz“ Sicht schon aus ökonomischen Gründen geboten sein, dass der Rassismus endet – wenn die menschliche Perspektive offenbar als Grund nicht ausreicht.

Jawed Karim hat Deutschland einst wegen rassistischer Pogrome in den 90er-Jahren verlassen und später in den USA Youtube mitgegründet. Merz hat den deutschen Kindern, die selbstverständlich auch Namen wie Amir, Mohammed und Ayla tragen, mit seinen neuerlichen Aussagen einen Bärendienst erwiesen.

Merz hat recht, aber nicht so, wie er glaubt

Tatsächlich hat er aber in einem Punkt recht: Diese Kinder könnten später gewalttätig werden – aber nur, weil Merz in einer faktenfreien Silvesterdebatte sechsjährigen Grundschulkindern mit den angeblich falschen Vornamen schon das Urteil ausstellt, die Täter von morgen zu sein.

Jeder Kinderpsychologe im Land weiß, dass Kinder nur über Vorbilder und Empathie lernen, gewaltfrei zu handeln. Kinder rufen um Hilfe, Zuneigung und Aufmerksamkeit, wenn sie Gewalt anwenden. Sie können ihr Handeln und ihre Sprache noch nicht kontrollieren – ganz im Gegensatz zu Herrn Merz. Er hat entschieden, sie und ihre Eltern der Willkür auszuliefern.

Willkür, Ordnungsrufe und Autorität sind aber Ursachen für Gewalt. Wer so denkt wie Herr Merz, kann ein weltoffenes Land nicht in eine bessere Zukunft für die gesamte Bevölkerung führen. Schon gar nicht wirtschaftlich. Diese Debatte führt nur dahin zurück, wo sich Merz politisch offenbar noch aufhält: in den 90ern.

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