Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
es sind regelrechte Schockwellen, die derzeit durch den Finanzmarkt rollen. Der Ursprung des Bebens liegt in den USA, genauer gesagt im kalifornischen Silicon Valley – dem Wundertal der Technologiefirmen. Denn wie Ende vergangener Woche bekannt wurde, ist das Geldhaus vieler Start-ups, die Silicon Valley Bank, pleite. Die Konsequenzen sind schon jetzt gewaltig, auch wenn die ganze Dimension für die Finanzwelt noch nicht absehbar ist.
Damit Sie in der komplizierten Gemengelage nicht den Überblick verlieren, hier die wichtigsten Antworten auf die drängendsten Fragen des Tages:
Wieso kam es zu der Pleite? Der Ursprung liegt in einer Kette von Umständen, die paradoxerweise mit zu viel Geld begann.
Umstand Nummer 1: Während des Tech-Booms nahmen die Start-ups sehr viel Geld ein und parkten vieles davon bei der Silicon Valley Bank. Doch gleichzeitig stieg die Kreditvergabe nicht im gleichen Maße, das Geld musste also anderswo hin. Einen Teil davon investierte die Bank in Staats- und Hypothekenanleihen, als deren Kurse besonders hoch waren.
Umstand Nummer 2: Die Zinsen stiegen, was den Tech-Boom beendete und gleichzeitig für fallende Anleihenkurse sorgte. Als viele Start-ups an ihr Geld wollten, sah sich die Bank gezwungen, ihre Anleihen zu verkaufen und so Verluste zu realisieren.
Umstand Nummer 3: Die Geldsorgen verunsicherten viele Kunden, sie zogen im großen Stil ihre Gelder ab.
Die Folge: Die Bank wurde zahlungsunfähig.
Welche Auswirkungen hat die Pleite? Am stärksten betroffen sind die Kunden der Bank, darunter viele junge Unternehmen. Handelsblatt-Tech-Korrespondent Stephan Scheuer hat dazu einen Lagebericht aus San Francisco verfasst. Auch hiesige Start-ups wie der Kochboxenversender Hellofresh und das Flugtaxiunternehmen Lilium haben Geld bei der Bank geparkt. In ganz Europa zählt die Silicon Valley Bank schätzungsweise rund 3600 Kunden.
Doch auch über die Start-up-Welt hinaus sind die Schockwellen deutlich spürbar. Die Banken mussten in den vergangenen Tagen die schlimmsten Verluste seit dem Covidcrash hinnehmen. An den Kursverlusten lässt sich ablesen, welches Geldhaus die Anleger für sicher halten – und welches ihrer Meinung nach ins Straucheln geraten könnte.
Droht ein neuer Crash an den Finanzmärkten? Das ist die Eine-Milliarde-Dollar-Frage, die sich Anleger weltweit stellen. Ganz genau kann das niemand vorhersagen. Tückisch ist, dass ein bloßer Unfall ähnlich aussieht, wie der Beginn einer tiefergehenden Krise.
Laut Handelsblatt-Finanzmarktexperte Frank Wiebe werden die Märkte noch eine Weile brauchen, bis sie den Schock verarbeitet haben. Und es ist ungewiss, welche Überraschungen das Finanzsystem sonst noch bereithält. Das aktuelle Marktumfeld könnte dazu beitragen, dass sie bald zu Tage treten.
Wie geht es jetzt weiter? In der Tech-Branche herrscht am späten Sonntagabend (Ortszeit) erst einmal große Erleichterung: Heute sollen Kunden Zugang zu ihren kompletten Guthaben bekommen. Es ist ein überraschender Durchbruch. US-Finanzministerin Janet Yellen und andere Regulierer wollen so verhindern, dass es zu einer Panik an den Märkten kommt.
Nun zu einer Geschichte großer Entfremdung und dem drohenden Ende einer perfekten Symbiose. Es geht um das Verhältnis von Autoherstellern und ihren Zulieferern. Die einen liefern die benötigten Fahrzeugteile, die anderen bauen sie ein, am Ende profitieren alle.
Doch die großen Automarken emanzipieren sich immer mehr aus diesem Abhängigkeitsverhältnis und wollen die benötigten Komponenten selbst produzieren. Volkswagen will ab 2025 viele der für den Elektroantrieb benötigten Teile in Eigenregie bauen. Andere Hersteller haben ähnliche Schritte angekündigt.
Der Vorstoß erfährt bei den Zulieferern erwartbar wenig Gegenliebe. Denn wenn ein Hersteller wie VW sich dazu entscheidet, wichtige Bauteile selbst zu fertigen, kommen ihnen auf einen Schlag bis zu zehn Prozent des Gesamtmarktes abhanden. Der Schwenk hin zum Elektroantrieb ist für die Branche ohnehin keine gute Nachricht. Denn ein Verbrennermotor besteht aus wesentlich mehr Komponenten als sein elektrisches Pendant.
Das Kräfteverhältnis verschiebt sich derzeit also immer mehr in Richtung der großen Hersteller. Das zeigt auch ein Blick auf die Gewinnmargen, bei denen die Autoproduzenten mittlerweile deutlich besser abschneiden als die Zulieferer.
Die gesunkenen Preise an den Energiebörsen rufen wieder Billiganbieter auf den Plan.
Bild: imago/Jochen Tack
Ein großes Comeback feiern derzeit Billigstromanbieter wie Sparfuxx, Ideal Energie oder Grüner Funke. Doch die Rückkehr der günstigen Angebote weckt bittere Erinnerungen an eine Zeit vor gerade einmal anderthalb Jahren, als Discounter Hunderttausende Kunden stromlos auf die Straße setzten. Die hohen Preise an den Energiebörsen hatten die Billiganbieter an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten gebracht.
Wer sich jetzt wieder auf die Schnäppchenversprecher einlassen will, sollte sich die dahinterstehenden Firmen genau anschauen. Dabei gilt: Nicht alles, was billig ist, ist gut. Aber auch nicht alles, was günstig ist, ist automatisch unseriös. Einige Anbieter haben anscheinend aus der vergangenen Krise gelernt und ihre Geschäftsmodelle besser gegen Risiken abgesichert. Außerdem dürfen Anbieter die Lieferungen nicht mehr von heute auf morgen einstellen.
Und dann ist da noch eine kleine, aber feine Filmpreisverleihung in Los Angeles, bei der in dieser Nacht der deutsche Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ ziemlich abgeräumt hat. Die komplette Liste der Gewinner kann ich Ihnen leider noch nicht präsentieren – dafür aber einen Fun Fact über die Oscars, mit dem Sie Ihre Kollegen beim Smalltalk in der Kaffeeküche beeindrucken können:
Gewinner der kleinen Statue dürfen diese nicht einfach auf dem Flohmarkt weiterverkaufen, wenn ihnen danach ist. Zuerst muss die Trophäe der Academy selbst zum Kauf angeboten werden – für einen symbolischen Dollar. Erst wenn die ablehnt, dürfen die Preisträger ihre Auszeichnungen anderswo zu Geld machen.
Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie am heutigen Tag für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet werden.
Herzliche Grüße
Ihre
Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt
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