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15.03.2023

06:20

Morning Briefing

Kein Geld für Start-ups – Wie Gründer unter der SVB-Pleite leiden

Von: Teresa Stiens

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

das heutige Morning Briefing hält einige wirtschaftswissenschaftliche Schmankerl für Sie bereit. Sind Sie gespannt? Lassen Sie uns loslegen!

Es gibt ein Mantra, das als Grundlage der sicheren Geldanlage gilt: Bitte nicht alle Eier in einen Korb legen. Diversifizierung ist essenziell, denn wenn ein Geldspeicher aus welchen Gründen auch immer ausfällt, steht man so immerhin nicht vor dem finanziellen Nichts.

Diese Grundlage scheinen viele Start-ups in den USA allerdings vergessen zu haben. Denn für die Gründer galt die Silicon Valley Bank (SVB) als Geldhaus Numero Uno, dem sie ihr volles Vertrauen schenkten. Nachdem die Bank in der vergangenen Woche in die Pleite rutschte, bangen viele amerikanische Start-ups jetzt um ihre Finanzmittel. Deutsche Start-ups hingegen scheinen cleverer gewesen zu sein und haben ihr Geld nicht alleine bei der SVB geparkt.

Viele Gründer wurden von Investoren wohl regelrecht dazu gedrängt, ein Konto bei der Silicon-Valley-Bank zu eröffnen. Diese habe als „Goldstandard“ gegolten, beschreibt ein Wagniskapitalgeber mit dem treffenden Namen Bernhard Gold den Nimbus der Bank in der Szene.

Das ist besonders brisant, weil es wiederum Investoren waren, die den Zusammenbruch des Geldhauses mitverursachten. Auf Grundlage von Gerüchten über einen „Bankrun“ haben einige Geldgeber ihren Start-ups in internen Nachrichten dazu geraten, sich an eben jenem Bankrun zu beteiligen und ihr Geld so schnell wie möglich abzuziehen.

Fazit: Volkswirte erkennen hier einen klassischen Fall der Spieltheorie. Eigentlich wäre es für alle Beteiligten besser, das Geld auf der Bank zu lassen. Doch wenn alle anderen ihre Konten leerräumen, sollte ich mein Konto auch leerräumen, um am Ende nicht als Verlierer dazustehen.

Imago Images

Charles Goodhart: „Es ist unwahrscheinlich, dass solche Revolutionen in den nächsten Jahrhunderten noch einmal so konzentriert auftreten werden.“

„Die fetten Jahre sind vorbei“ – so lässt sich die Kernbotschaft des Ökonomen Charles Goodhart zusammenfassen. Goodhart weiß, wovon er spricht, schließlich hat er in seinen 86 Lebensjahren schon so einiges miterlebt: etwa die Ölkrisen, das Platzen der Dotcom-Blase und die Weltfinanzkrise.

Doch jetzt ist sich der Konjunkturexperte sicher, dass die Menschheit nie wieder so eine gute wirtschaftliche Zeit erleben wird wie in den 1990er und Nuller Jahren. Der ehemalige Notenbanker und Wirtschaftsprofessor schätzt: „So viele positive Entwicklungen wie in diesem Zeitraum können nicht mehr zusammenkommen.“

Wenn es nach ihm geht, müssen wir uns zudem auf eine neue Ära der hohen Inflation einstellen, in der die neue Normalität der Preissteigerungen zwischen 3,5 und vier Prozent liegt. Gleichzeitig würden die Menschen auch mehr Geld verdienen. Das sei kein Problem, solange gleichzeitig auch die Produktivität steigt. Mit anderen Worten: Der Wert der Arbeit muss steigen, nicht nur ihr Preis. Sonst droht eine Lohn-Preis-Spirale, der berüchtigte Teufelskreis aus Teuerung und steigenden Gehältern.

Für die Portion Volkswirtschaft am Morgen empfehle ich Ihnen das Interview, das mein Berliner Kollege Julian Olk mit Goodhart geführt hat.

Grafik

Für großen Unmut auf mehreren Ebenen sorgt derzeit Zalando. Denn der Online-Modehändler richtet seine Strategie neu aus – weg vom rasanten Wachstum und hin zu mehr Profitabilität. Das führt nicht nur zu Entlassungen von Mitarbeitern und einem neuen Mindestbestellwert für Kunden, sondern auch zu neuen Gebühren für Händler.

Laut einer neuen Richtlinie müssen die mehreren Tausend externen Verkäufer von Kleidung, Schuhen und Accessoires in Zukunft bis zu 25 Prozent Provision an Zalando zahlen. Die neuen Preise dürften für viele Unternehmen den Verkauf über die Plattform unwirtschaftlich machen – manche sehen sogar ihr Geschäftsmodell bedroht.

Nach dem rasanten Wachstum während der Coronapandemie sahen die Zahlen bei Zalando zuletzt ernüchternd aus. Während die Kundenzahl weiter leicht wuchs, stagnierte der Umsatz. Doch vor allem das Nettoergebnis, die Summe aller Gewinne nach Abzug der Steuern, fiel ziemlich miserabel aus.

Betriebswirte durchschauen schnell, dass hierfür vor allem hohe Kosten verantwortlich sein dürften. Bei Zalando in Form von gestiegenen Logistik-, Personal- und Marketingkosten. Um die auszugleichen, sollen die neuen Gebühren herhalten. Ob diese Rechnung am Ende aufgeht, ist allerdings fraglich.

Einer der mächtigsten Chefaufseher der deutschen Konzernlandschaft tritt ab. Sieben Jahre lang leitete Karl-Ludwig Kley den Aufsichtsrat des Energieversorgers Eon. Am Dienstagabend hat das Gremium seinen aktuellen Stellvertreter Erich Clementi als Nachfolger vorgeschlagen. Das Handelsblatt hat Kley zum Abschied aus seiner Position zur Zukunft der Energieversorgung befragt.

Zwei Aussagen möchte ich aus dem Interview gerne herausgreifen. Kley hält den Atomausstieg zum jetzigen Zeitpunkt für einen Fehler: „Bevor wir nun aus allen möglichen Flözen die Kohle zusammenkratzen, wäre es doch deutlich logischer, die Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen.“

Um Stromtrassen zu bauen, müssten auch Enteignungen erlaubt sein: „Wir haben bei unserer Netzgesellschaft Avacon infolge verschiedener Klagen elf Jahre gebraucht, bloß um eine schon bestehende Netzleitung zu erneuern. Von solchen Beispielen gibt es leider sehr viele. Das kann sich unser Land nicht erlauben.“

Zum Abschluss gibt es noch Neuigkeiten zum Thema künstliche Intelligenz. Das US-Start-up OpenAI hat die neueste Version seines Modells ChatGPT vorgestellt. GPT-4 soll besser als sein Vorgängermodell Falschinformationen identifizieren und „Leistungen auf menschlichem Niveau bei verschiedenen beruflichen und akademischen Herausforderungen“ erbringen.

Für mich persönlich gibt es noch eine beunruhigende Nachricht: GPT-4 soll eloquent sein, könne mit Ironie und Witzen umgehen und Quellen zusammenfassen. Das mache generierte Texte kurzweilig und qualitativ hochwertiger. Klingt, als könnten wir Morning-Briefing-Autoren uns bald in den Vorruhestand verabschieden. Dann übernimmt an dieser Stelle GPT-4.

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, an dem Sie sich nicht von einer Maschine bedroht fühlen.

Herzliche Grüße
Ihre

Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt

Morning Briefing: Alexa

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