Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
zunächst einmal wünsche ich Ihnen von Herzen einen guten Start ins neue Jahr. Wobei man ja sagen muss, dass ein Jahr mittlerweile schon als gut gilt, wenn weder eine globale Pandemie noch ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg ausbricht. Von daher liegt die Messlatte für 2023 wahrlich nicht so hoch.
In diesem ersten Morning Briefing im neuen Jahr feiern wir ein Jubiläum, treffen einen alten Bekannten und überbringen eine schlechte Nachricht. Beginnen wir mit dem Jubiläum.
Anfang Januar feiert ein Koloss der Weltwirtschaft Geburtstag. Vor einem Jahr trat mit dem Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) im asiatisch-pazifischen Raum die größte Freihandelszone der Welt in Kraft.
Während sich die beteiligten Länder wie etwa Singapur, China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland dadurch Wirtschaftswachstum und ein größeres Gewicht in der Welt versprachen, fürchtete Europa, als Verlierer dazustehen.
Doch ein Jahr nach dem Start wird klar, dass bei dem RCEP längst noch nicht alles so läuft wie geplant. Es fehlen nötige Formulare, um die Bestimmungen der Freihandelszone nutzen zu können. In einigen Zollbehörden wissen die Beamten noch nicht, wie die neuen Vorschriften eigentlich funktionieren, berichten unsere Korrespondenten aus Südostasien und Japan. Die Verwirrung entsteht auch dadurch, dass viele der Länder schon Teil anderer bi- und multilateraler Übereinkünfte sind.
Vor allem für China, das mit Abstand größte Mitglied der Freihandelszone, wäre es jedoch wichtig, das Abkommen schnell umzusetzen. Das liegt auch am wachsenden Konflikt mit den USA. Denn dadurch muss sich Peking nach anderen Exportmärkten umschauen und seine Partner in Asien enger an sich binden. Auch die Sonderverwaltungszone Hongkong bereitet sich derzeit auf einen Beitritt zum RCEP vor. Denn auch wenn China politisch ein unangenehmer Nachbar ist – wirtschaftlich wichtig ist der ökonomische Riese für die Region allemal.
Nicht nur um die RCEP-Freihandelszone im Auge zu behalten, blicken deutsche Unternehmen derzeit gespannt nach China. Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier sieht eine große Gefahr für die deutsche Wirtschaft in den stark steigenden Corona-Infektionszahlen im Reich der Mitte. „Wenn die chinesischen Häfen und Fabriken geschlossen werden, weil fast alle Beschäftigten krank sind, zieht das dramatische wirtschaftliche Folgen nach sich“, prophezeit sie im Handelsblatt-Interview.
Sie empfiehlt deshalb einen „China-Schutz-Crashkurs„. Zu den möglichen Inhalten dieses Kurses äußert sich die Wirtschaftsweise allerdings nicht. Wahrscheinlich geht es darum, die deutsche Wirtschaft im Falle eines chinesischen Totalausfalls schnell in die stabile Seitenlage zu bringen und auf Rettung durch eine gut gefüllte staatliche Finanzspritze zu warten.
Malmendier jedenfalls hofft, dass die Bundesregierung für den „Worst Case“ für die deutsche Wirtschaft schon „Notfallpläne“ in der Hinterhand hat.
Ulrike Malmendier: „Inzwischen wissen wir: Der Winter 2023/2024 wird nicht unbedingt leichter.“
Bild: Ed Caldwell/Haas School of Business
Das neue Jahr hat kaum begonnen, schon gibt es den ersten Trauerfall zu vermelden. Er stirbt, langsam aber unaufhaltsam: der Dieselmotor. In den ersten elf Monaten des letzten Jahres sind in Westeuropa 20 Prozent weniger Dieselautos verkauft worden als im Vorjahr. In Deutschland liegt der Rückgang bei knapp acht Prozent.
Die Enthüllungen im Dieselskandal gepaart mit dem Aufstieg von Elektroautos raffen die Antriebsform Diesel langsam aber sicher dahin. Insgesamt, so die Prophezeiung von Handelsblatt-Autoguru Stefan Menzel, werden Elektrofahrzeuge die Verbrenner in den nächsten Jahren weiter verdrängen.
Wer sich an dem Trend hin zum E-Antrieb beteiligen möchte, tat gut daran, die Anschaffung eines neuen Autos noch im alten Jahr zu tätigen. Denn, hier kommt die anfangs angekündigte schlechte Nachricht: In diesem Jahr werden die Fördertöpfe für Elektroautos erstmals gedeckelt. Ob sich der Kauf trotzdem noch lohnt und wenn ja, für welches Modell, lesen Sie in unserem FAQ.
Und nun zu einem alten Bekannten: Luiz Inácio Lula da Silva ist zum dritten Mal Präsident Brasiliens. Der 77-Jährige legte am Sonntag im Kongress in Brasília seinen Amtseid ab.
Er übernimmt die Führung eines Landes, das mit dem Ausdruck „tief gespalten“ noch euphemistisch beschrieben ist. Lulas Wahlerfolg gegen Amtsinhaber Jair Bolsonaro vor zwei Monaten war denkbar knapp. Seit der Wahlniederlage demonstrieren Anhänger Bolsonaros vor dem Hauptquartier des Heeres gegen die Machtübergabe. Dass Teile der Streitkräfte Lula nicht als Oberbefehlshaber akzeptieren, lässt nichts Gutes für die zukünftige Stabilität Brasiliens erahnen.
Lulas Vorgänger bestieg bereits am Freitag ein Flugzeug nach Florida und vermied so, die Amtsübergabe symbolisch zu besiegeln. Denn in Brasilien ist es üblich, dass der alte Präsident dem neuen die Präsidentenschärpe umlegt. Jedenfalls in Zeiten von politischer Stabilität und der Achtung vor demokratischen Gepflogenheiten.
Luiz Inácio Lula da Silva mit seiner Ehefrau Janja kurz vor seiner Amtseinführung.
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Bild: AP
Zum Schluss möchte ich Sie noch an meiner persönlichen Silvestererfahrung teilhaben lassen, die ich derzeit noch verarbeite. In der deutschen Hauptstadt den Jahreswechsel zu begehen, bedeutet, sich zwei Tage lang vor herumirrenden Geschossen in Sicherheit zu bringen. Die deutsche Umwelthilfe bestätigt meine Eindrücke und nannte Silvester 22/23 eine „Nacht des Schreckens“.
Besser erging es den Einwohnern der englischen Stadt Scarborough. Hier hatten die Behörden das Neujahrsfeuerwerk kurzfristig abgesagt. Der Grund: Ein Walross machte im Hafen der Stadt Rast. Man wollte das Tier mit dem lauten Geböller nicht verstören.
Dass der Besuch eines Walrosses auch in Berlin im nächsten Jahr für mehr Ruhe sorgen könnte, halte ich leider für unwahrscheinlich. Deswegen plane ich, den nächsten Jahreswechsel irgendwo auf dem Land zu verbringen. Weit weg von fehlgeleiteten Feuerwerkskörpern und zerschlagenen Glasflaschen.
Walross müsste man sein.
Ich wünsche Ihnen einen ausgesprochen ruhigen und entspannten Start ins neue Jahr.
Es grüßt Sie herzlich
Ihre
Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt
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