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08.03.2023

06:00

Morning Briefing

Pipeline-Plottwist – Ukrainer könnten hinter Anschlägen stecken 

Von: Teresa Stiens

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

es handelt sich wohl um einen der spektakulärsten Kriminalfälle des 21. Jahrhunderts: Es geht um den Konflikt der Weltmächte, die Energieversorgung eines Kontinents und die Suche nach der Wahrheit in Zeiten des modernen Krieges. Wer hat die Nord-Stream-Pipelines gesprengt? Eine Frage, an der die Geschichtsschreibung eines ganzen Jahrzehnts hängen könnte. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse.

Wie die „New York Times“ gestern Abend berichtete, gehen die USA wohl davon aus, dass die Pipeline von proukrainischen Saboteuren zerstört wurde. Dem Handelsblatt wurden die Informationen bestätigt. Die Rekonstruktion der Ereignisse liest sich wie ein Krimi. Die „Zeit“ hatte unter Berufung auf Ermittlerkreise beschrieben, wie sich die mutmaßlichen Täter von Rostock aus in einer Jacht auf den Weg machten, mit Tauchern und Sprengstoff an Bord.

Bisher gibt es keine Hinweise, dass die Regierung in Kiew selbst in den Sabotageakt involviert war. Ein Sprecher des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski wies eine Beteiligung seines Landes an dem Anschlag zurück. Trotzdem sind die Neuigkeiten politischer Sprengstoff. Denn Russland, das zeitweise verdächtigt wurde, für den Anschlag verantwortlich zu sein, dürfte die Enthüllungen für seine eigene Rhetorik nutzen. Außerdem könnte die mutmaßliche Beteiligung ukrainischer Akteure ein Zerwürfnis im pro-ukrainischen Bündnis zur Folge haben.

Gleichzeitig ist bisher aber auch noch nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine sogenannte False-Flag-Operation gehandelt haben könnte. Ein Anschlag unter falscher Flagge also, um der Ukraine die Tat in die Schuhe zu schieben. Das letzte Kapitel in der Causa Nord Stream, es ist noch nicht geschrieben.

AP

BMW-Chef Oliver Zipse: Der Manager hält nichts von einem festen Ausstiegsdatum für den Verbrennungsmotor.

Verbrennen oder nicht verbrennen? Diese Frage stellt sich derzeit die gesamte Automobilindustrie. Eigentlich hatten sich die Hersteller vom Verbrennungsmotor losgesagt und wollten in eine Zukunft der reinen Elektromobilität starten. Doch dabei handelt es sich offenbar um ein sehr großes „eigentlich“. BMW beispielsweise plant Insidern zufolge noch sehr lange mit den etablierten Antriebsarten. Die Geländewagen der X-Reihe werden wohl bis weit ins kommende Jahrzehnt auch mit Benzin- und Dieseltriebwerken gebaut. Mercedes hält sich ebenfalls die Option Verbrennungsmotor weiterhin offen.

Diese Nostalgie der Autohersteller ist eine riskante Wette. Denn eigentlich plant die EU ein Verkaufsverbot ab 2035. Doch der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wollte einer ausgehandelten Übereinkunft zu dem Thema zuletzt nicht zustimmen. Da auch andere Länder wie Bulgarien und Italien gegen das Verbot sind, könnte es am Ende scheitern. So mancher Automobilhersteller wäre darüber wahrscheinlich nicht allzu traurig.

Auch wenn sich einige von Ihnen denken werden „die Stiens nervt schon wieder mit ihrem Feminismus“, müssen wir heute, am Weltfrauentag, nochmal über Gleichberechtigung sprechen. Wie bereits in vergangenen Morning Briefings festgestellt, ist der Anteil von Frauen auf Vorstandsposten nur sehr klein. Außerdem gibt es immer noch gewaltige Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern.

Grafik

Frauen, so das Argument, suchten sich häufig schlechter bezahlte Berufe im Sozial- oder Gesundheitssektor aus. Männer dafür die besser bezahlten in Industrie oder Wirtschaft. Ein Trend, der sich derzeit eher noch verstärkt, wie ein Blick auf die Branchen zeigt, die den stärksten weiblichen Zuwachs haben. Gesundheit, Lehre und Erziehung führen das Ranking an, gefolgt von Geisteswissenschaften, Kultur und Medien. Doch die eigentlichen Fragen lauten:

Suchen sich Frauen schlechter bezahlte Berufe aus? Oder werden von Frauen ausgeübte Berufe schlechter bezahlt?

Wieso sollten Pflege und Kindererziehung prekäre Jobs sein, während Maschinenbauer und Banker gut verdienen?

Damit entlasse ich Sie für heute aus dem feministischen Proseminar und gebe noch einen Lektüretipp zur erstaunlichen Frauenquote in der Pharmabranche.

Derzeit wird immer deutlicher, dass sich in der Weltwirtschaft einige neue Gräben auftun. Einer davon vertieft sich momentan zwischen Europa und China. Da ist etwa der „Chipkrieg“ zwischen Peking und Washington, in den Europa immer tiefer hineingezogen wird. Die USA haben im vergangenen Herbst umfassende Restriktionen für den Transfer von Halbleiter-Technologie nach China erlassen. Die Niederlande haben sich bereits angeschlossen.

Außerdem verbietet die deutsche Bundesregierung inzwischen chinesische Komponenten in kritischen Bereichen des hiesigen Mobilfunknetzes. Und auch bei erneuerbaren Energien will sich Europa zunehmend aus der Abhängigkeit vom chinesischen Markt befreien.

Siemens

Zugfertigung in Sacramento: Siemens investiert in die Produktion in den USA.

Die Investitionsentscheidung ist auch ein Zeichen, dass für den Konzern der amerikanische Markt gegenüber dem chinesischen deutlich an Bedeutung gewinnt. Siemens-Chef Roland Busch sieht in den USA auch wegen der Subventionen im Rahmen des „Inflation Reduction Act“ großes Wachstumspotenzial. Seine China-Euphorie ist dagegen aufgrund der geopolitischen Spannungen deutlich gedämpft.

Zum Abschluss dieses Briefings machen wir uns alle nochmal hübsch. Das geht heutzutage wirklich fix mit einem neuen Selfie-Filter der App TikTok. Wer dort „Bold Glamour“ wählt, erscheint auf dem Bildschirm nicht nur perfekt geschminkt, sondern auch mit den Gesichtszügen einer jungen Göttin. Selbst Olaf Scholz und Markus Söder sehen mithilfe der Anwendung aus wie perfekt gestylt und frisch geschlüpft — das hat das Onlineportal „Watson“ ausprobiert.

Ich erinnere mich an ein Zitat der kürzlich verstorbenen Modeschöpferin Vivienne Westwood: „Dieses Gewese um Schönheit wird immer unerträglicher. Die Menschen sollten sich mehr anstrengen, weniger dumm zu sein.“ Einen Intelligenzfilter für besonders dumme Beiträge gibt es bei TikTok meines Wissens nach allerdings nicht.

Ich wünsche Ihnen einen tollen Tag voller natürlicher Schönheit und Intelligenz.

Es grüßt Sie herzlich

Ihre

Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt

PS: Morgen, am 9. März, diskutieren die Vorständinnen Melissa Di Donato von Suse, Saori Dubourg (ehemals BASF) und Amanda Rajkumar von Adidas bei der Female Allstar Boardroom Session über Arbeitskräftemangel, Dekarbonisierung und geopolitische Veränderungen. Melden Sie sich kostenfrei unter www.femaleallstarboard.de an, um per Livestream an der Sitzung teilzunehmen.

Morning Briefing: Alexa

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