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06.03.2023

06:00

Morning Briefing

Wochenende der Drohungen – Die neuen geopolitischen Verbalschlachten  

Von: Teresa Stiens

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

es liegt ein Wochenende der Drohungen hinter uns, das die angespannte Lage der Weltgemeinschaft wieder einmal verdeutlicht. Am Ende hängt wie immer alles mit allem zusammen. Doch zunächst lohnt sich ein Blick auf die einzelnen Verbalattacken:

  • In China findet momentan der Nationale Volkskongress statt, die Zusammenkunft des wohl größten Scheinparlaments der Welt. Einmal im Jahr tagt die gigantische Versammlung, der kaum politische Bedeutung zukommt. Und doch lohnt sich der Blick auf das Schauspiel in Peking, denn dort werden die wichtigsten Ziele Chinas für das kommende Jahr ausgegeben. So kündigte die chinesische Führung an, ihre Verteidigungsausgaben kräftig um 7,2 Prozent zu erhöhen, um die „Kampfbereitschaft“ zu stärken. Worte, die sich für westliche Ohren nach einer unmissverständlichen Drohung anhören dürften. Vor allem vor dem Hintergrund des schwelenden Taiwankonfliktes und den zunehmenden Spannungen mit den USA.
  • In den USA selbst sprach ein weiterer Mann eine Drohung aus, die im Falle einer Umsetzung weitreichende Konsequenzen haben dürfte. Ex-Präsident Donald Trump hätte gerne sein Präsidentenamt zurück und skizzierte auf der Conservative Political Action Conference schon einmal, was er für diesen Fall so plant. Er drohte mit einem „sofortigen Ende“ der amerikanischen Ukrainehilfen und kündigte stattdessen an, mit dem Geld seinen politischen Evergreen, die Mauer an der mexikanischen Grenze, zu vollenden.
  • Und noch ein anderer Ex-Präsident meldete sich zu Wort. Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew machte klar: Sollte der Rüstungskonzern Rheinmetall tatsächlich wie angekündigt eine Panzerfabrik in der Ukraine bauen wollen, würde Russland vor einem Angriff auf das Werk nicht zurückschrecken. „Wenn die Fritzen entscheiden, dort tatsächlich zu bauen (…), dann warten wir sehnlich“, schrieb Medwedew auf Telegram. Dass er dabei in den Jargon aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs verfällt und Deutsche als „Fritzen“ bezeichnet, lässt nichts Gutes erahnen.

Fazit: Für Europa ist die rhetorische Aufrüstung rund um den Globus kein gutes Zeichen. Wenn in Zeiten beschleunigter Blockbildungen auch noch der strategisch wichtigste Partner, die USA, durch eine Wiederwahl von Donald Trump abhandenkommen sollte, wird es für die Europäer geopolitisch zappenduster. Doch auch andere Länder zahlen für die derzeitige Entwicklung einen hohen Preis – sowohl Russland als auch China. Das analysiert Handelsblatt-Auslandschefin Nicole Bastian.

Bei einer weiteren Großlage lässt sich kaum auf Entspannung hoffen. Dabei geht es nicht um Rüstungsausgaben und Atomwaffen, sondern um Waldbrände und Überflutungen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, die den bevorstehenden Schaden durch die Klimakrise beziffern soll. Das Fazit lautet: Bis zu 900 Milliarden Euro könnte sie uns bis zum Jahr 2050 kosten.

Eine Zahl, die nicht so wahnsinnig hochgegriffen scheint, wenn man bedenkt, dass die Auswirkungen der Klimakatastrophe seit der Jahrtausendwende hierzulande bereits Schäden im Wert von 145 Milliarden Euro verursacht haben.

Grafik

Drohende Extremwetterlagen werden der Studie zufolge vor allem Bauwerke wie Häuser, Brücken oder Straßen gefährden – sie könnten bis zu 470 Milliarden Euro kosten. Der Ökonom Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft sieht dieses Preisschild des Grauens als Handlungsaufforderung an zwei Fronten. „Mit dem Klimaschutz müssen wir dem Weltklima helfen, mit Anpassungsmaßnahmen können wir die Kosten der Klimafolgen deutlich verringern“, sagt er. Beides dürfte teuer werden, sich in Anbetracht dieser düsteren Prognosen am Ende aber lohnen.

Imago [M]

Bulle und Bär vor der Frankfurter Börse: 1988 wurde die Kursentwicklung des Dax erstmals berechnet.

Einen Blick in die Zukunft wagt auch unser Finanzressort für den deutschen Aktienindex. Um dabei nicht in die Glaskugel schauen zu müssen, haben die Kollegen die Kursentwicklung des deutschen Börsenbarometers seit der ersten Berechnung 1988 analysiert und daraus Schlüsse für das laufende Jahr gezogen.

Wenn sich aus dem Blick in die Börsengeschichte tatsächlich ein Trend ableiten lässt, lautet er folgendermaßen: Die Kurse steigen nach dem starken Januar und Februar noch weiter, ehe es zur Jahresmitte zu einer Korrektur kommt. Auf diese folgt im letzten Quartal eine Jahresendrally. Wie sich Anleger verhalten sollten, um von dieser Prognose zu profitieren, lesen Sie in unserer ausführlichen Analyse.

IMAGO/photothek

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): Immer wieder stützt der Kanzler die FDP bei Konflikten.

Manchmal, wenn es in einer Großfamilie Zoff gibt, lohnt sich ein gemeinsamer Kurzurlaub, damit sich alle einmal offen aussprechen können. Daran fühlte sich offenbar auch der Bundeskanzler erinnert, der seine Regierungsmitglieder zu einem gemeinsamen Ausflug ins brandenburgische Meseberg einlud. Dort findet heute noch die alljährliche Klausurtagung des Bundeskabinetts statt. Zu besprechen gibt es viel, etwa zwischen den Zankhähnen Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP).

Die beiden Minister liegen in so vielen Fragen über Kreuz, dass sie wahrscheinlich selbst längst den Überblick verloren haben, worüber sie eigentlich gerade streiten. Olaf Scholz, dem Familienoberhaupt der Ampel, passt das allerdings überhaupt nicht – er würde lieber die ganz großen Fragen diskutieren, statt sich im Kleinklein seiner beiden Minister zu verlieren.

Doch auch der Kanzler kann sich dem persönlichen Hickhack in seinem Kabinett nicht ganz entziehen und wird dabei zu einem überraschenden Unterstützer. Denn obwohl er politisch den Grünen näherstehen dürfte, stellt sich Scholz in Wirklichkeit meist hinter seinen liberalen Finanzminister. Was hinter dieser unerwarteten Allianz steckt, haben meine Kollegen aus dem Berliner Hauptstadtbüro aufgeschrieben.

Von der metaphorischen Familienkrise zum Schluss noch zu einer echten. Ich habe mir wirklich viel Mühe gegeben, um Ihnen am Ende dieses etwas zu apokalyptisch geratenen Morning Briefings noch eine gute Nachricht präsentieren zu können. Gefunden habe ich sie, natürlich, bei den britischen Royals: Prinz Harry und Herzogin Meghan sind offiziell zur Krönung von König Charles III. eingeladen.

Ich hoffe, damit konnte ich sowohl Ihr Bedürfnis nach guten Nachrichten als auch nach royalen News für den Moment befriedigen.

Ich wünsche Ihnen einen Tag voller weiterer guter Nachrichten.

Es grüßt Sie herzlich

Ihre

Teresa Stiens
Redakteurin Handelsblatt

Morning Briefing: Alexa

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