Dacia Spring
Optisch ist das elektrische Einstiegsmodell sehr gelungen.
Gerade einmal 11.450 Euro kostet das Elektro-SUV von Dacia nach Abzug der Kaufprämie. Wie viel Auto ist für dieses Geld noch übrig? Eine Ausfahrt im Dacia Spring.
Düsseldorf Elektroautos sind aktuell eine eher elitäre Angelegenheit, so ehrlich muss man sein. Elektrische Kleinwagen wie der VW e-up oder der Opel Corsa-e sind zwar beliebt, aber in der Anschaffung teurer als entsprechende Verbrenner. Und wer sie bestellt, muss Monate bis zur Auslieferung warten. Angesichts der aktuell knappen Halbleiter setzen Hersteller lieber auf die Produktion hochpreisiger Modelle.
Auch der Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos ist nahezu kaputt. Neue Modelle sind wegen der Kaufprämie kaum konkurrenzfähig, ältere hängen technisch hinterher. Derzeit ein bezahlbares Elektroauto unter 15.000 Euro zu finden ist schwer.
Der Dacia Spring besetzt darum eine Nische, in der andere Hersteller nichts zu bieten haben. In Frankreich bietet Renault den Spring schon ab 16.990 Euro an. In Deutschland ist das kleine SUV ab 20.490 Euro erhältlich, nach Abzug der Prämie landet man so bei 11.450 Euro. Für einen elektrischen Neuwagen ist das schon ein Kampfpreis.
Die Wurzeln des SUVs sind aber weder französisch noch rumänisch, sondern chinesisch. Gebaut wird das Modell in Wuhan vom dortigen Renault-Partner Dongfeng. Technisch basiert der Dacia auf den günstigen Elektromodellen, die der Konzern normalerweise in China verkauft. Schwestermodelle tragen klingende Namen wie Renault City K-ZE, Dongfeng Fengguang E1 und Dongfeng Fengxing Joyear T1 EV. Alle haben eins gemein: Sie sind elektrisch und günstig.
Dass man für diesen Preis keinen Luxus erwarten darf, ist klar. Abstriche erkennt man schon an der Konfiguration des Einstiegsmodells. Die Batterie fällt mit 27,4 kWh relativ klein aus. Komfortoptionen wie eine Sitzheizung braucht man in der Ausstattungsliste gar nicht erst zu suchen, selbst wenn man wie wir die 1300 Euro Aufpreis für die „Comfort Plus“-Ausstattung investiert.
Übersichtlicher Innenraum
Der Innenraum ist erwartet einfach gehalten und wirkt zumindest optisch modern - wenn auch nicht immer praktisch.
Kleine Batterie, geringer Verbrauch
Die Batterie im Dacia Spring fällt mit 27,2 kWh zwar schmal aus. Allerdings ist der Verbrauch dafür ebenfalls gering.
Auf den ersten Blick wirkt der Spring recht knuffig. Die orangefarbenen Designelemente, die Dacia an Rückspiegeln und Dachreling verbaut hat, wirken modern und frisch. Die Front ist mit dem optisch herausgehobenen Kühlergrill, unter dem sich der Ladeanschluss versteckt, und den LED-Leuchten ist ebenfalls sehr gelungen.
Mit einer Länge von 3,70 Metern ist der Spring noch einmal 20 Zentimeter kürzer als ein VW Polo. Für ein Stadtauto auf Parkplatzsuche ist das ein Vorteil. Mit seinen fünf Türen wirkt das kompakte SUV wie ein ideales Zweitauto.
Beim Näherkommen trübt sich der Gesamteindruck ein wenig. Die Spaltmaße sind zwar in Ordnung, doch so sichtbare Schweißpunkte findet man bei anderen Modelle selten bis nie. Beim Spring ziehen sie sich über das gesamte Dach. Hier bestätigen sich die Vorurteile gegenüber der Billigfertigung.
Im Innenraum geht die Ernüchterung weiter. Niemand rechnet in einem Dacia mit feinstem Leder. Auch Hartplastik ist in einem Auto der Einstiegsklasse erlaubt. Allerdings verströmt der Dacia im Inneren einen Geruch wie ein Ein-Euro-Shop im Hochsommer. Die chemischen Ausdünstungen der Weichmacher dürften manchen Autokäufer schon bei der Testfahrt abschrecken.
Immerhin: Das Platzangebot auf den Vordersitzen ist üppig, nur auf den Rücksitzen geht es etwas beengter zu. Kapazitäten für große Mitfahrer gibt es aus anderen Gründen schon nicht: Die zugelassene Zuladung liegt bei knapp kalkulierten 320 Kilo. Die Dachreling ist reine Kosmetik, Zuladung ist hier nicht erlaubt.
Das puristische Design im Innenraum ist übersichtlich, aber nicht immer clever: Die elektrischen Fensterheber werden in der Mitte gesteuert. Der USB-Anschluss für das Smartphone liegt oberhalb des 7-Zoll-Bildschirms. Wer Android Auto oder Apple Carplay nutzen will, hat zwangsläufig ein unschönes Kabel vor der Navigation hängen.
Alles im Griff
Das Navigationssystem ist übersichtlich, lässt aber einige Informationen vermissen.
Fehler
Die Rückfahrkamera offenbart im Test leider einige Schwächen.
Insgesamt sind die Anzeigen im Multimediasystem spartanisch. Radio, Multimedia, Telefon und Navigation können über große, bunte Buttons angesteuert werden. Die Rückfahrkamera ist für ein Auto dieser Preisklasse ein praktisches Extra, hat im Test aber mehrfach technische Probleme. Spezifische Informationen zum Verbrauch gibt der Spring dafür aus dem Mitteldisplay nicht preis.
Dazu muss man sich den Anzeigen hinter dem Lenkrad zuwenden. Dort verrät das Fahrzeug, ob man sich gerade im roten oder grünen Bereich befindet oder ob man rekuperiert. Konkrete Werte muss man sich per Knopfdruck anzeigen lassen. Die Restreichweite gibt der Spring in Kilometern an. Wer sich nicht auf die Berechnungen des Herstellers verlassen will (bei zahlreichen Herstellern kann man es schlichtweg nicht), kommt da bei einer derart kleinen Batterie schon mal ins Schwitzen.
Dass Dacia auch bei der Leistung gespart hat, wird bei der ersten Ausfahrt klar. 33 kW (rund 44 PS) sind echt knapp bemessen, auch wenn der Dacia mit 1045 Kilo Leergewicht nur rund halb so viel wiegt wie ein VW ID.3. Einen elektroüblichen schnellen Antritt kann man jedenfalls vergessen. Selbst bei Vollgas fährt der Spring relativ gemütlich an.
In der Stadt schlägt der Spring sich tapfer, auch wenn wir vom Normverbrauch von 13,2 kWh dann doch ein Stück weit entfernt sind. Mit rund 16,8 kWh ist der Verbrauch insgesamt aber geringer als bei vielen Konkurrenten.
Doch eine Ausfahrt auf der Autobahn bringt selbst hartgesottene Autotester ins Schwitzen. Denn von 0 auf 100 beschleunigt der Dacia laut Hersteller in 19,1 Sekunden. Um von 80 auf 120 Stundenkilometer zu kommen, braucht der Dacia 30 Sekunden – es fühlt sich endlos lang an. Gut, dass die Lkw-Fahrer und der BMW hinter uns einen guten Tag haben, ansonsten wäre es ungemütlich auf der Beschleunigungsspur geworden.
Einen Unfall will man mit dem Spring lieber nicht haben. Serienmäßig sind zwar sechs Airbags sowie ein Notbremsassistent vorhanden. Doch beim NCAP-Crashtest kam das Elektromodell zuletzt auf nur einen Stern. Einen. Sicherer ist es daher, das Fahrzeug gar nicht auf der Autobahn zu fahren.
Bei 125 Stundenkilometern ist ohnehin Schluss, dann regelt der Spring ab. Allerdings ist das eine Geschwindigkeit, die man mit dem Modell auch lieber nicht fahren sollte – die Restreichweite in der Anzeige schmilzt dann schnell dahin. Mit 24 Kilometern Reserve erreichen wir Düsseldorf. Zu wenig für die Heimfahrt.
Kompakt gehalten
Der Spring ist kleiner, als er aussieht.
Dacia Spring
Selbst an einer CCS-Säule braucht der Dacia Spring für eine Ladung ganz schön lange.
Es findet sich schnell eine 11-kW-AC-Ladesäule. Dort schafft der Dacia zwar nur müde 3,7 kW, eine Ladung von 0 auf 80 Prozent würde hier also 6,4 Stunden dauern. Doch zwei Stunden sollten immerhin reichen, um zumindest ein paar Kilometer für die Heimfahrt aufzuladen. Nach einem Frühstück im Café folgt die Enttäuschung. Genau 0,1 kWh hat der Spring in fast zwei Stunden gezogen. Ein Ladeabbruch. Ich stecke ihn erneut in eine andere Ladesäule. Auch hier bricht der Dacia die Ladung nach einer Minute ab.
Ob es an den Ladesäulen oder am Auto liegt, ließ sich leider nicht ermitteln. Aus Verlegenheit suchen wir die nächste DC-Ladesäule in Reichweite. Ein entsprechender Anschluss kostet 600 Euro extra, könnte sich aber lohnen: Hier soll der Dacia mit zu 30 kW pro Stunde ziehen und wäre damit in 50 Minuten von 0 auf 80 Prozent geladen. Eine nahe Säule von EnbW, die theoretisch mit bis zu 300 kW laden kann, sollte also alle Reichweitenprobleme erledigen.
Doch selbst an der Hochleistungssäule schafft der Dacia bei kalter Batterie maximal 16 kW. Der Strom tröpfelt nur in die Batterie. Und um auf 50 Kilometer Reichweite für die Heimfahrt zu kommen, müssen wir eine halbe Stunde an einem Autobahnrastplatz verbringen. Bei einem Auto, das keinerlei Entertainment anbietet, ist das kein Spaß.
Immerhin haben wir so genug Zeit, den Dacia mal ein bisschen genauer zu inspizieren. Ein Blick unter die Motorhaube zeigt, dass der Grat zwischen günstig und billig mitunter sehr schmal ist. Unter der Motorhaube ist viel, viel Platz, den der Dacia Spring aber nicht nutzt. Kein Wunder, denn die technische Plattform wurde eigentlich für Verbrenner wie den Renault Kwid entwickelt.
Stattdessen sehen wir die Hochleistungselektronik, die weder nach unten noch nach oben gegen Wasser geschützt ist, mitunter gibt es unter der Motorhaube scharfe Kanten. Der Blick geht direkt durch bis auf die Fahrbahn – ohne jede Abdeckung. Ob hier wirklich alles langlebig gegen Feuchtigkeit geschützt ist oder nicht doch Rost ansetzt?
Genug Kofferraum
Mit 290 Litern ist der Kofferraum zwar nicht riesig, aber gut geschnitten. Zwei Farbeimer passen locker rein.
Der Kofferraum hat mit 290 Litern „das beste Ladevolumen in seiner Klasse“, wirbt der Hersteller, fällt aber kleiner aus als beispielsweise beim etwas größeren Renault Zoe. Mit umgeklappten Rücksitzen steigt der Stauraum auf 1100 Liter. Doch auch hier wurde unnötig gespart: Die Kofferraumabdeckung wurde nur eingesteckt und fliegt einem gern entgegen, wenn die Heckklappe zu schwungvoll geöffnet wird. Wie viel hätte so ein Plastikteil gekostet, um die Klappe zu fixieren?
Insgesamt bietet der Dacia Spring damit selbst für seinen kleinen Einstiegspreis zu wenig – vom Fahrkomfort über die Sicherheit bis zur Qualität. Wer über ein elektrisches Einstiegsmodell nachdenkt, sollte sich überlegen, ob man lange Wartezeiten nicht doch in Kauf nehmen will. Denn andere Modelle haben für ein paar tausend Euro Aufpreis mehr zu bieten.
Viertüriges SUV der Einstiegsklasse
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