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04.10.2022

12:40

Autovermieter

Warum Sixt Tausende chinesische Elektroautos ins Angebot nimmt

Von: Franz Hubik

Der Autovermieter stellt seine Flotte zum Großteil auf Elektrofahrzeuge um. Dafür will Sixt in den kommenden Jahren rund 100.000 Autos bei BYD kaufen.

Der chinesische Autobauer will in Europa expandieren. Reuters

BYD

Der chinesische Autobauer will in Europa expandieren.

München Sixt nimmt Elektroautos des führenden chinesischen Autobauers BYD in sein Angebot auf. In einem ersten Schritt bestellt Deutschlands größter Autovermieter mehrere Tausend rein batteriegetriebene Fahrzeuge, wie die beiden Unternehmen am Montag mitteilten.

Die ersten Wagen sollen Sixt-Kunden in den nächsten Wochen buchen können – beginnend in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien.

Den Anfang macht das E-SUV Atto 3 von BYD. In den kommenden sechs Jahren plant Sixt rund 100.000 weitere Elektroautos zu kaufen. Zum finanziellen Volumen ihrer Zusammenarbeit äußerten sich Sixt und BYD nicht.

Mit der Partnerschaft bekommt BYD („Build Your Dreams“) im Wettbewerb chinesischer Autobauer um einen der vorderen Plätze bei der Expansion in Europa einen kräftigen Schub. Auch mögliche weitere Kooperationen in verschiedenen Regionen der Welt würden ausgelotet.

Bis heute tasten sich BYD, Xpeng, Aiways, SAIC und weitere hierzulande kaum bekannte Hersteller aus China eher voran, als dass sie den Markt mit Elektrofahrzeugen überhäufen würden. Inzwischen mehren sich allerdings die Ankündigungen. Der Autohersteller Nio will ab Freitag seine Fahrzeuge auch in Deutschland verkaufen.

Sixt möchte seine Mietwagenflotte in Europa in den nächsten acht Jahren zum größten Teil auf Elektrofahrzeuge umstellen und setzt dabei auf verschiedene Hersteller und Modelle. Bis 2030 sollen 70 bis 90 Prozent der Wagen elektrisch sein, hatte Vorstandschef Alexander Sixt dem Handelsblatt Mitte September gesagt.

BYD wagt sich im Westen vor und boomt in China

BYD will von der Strategie der Bayern profitieren. Das Unternehmen mit Sitz in der chinesischen Tech-Metropole Shenzhen war hierzulande lange nur Insidern der Autoindustrie ein Begriff. Und das, obwohl Berkshire Hathaway von US-Starinvestor Warren Buffett seit Jahren zu den größten Aktionären des Konzerns zählt.

Doch mittlerweile verkauft BYD weltweit mehr elektrifizierte Fahrzeuge als Tesla und wird auch im Westen stärker wahrgenommen. Besonders in China boomt das BYD-Geschäft. Das Unternehmen konnte von Januar bis August rund 966.000 Pkw in der Volksrepublik verkaufen. Das entspricht einem Zuwachs von 163 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Bis 2030 sollen 70 bis 90 Prozent der Wagen elektrisch unterwegs sein. dpa

Sixt

Bis 2030 sollen 70 bis 90 Prozent der Wagen elektrisch unterwegs sein.

Kein anderer Autobauer wächst derart rasant auf so hohem Niveau. Im Ranking der absatzstärksten Fahrzeughersteller Chinas ist BYD von Platz zehn auf Rang vier vorgerückt. Nur Honda, Toyota und Volkswagen liefern derzeit mehr Fahrzeuge aus.

Mit dem SUV Song, den Limousinen Han und Qin sowie dem Kompaktwagen Dolphin bietet BYD aktuell gleich vier der elf meistverkaufen Pkw in China an. Seit vier Monaten bricht der Konzern unentwegt seine eigenen Verkaufsrekorde. Lag der Absatz in China im März laut dem Statistikportal BSCB noch bei 105.000 Fahrzeugen, waren es zuletzt bereits 169.000 Einheiten.

Nun drängt BYD verstärkt nach Europa. Distribution, Verkauf und Service übernimmt für die Chinesen in Deutschland die Hedin Mobility Group. Die schwedische Gruppe betreibt mehr als 230 Autohäuser in acht Ländern und ist damit einer der größten privaten Kfz-Händler in Europa.

Experte: Chinas Hersteller lieferfähiger als deutsche

Mit Sixt konnte BYD nun einen weiteren wichtigen Partner gewinnen. Zugleich ist die Kooperation für die Bayern attraktiv, konstatiert Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM): „Bei Elektroautos sind die Chinesen viel lieferfähiger als die deutschen Autobauer.“ Tatsächlich müssen Kunden auf vollelektrische Modelle von VW, Mercedes-Benz, BMW oder Opel teils über ein Jahr warten.

„Ein Mobility-Player wie Sixt muss gucken, hier konkurrenzfähig zu bleiben. Insofern ist die Partnerschaft mit BYD nur folgerichtig“, sagt Bratzel. Er geht davon aus, dass Sixt und andere Autovermieter noch mit einer Reihe anderer chinesischer Anbieter ähnliche Partnerschaften verkünden werden. „Durch die Elektromobilität verändert sich die Landschaft – die deutschen Autobauer müssen sich warm anziehen.“

Im ersten Halbjahr haben die heimischen Automarken in Deutschland bei reinen Stromern bereits Marktanteile gegenüber französischen, koreanischen und amerikanischen Anbietern eingebüßt. Mit der verstärkten Präsenz chinesischer Hersteller wie BYD, Great Wall oder Nio drohen weitere Verluste. Zumal die Qualität der chinesischen Fabrikate sehr gut sei, erklärt Bratzel.

BYD sticht dabei teils besonders heraus, weil der Konzern anders als viele westliche Anbieter bei batterieelektrischen Fahrzeugen eine hohe Wertschöpfungstiefe aufweist. Die Akkus und die Zellen für seine Modelle produziert BYD selbst, genauso die Elektroantriebe.

Die „Blade Battery“ des Konzerns ähnelt optisch der Klinge eines Schwerts, ermöglicht Reichweiten von etwa 600 Kilometern nach dem europäischen Teststandard WLTP und besticht durch eine Lebensdauer von 1,2 Millionen Kilometern. Die Akkus scheinen so gut zu sein, dass selbst der amerikanische Elektroautopionier Tesla sie nutzen möchte.

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