US-Investor Soros hat Xi Jinping überraschend scharf angegriffen. In Chinas Führungsriege scheint die Botschaft anzukommen, dass die internationale Stimmung kippt.
George Soros
Der Starinvestor George Soros hat mit seiner Kritik an China für viele Diskussionen in Davos gesorgt.
Bild: AFP
Davos Es waren drastische Worte: Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos hatte der US-Starinvestor George Soros am Donnerstagabend den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping als „größten Feind der offenen Gesellschaft“ bezeichnet und ihm vorgeworfen, mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) einen totalitären Überwachungsstaat aufbauen zu wollen. Soros' Redefluss in den Schweizer Alpen war an diesem Freitag auf den Fluren des Kongresszentrums vieldiskutiertes Thema.
Soros hatte in Davos darauf hingewiesen, dass China zwar nicht das einzige autoritäre Regime in der Welt sei, „aber es ist unzweifelhaft das reichste, stärkste und das in den Bereichen maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz am meisten entwickelte“. Das mache Xi Jinping zum gefährlichsten Gegner derjenigen, die an das Konzept der offenen Gesellschaft glaubten.
In China selbst aber fand der Milliardär mit seiner Fundamentalkritik kaum Widerhall.
In den chinesischen Medien wurden Soros’ Aussagen kaum wahrgenommen. Der legendäre Investor ist vielen Chinesen kein Begriff. Zudem heißt es in China, dass seine Vorwürfe nicht neu seien und auf teilweise falschen Fakten beruhten.
Sowohl der Aufstieg Chinas als Technologiemacht als auch die möglichen Gefahren der Künstlichen Intelligenz beschäftigten die Wirtschaftsführer und Spitzenpolitiker in Davos. Noch vor der verbalen Attacke von Soros gegen China hatte der chinesische Technologieinvestor und KI-Experte Kai-Fu Lee eine gewisse Hysterie konstatiert: „Die Debatte über die möglichen Gefahren Künstlicher Intelligenz hat paranoide Züge angenommen“, sagte Googles früherer China-Präsident in Davos.
Warnungen, dass von intelligenten Maschinen gesteuerte Waffensysteme ohne menschliche Kontrolle bald über Krieg und Frieden entscheiden könnten, bezeichnete er als völlig übertrieben. „Das ist Science-Fiction.“ Das „Deep Learning“, also das eigenständige Lernen von Maschinen durch Künstliche Intelligenz, sei nur ein Werkzeug.
Das chinesische Shenzhen ist voll von Kameras und anderen Kontrollmechanismen. Eine Reise zu Unternehmen und Behörden, um deren Motivation zu verstehen.
Lee sprach sich gegen globale Regeln für die Entwicklung Künstlicher Intelligenz aus: „Wir haben doch bereits Vorschriften dort, wo KI eingesetzt wird.“ Der Chinese nannte als Beispiele den Banken- und Transportsektor und verwies auch auf die neuen Regeln zur Datensicherheit.
Mit seiner Kritik am chinesischen Umgang mit Technologie steht Soros nicht allein da. Die Tagungsteilnehmer in Davos diskutierten viel und offener als sonst über die sich verschärfende Rivalität zwischen China und den USA im Streben nach der globalen Vorherrschaft im Technologiesektor.
„Die Botschaft, die der US-Präsident in Richtung China ausgesandt hat, entspricht der Ansicht vieler US-Unternehmen: Es ist an der Zeit, dass China nach denselben Regeln spielt wie wir alle“, sagte der ehemalige republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, dem Handelsblatt. „Dazu gehören der Schutz geistigen Eigentums, ein Ende des erzwungenen Technologietransfers und weniger Technologie-Diebstahl.“
Von chinesischer Seite ist auf den Fluren des Forums die Meinung zu hören, die USA fühlten sich in ihrer technologischen Dominanz zunehmend bedroht – vollkommen unabhängig davon, ob die Volksrepublik ein autoritäres System oder eine Demokratie sei.
Der Bundeswirtschaftsminister sieht im wachsenden Protektionismus große Probleme für das weltweite Wirtschaftswachstum und sieht Davos als Chance.
In der chinesischen Führungsriege scheint die Botschaft jedoch angekommen zu sein, dass die internationale Stimmung kippt. Seit einiger Zeit schon werden Reizwörter wie das umstrittene, eine Billion Dollar teure Infrastrukturprojekt „Belt and Road“ auf offiziellen Reden nicht mehr genannt. Der Industrieplan „Made in China 2025“, mit dem das Land die Technologievorherrschaft in zehn Schlüsselindustrien erlangen will, wurde aus der Prioritätenliste für 2019 genommen.
Der sich verschärfende politische und wirtschaftliche Kampf zwischen den Weltmächten USA und China wird auch in der deutschen Industrie mit wachsender Sorge wahrgenommen. Mit ihrem hohen Export sowohl nach China als auch in die USA drohe die hiesige Industrie zwischen die politischen Fronten zu geraten, warnte ein deutsche Banker in Davos. „Das wird für die deutsche Industrie ein echter Spagat“, sagte er.
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