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10.10.2022

14:26

+++ Wahl in Niedersachsen +++

Lindner zur Niedersachsen-Wahl: Ampel hat an Legitimation verloren

Von: Jana-Sophie Brüntjen, Timm Seckel

+++ Die SPD wird mit Ministerpräsident Stephan Weil stärkste Kraft und holt 33,4 Prozent der Stimmen +++ Ministerpräsident Weil rechnet mit Rot-Grün in Niedersachsen +++

Verfolgen Sie hier alle Entwicklungen zur Landtagswahl in Niedersachsen:
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Jana Brüntjen
Trotz der Niederlage der CDU bei der Landtagswahl in Niedersachsen zieht Parteichef Friedrich Merz eine positive Bilanz des Wahljahrs. „Wir schließen das Wahljahr 2022 deutlich besser ab – trotz der nur zwei gewonnen und zwei verlorenen Landtagswahlen – als das Jahr 2021 mit der Bundestagswahl“, sagte er am Montag in Berlin. Die Lage sei aber „längst nicht zufriedenstellend“. Ab sofort werde er wieder sehr viel intensiver die „Arbeit in der Partei“ angehen und sich auch um das neue Grundsatzprogramm kümmern.

Die CDU hatte bei der Landtagswahl in Niedersachsen am Sonntag unter ihrem Landeschef Bernd Althusmann mit 28,1 Prozent ihr schlechtestes Landesergebnis seit mehr als 60 Jahren erzielt. Sie fliegt damit aus der Regierung mit der SPD. Ministerpräsident Stephan Weil setzt auf ein Bündnis mit den Grünen.

„Es ist ein Rückschlag. Ich hätte mir das Ergebnis anders gewünscht, räumte Merz ein. „Aber wir lassen uns hier überhaupt nicht entmutigen. Im Gegenteil, es ist uns Ansporn und Aufforderung, jetzt noch intensiver auch in den politischen Themen zu arbeiten.“ Merz bedauerte die Schwäche der FDP in Niedersachsen, die aus dem Landtag geflogen ist. Der CDU-Chef sagte voraus: „Das wird jetzt auch in der Bundesregierung schwieriger werden mit der FDP, keine Frage.“
Bild: dpa
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Jana Brüntjen
Niedersachsens SPD-Chef Stephan Weil rechnet nach seinem Sieg bei der Landtagswahl fest mit einer rot-grünen Koalition. „Ich gehe davon aus, dass wir nach dem Ergebnis gestern in Niedersachsen eine rot-grüne Landesregierung haben werden“, sagte Weil am Montag in Berlin. „Ich gehe nicht davon aus, dass das einfache Gespräche werden. Aber ich kann mich auch noch an keine Koalitionsverhandlungen erinnern, die jemals einfach gewesen wären. Die Ziele jedenfalls sind in hohem Maße identisch, und der Wille zusammenzuarbeiten ist in dieser Hinsicht sehr ausgeprägt.“

Noch am Montagnachmittag werde er den Gremien des SPD-Landesverbands vorschlagen, Sondierungsgespräche aufzunehmen, sagte Weil, „vor allen Dingen nach Lage der Dinge natürlich mit Bündnis 90/Die Grünen“.
Bild: dpa
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Timm Seckel
Niedersachsens Grüne rechnen nach der Landtagswahl nicht mit zähen Koalitionsverhandlungen mit der SPD. „Es gibt in der Verfassung die Verpflichtung, binnen sieben Wochen einen Ministerpräsidenten zu wählen. Aber traditionell geschieht das in Niedersachsen schon mit der Konstituierung des neuen Landtages, also spätestens am 8. November. Insofern werden die Verhandlungen nicht lange dauern“, sagte Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg am Montagmorgen der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. „Heute werden unsere Parteigremien tagen. Ich gehe davon aus, dass wir diese Woche das erste Mal reden und dann zügig mit Verhandlungen starten.“

Zu den Inhalten sagte Hamburg: „Wir werden in der aktuellen Krise vor allem einen Landesrettungsschirm schnellstmöglich auf den Weg bringen.“ Außerdem werde ihre Partei ein „Investitionspaket“ in den Mittelpunkt rücken. „Wir wollen Niedersachsen und die niedersächsische Wirtschaft klimaneutral aufstellen, das wird ein großer Schwerpunkt sein. Wir werden auch einen Schwerpunkt auf soziale Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit legen.“

Am strittigsten könne der Bereich Mobilitätswende werden, erklärte die Grünen-Politikerin weiter. „Da haben wir mit der SPD eine Partei, die doch noch sehr aufs Auto schaut, und wir wollen eher in Richtung Mobilitätswende gehen, also mehr Bahn und Bus, mehr Radverkehr. Da könnte es dann auch knirschen“, sagte sie.
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Timm Seckel
Der Wahlausgang in Niedersachsen stellt aus Sicht des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ein Problem für die gesamte Ampel-Koalition in Berlin dar. „Die Ampel insgesamt hat an Legitimation verloren“, sagte Lindner am Montag in Berlin. Die Verluste von SPD und FDP würden nicht aufgewogen durch die Zugewinne bei den Grünen. „Insofern hat nicht die FDP ein Problem, sondern die Ampel insgesamt muss sich der Herausforderung stellen, für ihre Politik mehr Unterstützung in Deutschland zu erreichen.“

Der FDP gelinge es gegenwärtig nicht, für ihr klares Profil hinreichend Unterstützung zu bekommen, sagte Lindner. Die FDP stelle sich der Herausforderung, das als richtig erkannte Profil „jetzt herauszuarbeiten und zu stärken“. Dafür nehme sie sich Zeit. Es gehe darum, „wie wir die Positionslichter der FDP anschalten“. Änderungen an den Grundpositionen seiner Partei lehnte Lindner ab. So bekräftigte er auch die Forderung, die noch verbliebenen drei Atomkraftwerke angesichts der Energiekrise am Netz zu lassen. „Das ist nicht Politik, sondern Physik.“

Die FDP war am Sonntag bei der Niedersachsen-Wahl nur auf 4,7 Prozent gekommen und damit aus dem Landtag geflogen. Zuvor hatte sie in diesem Jahr schon bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen bittere Niederlagen einstecken müssen.
Bild: dpa
SPD-Chef Lars Klingbeil sieht die Ampel-Koalition in Berlin nach der Wahlschlappe der FDP in Niedersachsen hingegen nicht in Gefahr. „Ich mache mir keine Sorgen um die Regierungsfähigkeit der Ampel oder eines einzelnen Partners der Ampel“, sagte Klingbeil am Montag. Er rief alle Ampel-Koalitionspartner zur Geschlossenheit auf. „Die Antwort darauf ist nicht, dass wir uns beharken, sondern die Antwort ist, dass wir uns unterhaken.“

Klingbeil verwies auf die Herausforderungen, vor denen die Koalition im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine steht. Diese müssten nun „sehr konzentriert und fokussiert“ abgearbeitet werden. Der SPD-Chef rief dazu auf, den offenen Streit in der Koalition der vergangenen Wochen zu beenden. Man müsse zum Geist der Koalitionsverhandlungen zurückkehren, die im Zeichen eines gemeinsamen Aufbruchs gestanden hätten. „Das ist am Ende das Beste für dieses Land, wenn die Regierung vernünftig zusammenarbeitet, und deswegen erwarte ich das.“
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Sarah Sendner
Die SPD hat die Landtagswahl in Niedersachsen klar gewonnen. Die Partei von Ministerpräsident Stephan Weil wurde erneut stärkste Kraft vor der zweitplatzierten CDU, wie am späten Sonntagabend aus dem im Internet veröffentlichten vorläufigen Ergebnis hervorging. Die FDP verpasste den Einzug ins Landesparlament knapp.
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Robert Laubach
Die FDP ist nach der Landtagswahl in Niedersachsen in Hochrechnungen von ARD und ZDF am Sonntagabend unter die Fünfprozenthürde gerutscht. Beide Sender sahen die Liberalen in Hochrechnungen gegen 20.00 Uhr bei 4,9 Prozent - und damit nicht im Landtag vertreten. Zuvor hatten beide Sender die FDP bei 5,0 Prozent gesehen.
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Robert Laubach
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil stellt nach der Landtagswahl eine Rückkehr zu einer rot-grünen Koalition in dem Bundesland in Aussicht. „Wenn es die Grundlage dafür gibt, dann gilt meine Aussage vor der Wahl auch nach der Wahl“, sagte der SPD-Spitzenkandidat am Sonntagabend in der ARD. Weil betonte aber auch, das vorläufige amtliche Endergebnis abwarten zu wollen. Hochrechnungen sahen am frühen Sonntagabend eine knappe Mehrheit für SPD und Grüne.

Vor der Wahl hatte Weil sich für eine Neuauflage von Rot-Grün ausgesprochen. Derzeit regieren SPD und CDU in einer großen Koalition mit Weil an der Spitze.
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Robert Laubach
Die FDP will sich in der Ampel-Koalition im Bund noch stärker profilieren. „Die Rolle und die Stimme der FDP in dieser Koalition muss künftig noch deutlicher erkennbar sein als bisher“, betonte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Sonntag in der „Berliner Runde“ der ARD.

Die Ampel-Koalition müsse reden, der Umgang miteinander gehe so nicht weiter. Konkret nannte Djir-Sarai den Streit um die Schuldenbremse. „Eine Koalition wird nicht funktionieren, wenn zwei Partner permanent Ideen entwickeln, wie man noch mehr Geld und noch mehr Geld ausgeben kann und andere sich permanent mit der Frage beschäftigen müssen, wie man das Ganze organisiert und finanziert“, betonte er. „Das wird beispielsweise aus meiner Sicht so nicht mehr funktionieren.“ Die FDP habe nach wie vor „große Probleme mit dieser Koalition“.
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Robert Laubach
Bernd Althusmann, CDU-Spitzenkandidat, hat nach der Wahlniederlage seinen Rückzug vom Landesvorsitz der Partei angekündigt. „Ich werde dem Landesvorstand morgen vorschlagen, dass ich für das nächste Amt des Landesvorsitzenden nicht mehr zu Verfügung stehe. Das ist meine persönliche Konsequenz aus diesem Wahlergebnis“, sagte Althusmann am Sonntagabend. Der neue Landesvorsitzende solle auf einem baldigen Landesparteitag gewählt werden.
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Robert Laubach
SPD-Parteichef Lars Klingbeil betonte, dass die neue Landesregierung mit der Bundesregierung zusammenarbeiten müsse, um an Unterstützungspaketen für die Bürger zu arbeiten.
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Robert Laubach
FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete das Ergebnis für die FDP als „politischen Rückschlag“. Die Liberalen hätten „eine linke Mehrheit verhindern“ wollen, dies sei nicht gelungen.
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Robert Laubach
Carsten Linnemann, stellvertretender Parteivorsitzender der CDU, erklärt das Wahlergebnis mit der Bekanntheit von Stephan Weil. „Die Menschen wählen denjenigen, den sie kennen“, sie seien durch die aktuelle Zeit verunsichert und wollten keine Risiken eingehen.
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Robert Laubach
Bernd Althusmann, Spitzenkandidat der CDU, spricht von einem „klaren Votum“. Die CDU habe ihr Wahlziel verfehlt, der Regierungsauftrag läge bei der SPD. Er spricht Ministerpräsident Stephan Weil seine Glückwünsche aus.
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Robert Laubach
Der FDP-Spitzenkandidat Stephan Birkner äußert sich optimistisch. „Wir gehen fest davon aus, dass wir dem niedersächsischen Landtag angehören werden.“ Für die Bildung einer Regierung müsste man abwarten, wie das endgültige Wahlergebnis ausfällt. Für eine Regierung aus CDU und FDP oder SPD und FDP gibt es laut ersten Hochrechnungen allerdings keine Mehrheit.
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Robert Laubach
Ministerpräsident Stephan Weil sagt bei der Wahlparty der SPD, der Wahlkampf sei hart und unangenehm gewesen, da die Sorgen der Bürger sehr groß seien. Dennoch habe die SPD „gekämpft und gewonnen“, die SPD habe den Regierungsauftrag erhalten und keine andere Partei.

Im Gespräch mit der ARD betonte Weil den Krisencharakter des Wahlkampfs. „Unter diesen Bedingungen so einen Vertrauensbeweis zu erhalten, das schätze ich persönlich höher ein, als den Erfolg vor fünf Jahren“, sagte der Ministerpräsident.
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Robert Laubach
Bei einem Auftritt auf der Wahlparty der Grünen kündigt die Spitzenkadidatin Julia Willie Hamburg an, die Partei werde Verantwortung übernehmen. Nach den aktuellen Prognosen ist eine Regierungskoalition zwischen SPD und Grünen rechnerisch möglich.
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Robert Laubach
Der AfD-Parteichef Tino Chrupalla zeigt sich zufrieden mit dem Wahlergebnis. Die Partei habe sich klar von der Politik der Bundesregierung abgegrenzt und damit überzeugt. „Wir haben die richtigen Themen gesetzt und als einzige Partei die Ursachen von Inflation und Preissteigerungen klar benannt.“
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Robert Laubach
Omid Nouripour, Parteivorsitzender der Grünen, betont die Zugewinne der Grünen. „Die Spitzenkandidaten Julia Hamburg und Christian Meyer haben einen unglaublich tollen Job gemacht.“ Die Partei habe einen Regierungsauftrag bekommen.

Dennoch wolle die Partei Lehren aus dem Ergebnis ziehen, zwischenzeitlich standen die Grünen in Wahlumfragen in Niedersachsen bei über 20 Prozent.
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Robert Laubach
CDU-Generalsekretär Mario Czaja sieht im Amtsbonus von Ministerpräsident Weil den Hauptgrund für den Wahlsieg der SPD. Weil habe „den Fehler aus Nordrhein-Westfalen nicht wiederholt, mit dem Bundeskanzler auf ein Plakat zu gehen.“

Czaja sieht die CDU dennoch im Aufwind. In bundesweiten Umfragen mache die Partei Zugewinne. 
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Robert Laubach
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, sagt in der ARD, Ministerpräsident Weil habe gezeigt, dass er die Menschen in Niedersachsen ernst nehme. So habe er die Wahl gewonnen.
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Kommentare (1)

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10.10.2022, 12:51 Uhr

Der Wahlausgang in Niedersachsen stellt aus Sicht des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner ein Problem für die gesamte Ampel-Koalition in Berlin dar. „Die Ampel insgesamt hat an Legitimation verloren“, sagte Lindner - darf nun gehofft werden?

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