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25.02.2021

14:43

Analyse

Olaf Scholz plädiert für höhere Steuern – und riskiert damit viel

Von: Thomas Sigmund

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zettelt eine Debatte über höhere Steuern an. Der Applaus der Parteilinken ist ihm sicher, erinnert aber an das Scheitern von Peer Steinbrück. 

Gegner haben dem SPD-Kanzlerkandidaten den Spitznamen „Sleepy Olaf“ verpasst. Stefan Boness/Ipon

Bundesfinanzminister Olaf Scholz

Gegner haben dem SPD-Kanzlerkandidaten den Spitznamen „Sleepy Olaf“ verpasst.

Olaf Scholz gilt als solider Finanzpolitiker, und er war auch ein guter Erster Bürgermeister in Hamburg. Der Norddeutsche bringt vieles mit, was die Deutschen schätzen. Mit seiner unaufgeregten sachlichen Art ist er eigentlich über die SPD-Wählerschaft hinaus einer breiten Mehrheit vermittelbar.

Während seine SPD in den Umfragen schrumpft, steht er in der Beliebtheitsskala der Bürger stabil weit oben. Die Spin-Doktoren des Kanzlerkandidaten versuchen, ihn als die bessere Angela Merkel zu positionieren. Einige Politikbeobachter sahen in ihm aber lange Zeit den „Sleepy Olaf“. Das bezieht sich auf den Spott des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump auf seinen Konkurrenten Joe Biden, der seinen Wahlkampf aus dem Keller führte. Der Ausgang der US-Wahl ist bekannt, Biden ist heute Regierungschef.

Ob Scholz das auch gelingt, steht ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl in den Sternen. Die Nervosität in der SPD ist angesichts der schlechten Zahlen gewachsen. Der Bundesfinanzminister betreibt inzwischen Opposition in der Regierung. Das ist den Sozialdemokraten selten bekommen. Aber offensichtlich weiß man sich anders nicht mehr zu helfen.

Die Angriffe gegen die CDU liefen zunächst nicht unter dem Namen Scholz, waren aber von ihm öffentlich orchestriert. Zuerst wurde Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein umfangreicher Fragenkatalog zum Impfdebakel von den SPD-Ministerpräsidenten vorgelegt.

Dann holzte sein engster Vertrauter und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Wolfgang Schmidt, gegen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auch hier ging es wieder darum, das Impfdebakel der CDU anzuhängen.  

Scholz geht selbst in die Vollen

In dieser Woche räumte Scholz dann den Vorsitzenden des Sachverständigenrats Lars Feld ab. Auch da blieb Scholz in der Deckung. Die Personalie blockierte er in Telefonaten mit Kanzlerin Angela Merkel und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU). Scholz passte die politische Ausrichtung des Freiburger Ökonomen nicht, und er konnte sich sicher sein, von der politischen Linken Applaus zu bekommen,

Am Donnerstag ging Olaf Scholz dann selbst in die Vollen. Mit Forderungen nach höheren Steuern für angeblich Besserverdienende und einer Vermögensteuer schoss er einen Torpedo in Richtung Union ab. „Ich weiß mich mit der überwiegenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger einig, dass wir unser Steuersystem gerechter gestalten müssen“, erklärte der Bundesfinanzminister.

„Dazu gehört, dass die, die sehr viel verdienen, einen etwas größeren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen, damit die unteren und mittleren Einkommen etwas entlastet werden können.“ Damit nicht genug. Die SPD befürworte auch die Vermögensteuer, „damit Länder und Kommunen mehr Geld für die Infrastruktur, die Kitas, Schulen, öffentlichen Nahverkehr und Polizei zur Verfügung haben“.

Erinnerungen an Peer Steinbrück

In der SPD gibt es bereits warnende Stimmen, die an die Zeit von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erinnern. Der damalige Bundesfinanzminister forderte von seiner Partei Beinfreiheit ein, bekam aber ein linkes Wahlprogramm verpasst und tappte in die Steuererhöhungsfalle.

Die rund 25 Prozent die Steinbrück damals im Wahlkampf für die SPD holte, galten als Desaster. Heute ist sie die Zielmarke.

Die Parteiführung um Norbert Walter-Borjans, Saskia Esken und Kevin Kühnert  bestimmt die Agenda. Der wirtschaftsfreundliche Seeheimer-Kreis ist nach dem Abgang des SPD-Haushälters Johannes Kahrs ohne Einfluss. Selbst moderate Ministerpräsidenten wie der Niedersachse Stephan Weil, der im Gegensatz zu anderen schon Wahlen gewonnen hat, konzentriert sich voll und ganz auf die Landespolitik.

Noch ist Zeit für Scholz, Tritt zu fassen vor der Bundestagswahl. Ein halbes Jahr ist insbesondere in der Pandemie eine Ewigkeit. Aus dem „Sleepy Olaf “ müsste dann nur noch ein Ehrentitel in Deutschland werden. 

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