Besonders Informatiker und Softwareentwickler sind knapp, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wirkt bisher kaum.
Die Beschäftigung in den IT-Berufen ist so stark gewachsen wie in kaum einer anderen Berufsgruppe
Doch die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften wächst noch stärker als das Angebot.
Bild: imago images/Shotshop
Berlin Die saarländische Universitäts- und Landesbibliothek sucht einen Abteilungsleiter für IT-Dienstleistungen, Daimler braucht Data Scientists für maschinelles Lernen und der App-Entwickler Finanzguru will UI-Designer einstellen, die bei der Entwicklung interaktiver Produkte helfen. IT-Fachkräfte sind gefragt – im öffentlichen Dienst genauso wie in der klassischen Industrie oder bei Start-ups.
Aber sie sind ein rares Gut, wie eine neue Analyse des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa), das beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) angesiedelt ist, zeigt. Die Studie liegt dem Handelsblatt vor.
Demnach wurden im Oktober 2021 in IT-Berufen rund 28.700 offene Stellen gezählt, für die es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab. Das entspricht rund 53 Prozent aller offenen Stellen. Die Fachkräftelücke in den IT-Berufen sei damit höher als je zuvor, heißt es in der Analyse
Im Jahresdurchschnitt arbeiteten 2020 rund 854.000 Beschäftigte in IT-Berufen – 41 Prozent mehr als im Jahr 2013. Nur bei den sprach-, literatur-, geistes-, gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftlichen Berufen war das relative Wachstum mit knapp 56 Prozent noch stärker.
Allerdings hielt das Arbeitskräfteangebot nicht mit dem wachsenden Bedarf Schritt. Zwischen Juli 2018 und Juni 2019 hatte die Fachkräftelücke in den IT-Berufen mit fast 26.000 Stellen einen Höhepunkt erreicht, bevor die konjunkturelle Eintrübung und die Coronakrise sie vorübergehend schrumpfen ließen.
Im gleitenden Jahresdurchschnitt von Juli 2020 bis Juni 2021 lag sie mit rund 13.900 wieder etwa auf dem Niveau des Jahres 2016, wobei sie sich aber bis Oktober auf den neuen Rekordstand ausdehnte. Besonders knapp sind Experten für Informatik. In dem Bereich können fast 82 Prozent der offenen Stellen nicht besetzt werden.
Ähnlich sieht es in der Wirtschaftsinformatik aus, stark gefragt sind zudem Softwareentwickler. Fast durchweg werden Akademiker gesucht.
Das Kofa geht auf Basis einer Hochrechnung der bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldeten Stellen davon aus, dass es im Oktober 2021 knapp 53.800 offene Stellen in IT-Berufen gab. Der Branchenverband Bitkom hatte zu Jahresbeginn sogar die Zahl von 96.000 offenen Stellen für IT-Fachkräfte genannt.
Die Boston Consulting Group erwartet in ihrem zu Jahresbeginn veröffentlichten „Future of Job“-Report, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 rund 1,1 Millionen IT-Fachkräfte fehlen werden. Neue digitale Geschäftsmodelle, die Digitalisierung der Verwaltung oder die verstärkte Homeoffice-Nutzung lassen den Arbeitskräftebedarf in den IT-Berufen wachsen.
Bislang half auch die Einwanderung, ihn zu decken – auch wenn der Ausländeranteil bei den IT-Fachkräften mit 11,5 Prozent nur knapp über dem Durchschnitt aller qualifizierten Berufe (9,7 Prozent) liegt. Das vor etwa zwei Jahren in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht vor, dass IT-Experten auch ohne formale Qualifikation eine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, sofern sie ein konkretes Jobangebot und Praxiserfahrung nachweisen können. Diese Regelung gibt es nur für den IT-Bereich.
>> Lesen Sie hier: Das Handelsblatt hat über die BCG-Studie ausführlich berichtet. Lesen Sie hier die wichtigsten Ergebnisse des „Future of Jobs“-Reports.
Allerdings ist die Einwanderung nach Deutschland mit Beginn der Coronapandemie stark gebremst worden. Nach dem jüngsten Migrationsbericht der Bundesregierung sind im Jahr 2020 nur 174 IT-Spezialisten auf Grundlage der genannten gesetzlichen Ausnahmeregelung eingereist.
Auch die sogenannte Blaue Karte EU für die Einreise hochqualifizierter Akademiker aus Staaten außerhalb der EU wurde im ersten Coronajahr in Deutschland nur rund 7300-mal erteilt – nur gut halb so oft wie 2019. Voraussetzung ist ein Bruttojahresgehalt von mindestens 56.400 Euro. Bei Mangelberufen, zu denen neben Ärztinnen, Ingenieuren, Naturwissenschaftlerinnen oder Mathematikern auch IT-Fachkräfte gehören, liegt die Gehaltsschwelle bei knapp 44.000 Euro.
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