Geimpft und doch an Corona erkrankt: Impfdurchbrüche könnten in den nächsten Monaten häufiger vorkommen. Die Booster-Impfung soll Abhilfe schaffen. Ein Überblick.
Corona-Impfungen
Impfdurchbrüche mehren sich. Nun soll eine Booster-Impfung Abhilfe schaffen.
Bild: dpa
Berlin 145.185 wahrscheinliche Impfdurchbrüche – also Infektionen mit Symptomen – verzeichnete das Robert Koch-Institut (RKI) seit Anfang Februar laut aktuellem Wochenbericht. Angesichts von über 55 Millionen vollständig Geimpften sehen Fachleute keine mangelnde Wirksamkeit der Impfstoffe, diese schützten weiter sehr gut vor schweren Verläufen.
Doch angesichts der vierten Welle wird der Ruf laut, Auffrischungsimpfungen breiter anzubieten. Doch wie kommt es zu einem Impfdurchbruch? Und wie kann eine Booster-Impfung schützen?
„Man muss wissen: Der Schutz vor einer Infektion ist ein halbes Jahr nach der Impfung nicht mehr so gut gegeben“, sagt der Bonner Virologe Hendrik Streeck. Der Impfstoffforscher Leif Sander von der Charité in Berlin erklärt: Am besten geschützt sei man ein bis zwei Wochen nach der Zweitimpfung, danach nehme der Schutz vor einer Ansteckung langsam ab. Allerdings blieben Geimpfte deutlich besser geschützt als Ungeimpfte.
Unerwartet kommt der nachlassende Effekt nicht. Virologe Christian Drosten sprach schon im April darüber, dass Geimpfte nach einigen Monaten wieder zur Weitergabe des Virus beitragen könnten. Viel wichtiger als der Schutz vor Infektion sei aber der Schutz vor einem schweren Verlauf – der bleibe weiter erhalten, betont Streeck.
Das Risiko, das von geimpften und ungeimpften Infizierten ausgeht, unterscheidet sich: „Wenn sich Geimpfte infizieren, haben sie laut einer Studie zwar kurzzeitig eine so hohe Viruslast wie Ungeimpfte“, erläuterte Streeck. „Diese fällt aber sehr viel schneller ab. Damit verkürzt die Impfung die Zeitspanne, in der das Virus weitergegeben werden kann.“
Wer sich trotz Impfung infiziert, dürfte Fachleuten zufolge in der Regel mild erkranken oder nichts bemerken. Generell kommen Impfdurchbrüche auch bei Impfungen gegen andere Krankheiten vor.
Der Anteil der Impfdurchbrüche an allen Covid-19-Fällen zeige, „dass nur ein geringer Anteil der hospitalisierten, auf Intensivstation betreuten Covid-19-Fälle als Impfdurchbruch zu bewerten ist“. Das RKI nennt die Zunahme von Durchbruchinfektionen im Laufe der Zeit „erwartbar“: Immer mehr Menschen seien geimpft, das Virus breite sich wieder vermehrt aus. „Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen.“
Die Ansteckung mit Corona und ein möglicher Impfdurchbruch ist insbesondere bei Menschen höheren Alters oder mit Vorerkrankungen heikel. Die Immunantwort fällt etwa bei Älteren nach Impfungen geringer aus, sie können dann auch schwerer erkranken. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte Anfang Oktober ihre Empfehlung zu Auffrischungsimpfungen ausgeweitet.
Sie richtet sich an Menschen ab 70, Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Bewohner von Pflegeheimen, Pflegepersonal und medizinisches Personal mit direktem Kontakt zu Patienten. Auch Menschen, die den Impfstoff von Johnson & Johnson bekommen haben, können ihren Schutz mit einer Dosis mRNA-Impfstoff verbessern. Die Impfverordnung sieht die Möglichkeit zur Auffrischung aber grundsätzlich für alle vor, für die es zugelassene Impfstoffe gibt.
Impfstoffforscher Leif Sanders meint, dass dann voraussichtlich keine Auffrischung nötig sei. „Bei Geimpften wirkt die Infektion wahrscheinlich wie ein Booster.“ Ausreichend Daten dazu lägen aber noch nicht vor.
Ja, laut Bundesgesundheitsministerium können sich „alle Bürgerinnen und Bürger eine Auffrischungsimpfung geben lassen und haben Anspruch auf eine Übernahme der anfallenden Kosten“.
Die meisten Auffrischungsimpfungen gibt es beim Hausarzt. Aber auch mobile Impfteams der Impfstellen oder Betriebsärztinnen und -ärzte kommen wieder in den Einsatz. Grundsätzlich kann es je nach Bundesland eine andere Regelung geben, weil sie für die Durchführung zuständig sind.
Für Charité-Wissenschaftler Leif Sander würde die Ausweitung angesichts der Corona-Entwicklung Sinn ergeben: „Allen impfbereiten Menschen eine dritte Impfung ein halbes Jahr nach der Zweitimpfung anzubieten, hätte auch einen dämpfenden Effekt auf die Virusverbreitung in der Bevölkerung.“ Die Drittimpfung könne die Immunität wieder deutlich verbessern. „Wir bräuchten jetzt sechs bis acht Wochen lang eine große Kampagne wie zu Beginn des Jahres, mit Impfzentren und mobilen Impfteams.“
Sander berief sich auch auf Erfahrungen Israels, wo man sich aus der vergangenen Welle „herausgeboostert“ habe.
Gegner einer Ausweitung von Auffrischungsimpfungen, zu denen derzeit auch Hendrik Streeck zählt, argumentieren etwa mit der weltweiten Knappheit an Impfstoffen. Andere Länder benötigten die Dosen dringender. Hinzu komme: Das Gesundheitssystem würde eher entlastet, wenn Impflücken bei Menschen über 60 geschlossen werden – und weniger mit Drittimpfungen bei Mittzwanzigern.
Mit Agenturmaterial.
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