In einem Gutachten attestieren die Prüfer dem Verkehrsministerium eine schlechte Haushaltsführung. Zuletzt flossen mehr als fünf Milliarden Euro nicht ab.
Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing
Der Liberale gerät wegen seines Haushaltsentwurfs in die Kritik.
Bild: imago images/Political-Moments
Berlin Bundesverkehrsminister Volker Wissing bekommt gleich mit seinem ersten Etat Probleme mit dem Bundesrechnungshof. In einem Gutachten zum geplanten Haushalt für 2022 attestieren die Prüfer dem FDP-Politiker, zu viel neue Stellen schaffen zu wollen und keine Konsequenzen aus dem in den Vorjahren aufgeblähten Etat zu ziehen. Der vertrauliche Bericht liegt dem Handelsblatt vor.
Darin verweisen die Prüfer darauf, dass das Ministerium mit dem größten Investitionsetat des Bundes „besonders betroffen“ sei „von der problematischen Entwicklung der Ausgabenreste“.
Konkret blieb allein 2021 jeder fünfte für Investitionen vorgesehene Euro liegen: 5,1 Milliarden Euro flossen nicht ab – ein Rekordwert. 2015 waren es nur 1,5 Milliarden Euro. Seitdem wurde die Lücke kontinuierlich größer.
Die Kritik zielt zwar zunächst auf die Vorgängerregierung und deren Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Allerdings sieht der erste Regierungsentwurf Wissings für dieses Jahr Investitionen von 22,4 Milliarden Euro vor, nach 25,3 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.
Dies ist zwar etwas weniger. Hinzu kommen aber noch Mittel, die im allgemeinen Haushalt sowie in Sondervermögen etwa für den Breitband- und Mobilfunkausbau, alternative Antriebe oder den Nahverkehr reserviert sind.
Für die Prüfer ist die Entwicklung inakzeptabel, zumal der Haushaltsausschuss des Bundestags der Regierung klar vorgegeben habe, die Ausgabenreste abzubauen und künftig nur noch bedarfsgerecht zu planen. Im vergangenen Jahr aber blieben mehr als eine Milliarde Euro für Nahverkehrs-Großprojekte liegen, fast eine weitere Milliarde für den Breitbandausbau, 840 Millionen Euro für die Schienenwege und eine halbe Milliarde Euro für die Autobahnen.
Und auch Radwege bauten die Länder für den Bund deutlich weniger als eigentlich angedacht: Von den 2021 reservierten 100 Millionen Euro flossen nur zwei Millionen Euro ab.
Als Grund gibt das Ministerium immer wieder „fehlende Planungen, lang andauernde Verwaltungsverfahren und gerichtliche Auseinandersetzungen“ an. Auch massive Probleme bei der neuen Zentralverwaltung der Autobahnen seien ein Grund gewesen.
Die Rechnungsprüfer üben scharfe Kritik an dieser Form der Haushaltsführung auf Verdacht. So attestieren sie, dass etwa für das Förderprogramm Gleisanschlüsse „der Mittelbedarf überveranschlagt war und fast die Hälfte der Mittel zweckfremd für andere Verkehrsträger eingesetzt wurde“ – konkret für Straßen und Flughäfen. Sie fordern wie die Haushälter im Bundestag eine „bedarfsgerechte Veranschlagung“ im Haushalt.
Zwar soll Wissing laut Regierungsentwurf zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr einsparen. Zum Start der Ampelkoalition wird es aber ohnehin schwer, wie in einem normalen Haushaltsjahr das Geld auszugeben: Der Bundestag beschließt den Etat erst im Juni, sodass die Mittel erst dann konkret verplant werden können.
Wie in den vergangenen Jahren will auch die Koalition aus SPD, Grünen und FDP das meiste Geld in die Bundesschienenwege investieren. Laut Haushaltsplan sollen es 9,8 Milliarden Euro werden, hinzu kommen 9,4 Milliarden Euro für die Schienenwege des Nahverkehrs. 8,6 Milliarden Euro sollen die Bundesfernstraßen erhalten, 1,4 Milliarden Euro die Bundeswasserstraßen.
Für den Breitbandausbau soll es nur noch 76 Millionen Euro geben, da zuerst das liegen gebliebene Geld aus dem Vorjahr ausgegeben werden soll. Vergangenes Jahr stiegen in diesem Bereich die Ausgabenreste von 647 auf 951 Millionen Euro.
Etwas Lob fanden die Prüfer zumindest für den Umgang mit den Verpflichtungsermächtigungen, also dem reservierten Geld für laufende Projekte. Dort floss zuletzt mehr Geld als in den Vorjahren ab.
Umso heftiger fällt die Kritik der Rechnungsprüfer bei der Personalpolitik aus. So hat das Ministerium laut Prüfer mehr als 1000 neue Stellen für nachgeordnete Behörden angemeldet und überdies noch 118 neue Stellen im Ministerium selbst. Mit ihnen will Wissing das Verkehrsministerium zu einem Digitalministerium ausbauen.
Zwar habe das Bundesministerium seinen Namen von Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Ministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geändert, notieren die Prüfer. „Die Organisations- und Haushaltsgrundsätze gelten jedoch auch für das BMDV weiter.“
Das Ministerium werde den geltend gemachten Stellenbedarf „nachzuweisen und mit analytischen Methoden zu begründen haben“. Konkret verweisen die Prüfer auf Analyseverfahren des Bundesinnenministeriums.
Minister Wissing hat statt der bisher zwei nunmehr drei beamtete Staatssekretäre und aus der einen Zentralabteilung zwei gemacht. Zudem schaffte er neben der bisherigen Digitalabteilung eine weitere und meldete darüber hinaus fünf weitere Referate an.
Hier setzt die Kritik der Prüfer an. Schließlich hat die Bundesregierung innerhalb der Ministerien die Kompetenzen neu verteilt. So hatte das neue Digitalministerium für die neuen Aufgaben im Bereich Digitales aus dem Wirtschaftsministerium 33 Stellen per saldo erhalten und weitere aus dem Kanzleramt.
Nach Auffassung der Prüfer sollten die Ressorts nicht nur die Aufgaben, sondern mit ihnen auch das Personal und Stellen innerhalb der Bundesverwaltung umverteilen. Zusätzlichen Personalbedarf solle das BMDV deshalb „gerade auch für neue Aufgaben nach einer Konsolidierungsphase mit angemessenen Methoden nachweisen“.
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