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25.08.2022

15:05

Bundesparteitag

„So geht auch Deutschland in die Knie“: CDU rechnet mit der EZB ab

Von: Daniel Delhaes, Jan Hildebrand

Nach Ansicht der Partei verstößt das neue Anleihekaufprogramm „gegen die Europäischen Verträge“. Die CDU will auf ihrem Parteitag einen Antrag beschließen und fordert eine stärkere Rolle des ESM.

Nach Ansicht der CDU soll nicht die EZB als Helfer einspringen, sondern der europäische Rettungsfonds ESM. dpa

Europäische Zentralbank am Abend

Nach Ansicht der CDU soll nicht die EZB als Helfer einspringen, sondern der europäische Rettungsfonds ESM.

Berlin Auf dem CDU-Parteitag Anfang September in Hannover wird es scharfe Kritik an der Europäischen Zentralbank (EZB) geben. In einem Antrag des Wirtschaftsflügels wird der Notenbank vorgeworfen, durch ihr neues Kriseninstrument TPI „indirekte Staatsfinanzierung“ zu betreiben. Die Antragskommission hat eine Zustimmung empfohlen. Damit ist es wahrscheinlich, dass der Bundesparteitag das Papier so beschließt.

Der Antrag der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) trägt den Titel: „Europa – durch die Krise mit klarem finanzpolitischen Kompass und ohne Schuldenunion“. Der CDU-Wirtschaftsflügel kritisiert darin das neue Anleihekaufprogramm.

Mit dem Transmission Protection Instrument, TPI abgekürzt, will die EZB notfalls Anleihen hochverschuldeter Euro-Staaten erwerben, sollten diese am Anleihemarkt wegen der steigenden Zinsen unter Druck geraten.

Im Antrag der MIT heißt es: „Das steht gegen die Europäischen Verträge, wirkt reformbehindernd und gibt Raum für Spekulationsgeschäfte.“ Darin wird die EZB aufgefordert, „zu ihrem geldpolitischen Auftrag“ zurückzukehren.

Mit anderen Worten: Die CDU-Wirtschaftspolitiker werfen der Notenbank vor, nicht nur Geldpolitik zu betreiben, sondern mit ihren Anleihekaufprogrammen gezielt hochverschuldete Staaten zu stützen.

Von der EZB finanzierte Staatsschulden für Eurokrisenländer ohne Auflagen und Reformen gingen „letztlich auch den Nettozahlern an die Substanz, sagte der CDU-Europapolitiker Markus Pieper. „So geht auch Deutschland in die Knie, womit nun wirklich niemanden mehr geholfen ist“, warnte Pieper, der Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament ist.

Viele Staaten scheuen sich vor ESM

Nach Ansicht der CDU soll nicht die EZB als Helfer einspringen, sondern der europäische Rettungsfonds ESM. „Wir lehnen das neue EZB-Kaufprogramm ab und fordern den Einsatz der an klare Vorbedingungen geknüpften Instrumente wie des bewährten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und den Einsatz eines klar konditionierten OMT-Programms.“

Beim OMT-Programm kann die EZB zwar auch Staatsanleihen kaufen, aber nur, wenn das entsprechende Land ein Hilfspaket des Rettungsfonds mit entsprechenden verbindlichen Reformauflagen in Anspruch nimmt. Die Konditionen kommen also über den Umweg ESM, damit gibt es das OMT-Programm nicht ohne den Rettungsfonds.

Aufgrund der Auflagen, die Einsparungen wie beispielsweise den Arbeitsmarkt betreffen können – und die auch kontrolliert werden –, scheuen allerdings viele Staaten den Gang zum ESM. Zuletzt kam der Rettungsfonds deshalb nicht mehr zum Einsatz. Bei der Coronakrise wurde auf EU-Ebene ein neuer Wiederaufbaufonds eingerichtet. Erstmals durfte sich die EU dafür selbst in größerem Umfang verschulden.

Nach Ansicht des CDU-Wirtschaftsflügels sollte dies ein einmalige Ausnahme bleiben. Der Corona-Wiederaufbaufonds dürfe „keine Blaupause für zukünftige „Fazilitäten“ auf der Basis von EU-Anleihen mit anteiliger Haftung der EU-Mitgliedstaaten“ werden, heißt es in dem Antrag.

Die CDU-Wirtschaftspolitiker plädieren zudem für eine Reform der EU-Schuldenregeln. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt solle „auf wenige Grundregeln“ konzentriert werden. Dazu gehört nach Wunsch der MIT eine Vorgabe, welche den Anstieg von Staatsausgaben und Verschuldung begrenzt. Die Vorgabe, dass das Defizit eines Staates drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht übersteigen soll, gibt es bereits. Neu an den Forderungen ist, dass auch Staatsausgaben nicht stärker steigen sollen.

Gradmesser soll dafür das Wirtschaftswachstum sein. Über eine Reform des Stabilitätspaktes wird derzeit in Brüssel diskutiert. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte kürzlich seine Vorstellungen skizziert, die ebenfalls eine Vereinfachung und mehr Verbindlichkeit vorsehen.

Die Forderungen der CDU gehen noch weiter. Ob die Schuldenvorgaben eingehalten werden, soll künftig „anstelle der EU-Kommission durch eine unabhängige Instanz“ überwacht werden. Der Kommission wird in Berlin seit Längerem vorgeworfen, zu nachgiebig zu sein. So gab es auch schon vor Jahren den Vorschlag, den ESM mit der Haushaltsüberwachung zu betrauen. Doch dafür fand sich in der EU nie eine Mehrheit.

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