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28.08.2021

04:45

Wahlprogramme 2021 im Vergleich

Steuerbelastung für Unternehmer, Spitzenverdiener, Familien: Wer von welcher Partei profitiert

Von: Martin Greive

Die Steuerversprechen von Union, SPD, Grünen und FDP unterscheiden sich stark. Wer bis zu 11.000 Euro mehr im Jahr zahlen muss – und wer 12.000 Euro weniger. Ein Überblick.

Am 26. September ist Bundestagswahl

Berlin Die Steuerpolitik ist für Wahlkampfstrategen gefährliches Terrain. Auf kaum einem anderen Feld lässt sich so anschaulich berechnen, was die Pläne der Parteien den Wählern bringen würden. Und auch wenn kaum ein Wähler seine Entscheidung wohl einzig von der Frage abhängig macht, welche Steuersenkung ihm welche Partei verspricht: Die Aussicht auf konkrete Belastungen kann eine Partei Stimmen kosten, wie schon die Grünen bitter erfahren haben.

Die Strategen in den Parteizentralen haben darauf reagiert. Die Wahlprogramme sind gerade in den steuerpolitischen Kapiteln eher vage gehalten. 

Doch einige Rückschlüsse und Berechnungen sind möglich. So haben etwas das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und das Leibniz-Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) die Programme durchgerechnet.

Grafik

Auf Basis dieser Berechnungen analysiert das Handelsblatt, wer bei welchen Vorhaben profitieren oder verlieren würde. Egal, ob Topverdiener, Unternehmer oder Familie – die Unterschiede sind teilweise gravierend.

Topverdiener

Für Singles mit einem hohem Einkommen geht es bei den Steuerplänen um mehrere Tausend Euro, die sie im Jahr mehr oder weniger zahlen müssten. Laut IW würde ein Single mit einem Jahresverdienst von 150.000 Euro bei den Plänen der FDP um rund 5200 Euro entlastet. Bei der Union stünde eine Steuersenkung von 710 Euro.

Die Pläne des linken politischen Spektrums bedeuten hingegen eine deutliche Belastung: Bei den Grünen müsste ein Topverdiener mit 150.000 Euro Bruttogehalt immerhin 998 Euro mehr Steuern zahlen, bei der SPD sogar 1940 Euro. Die Linke schlägt bei den Spitzenverdienern am meisten zu: 7724 Euro mehr Steuern.

Noch größer sind die Unterschiede bei den Berechnungen des ZEW, da das Institut neben den steuerpolitischen Vorschlägen auch die Ankündigungen zur Sozialversicherung oder zu familienpolitischen Leistungen berücksichtigt. Zudem haben die Mannheimer Ökonomen in ihrer Beispielrechnung einen Topverdiener mit 300.000 Euro Jahresgehalt unterstellt. Die FDP-Pläne würden ihm ein Plus von 12.400 Euro bringen. Bei der Union beträgt es noch 8310 Euro. Bei SPD und Grünen steht hingegen eine Steuererhöhung von gut 11.440 beziehungsweise 11.690 Euro, bei der Linken gar von 80.260 Euro.

Geringverdiener

Geringverdiener hätten vor allem bei der Linken mehr Geld in der Tasche. Die Linke will den Steuergrundfreibetrag auf 14.000 Euro erhöhen, das wäre eine Anhebung um 44 Prozent gegenüber dem heutigen Stand.

Ein alleinstehender Geringverdiener mit 25.000 Euro Jahreseinkommen hätte dadurch 1074 Euro mehr im Jahr in der Tasche. Auch bei der FPD würde ein Geringverdiener mit 25.000 Euro Jahreseinkommen mit 592 Euro kräftig entlastet, bei der Union hätte er 296 Euro mehr im Jahr zur Verfügung.

Bei SPD und Grünen fallen die Entlastungen nicht ganz so hoch aus. Bei den Grünen hätte der Geringverdiener 98 Euro, bei der SPD 64 Euro mehr in der Tasche.

Serie: Wahlcheck

Die Idee der Serie

Am 26. September wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. In loser Folge stellt das Handelsblatt deshalb in den kommenden Wochen zentrale Themen vor, die die künftige Regierung angehen muss. So geht es zum Beispiel um den Ausbau Erneuerbarer Energien, die Digitalisierung, den Wohnungsbau und die künftige Steuerpolitik.

Teil 1 – Steuern für Unternehmer, Spitzenverdiener oder Familien: Wen die Parteien entlasten wollen

In der Steuerpolitik setzen die Parteien – je nach Profil – eigene Akzente.

>> Lesen Sie die Folge hier

Teil 2 – Wohnraum, Eigentum: Um diese fünf Baustellen muss sich der neue Bauminister kümmern

Die Wohnungspolitik dürfte für die künftige Bundesregierung zu einem zentralen Thema werden.

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Teil 3 – Ausbildung und Weiterbildung: Wie die Parteien den Fachkräftemangel bremsen wollen

Die nächste Regierung steht vor der Jahrhundertherausforderung, die duale Ausbildung zu retten – Was die Parteien geplant haben.

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Teil 4 – Energie und Klima: Wo es beim Bau von Solaranlagen und Windrädern hakt

Der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien genießt bei den meisten Parteien hohen Stellenwert. Doch die Wahlprogramme operieren oft mit unrealistischen Zielen.

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Teil 5 – Kinderbetreuung, Elterngeld, Ehegattensplitting: So wollen die Parteien den Familien helfen

In der Pandemie sind vor allem Familien unter Druck geraten. Doch die Parteien setzen bislang nur auf moderate Anpassungen. Experten erklären, welche Vorschläge besser funktionieren.

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Teil 6 – Digitalisierung der Verwaltung: Warum vieles in den neuen Wahlprogrammen gar nicht neu ist

Seit 2009 wirbt jede Koalition in ihrem Regierungsplan mit der „Digitalisierung“. Doch „digital first“ gilt bis heute selten in der Verwaltung.

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Teil 7 – Steuerzuschuss, Beitragssatz, Alter: An welchen Stellschrauben die Parteien bei der Rente drehen wollen

Die Rente ist kein Gewinnerthema im Wahlkampf, weil jede Reform Verlierer mit sich bringt. In den Parteiprogrammen dominiert deshalb das Prinzip Hoffnung.

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Teil 8 – Schulden, Klimaschutz, Digitales: Diese Europa-Themen muss die nächste Bundesregierung anpacken

Wer Deutschland regiert, kann entscheidend Einfluss nehmen auf die Schicksalsfragen der Europäischen Union. Schon bald stehen Richtungsentscheidungen bevor.

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Teil 9 – Was Frauen von der neuen Regierung erwarten können

Lohncheckverfahren, staatliches Wagniskapital nur für Gründerinnen, Quoten – die Parteien versprechen in ihren Wahlprogrammen den Frauen einiges. Doch was erwarten Unternehmerinnen und Gründerinnen?
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Teil 10 – Diese zentralen Herausforderungen sehen Ökonomen auf dem Arbeitsmarkt nach der Wahl

Rot-Rot-Grün wirbt für höhere Mindestlöhne und Weiterbildungsansprüche, Schwarz-Gelb will wenig regulieren. Wo die Trennlinie bei den arbeitsmarktpolitischen Plänen verläuft.

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Teil 11 – Viele Milliarden, zu wenig Erfolge: Parteien streiten über bessere Förderung von Spitzenforschung

Für Union und Grüne gilt: Mehr finanzielle Förderung bringt auch bessere Forschungsergebnisse. Die FDP dagegen will die Leistung von Forschern strenger kontrollieren.

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Die Unterschiede erklären sich allerdings nicht daraus, dass ausgerechnet SPD und Grüne Geringverdiener wenig entlasten wollen, im Gegenteil. Grüne und SPD halten von größeren Steuersenkungen wenig. Deshalb wollen sie die Steuern für untere und mittlere Einkommen moderat senken. 

Familien

Eine Entlastung von Familien versprechen alle Parteien. Wie stark sie ausfällt, hängt vom Einkommen ab. Ein Ehepaar mit zwei Kindern und einem mittleren Einkommen von 50.000 Euro würde laut IW-Untersuchung bei allen Parteien mehr netto übrig behalten. Am größten wäre die Entlastung bei der Linken mit 2164 Euro, gefolgt von der FDP mit 1284 Euro. Bei der Union sind es 616 Euro weniger Steuern, bei den Grünen 196 Euro und bei der SPD 134 Euro.

Auch eine Familie mit einem Einkommen von 150.000 Euro würde nach der IW-Analyse noch bei allen Parteien entlastet, am stärksten bei der FDP (9096 Euro) und am geringsten bei den Grünen mit 196 Euro.

Etwas anders sieht es bei den ZEW-Berechnungen für Familien mit einem sehr hohen Einkommen aus. Ein Ehepaar mit zwei Kindern, das 300.000 Euro im Jahr verdient, würde bei der FDP um 18.160 Euro entlastet, bei der Union um 10.500 Euro. Auf der anderen Seite stehen bei Grünen, SPD und Linken höhere Steuern: Bei den Grünen 12.985 Euro mehr, bei der SPD 12.840 Euro. Spitzenreiter auch hier die Linke mit einer zusätzlichen Belastung von 73.250 Euro.

Unternehmer

Für Unternehmen gibt es keine eindeutigen Berechnungen. Grundsätzlich ist aber klar, dass sie von den steuerpolitischen Plänen von Union und FDP profitieren würden. So wollen beide den Solidaritätszuschlag abschaffen, der nur noch von Spitzenverdienern gezahlt wird, darunter sind viele Personengesellschaften. Auch als Zuschlag auf die Körperschaftsteuer besteht der Soli fort: Seine vollständige Abschaffung würde also vor allem Unternehmen entlasten.

Die Union verspricht zudem eine Entlastung bei den Unternehmensteuern, wobei sie Details und Zeitpunkt offenlässt. „Wir wollen die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, perspektivisch auf 25 Prozent deckeln“, heißt es im Wahlprogramm.

Auch die Liberalen wollen die Steuerlast für Unternehmen auf „auf rund 25 Prozent“ senken. Insgesamt stellt die FDP der Wirtschaft Entlastungen über 60 Milliarden Euro in Aussicht und hofft, damit die Investitionstätigkeit anzukurbeln.

SPD, Grüne und Linke sehen hingegen keine Notwendigkeit für deutliche Senkungen der Unternehmensteuern. Im Gegenteil: Alle drei Parteien können sich Steuererhöhungen vorstellen, die auch Unternehmer treffen könnten. Dazu zählt vor allem die Vermögensteuer, die viele Firmenbesitzer fürchten.

Mehr zum Thema Steuern im Wahljahr 2021:

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