Für Union und Grüne gilt: Mehr finanzielle Förderung bringt auch bessere Forschungsergebnisse. Die FDP dagegen will die Leistung von Forschern strenger kontrollieren.
Forschung an Quantencomputer
Mikrochips für Quantenprozessoren – nur eins von vielen milliardenschweren Forschungsprojekten in Deutschland.
Bild: dpa
Berlin Bis 2025 will Deutschland Geld in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgeben – zuletzt waren es 3,2 Prozent. Denn mehr Geld für Forschung soll Innovationen beflügeln, ohne die die Wirtschaft im globalen Wettbewerb nicht bestehen kann. In den Wahlprogrammen bekennen sich jedoch nur die Union und die Grünen explizit zu diesem Ziel. Die SPD nennt kein Jahr, in dem das 3,5 Prozent-Ziel erreicht sein soll.
Bei den Liberalen fehlt das übergeordnete FuE-Ziel, an dem sich lange Wohl und Wehe der Forschungspolitik festmachte, völlig. Stattdessen will die FDP Forschungsmittel des Bundes zumindest teilweise daran koppeln, dass auch etwas dabei herauskommt. Vor allem die milliardenschweren „Strategien“ der Bundesregierung – für Künstliche Intelligenz, Wasserstoff, Hightech oder Nachhaltigkeit – wollen die Liberalen mit „Zielhierarchien und Erfolgsindikatoren“ effektiver machen.
Mindestens 15 Prozent der Förderung soll künftig abhängig sein vom Erfolg – rückwirkend ab 2020. Anderenfalls sollen frei werdende Mittel an andere Akteure verteilt werden. Zudem soll „jedes Ministerium bis 2025 zehn konkrete KI-Anwendungsfälle benennen und umsetzen“, verspricht die FDP.
Dieser Punkt steht für einen Trend, der sich an anderen Stellen auch bei der politischen Konkurrenz findet, wenn auch in deutlich abgemilderter Form: weg vom unkonditionierten Geldsegen, von dem sich Politiker bisher bessere Forschung erhofft haben, hin zu mehr Kontrolle des Outputs und einem besseren Transfer der Forschungsergebnisse in Wirtschaft und Gesellschaft.
Um das von Experten seit Langem beklagte Strukturproblem anzugehen, dass trotz enormer Ausgaben für die Wissenschaft am Ende zu wenig dabei herauskommt, wollen Grüne und Liberale eigens neue Organisationen schaffen: Die FDP plant eine „Deutsche Transfergemeinschaft“ (DTG), die unabhängig Steuergeld an von ihr ausgewählte Forschungsprojekte verteilt, an denen Hochschulen und Unternehmen gemeinsam arbeiten.
Diese DTG soll sowohl technische als auch soziale Innovationen fördern. Das Ganze wäre kostenneutral, weil die Gesellschaft Budgets übernehmen soll, über die bisher mehrere Ministerien verfügen. Die Grünen planen etwas Ähnliches: Ihre ebenfalls eigenständige Innovationsagentur „D.Innova“ soll regionale Innovationsnetzwerke aus Hochschulen, Mittelstand und Zivilgesellschaft fördern, „systematisch, proaktiv und flexibel“.
Der neuen Agentur für Sprunginnovationen „SprinD“ , die im Staatsauftrag nach herausragenden Erfindungen sucht und diese massiv fördern kann, versprechen sowohl die Union als auch die Grünen mehr Flexibilität. Diese soll dann effektiv dazu beitragen, Deutschland technologisch „an die Weltspitze“ zu führen (Union). Im Programm der FDP hingegen taucht die erst vor zwei Jahren nach dem Vorbild der mächtigen US-amerikanischen „Darpa“ gegründete SprinD gar nicht explizit auf – ebenso wenig bei den Sozialdemokraten.
Bei der direkten Förderung der Forschung in Unternehmen prescht die CDU/CSU vor: Sie will die Forschungszulage für Unternehmen, die bereits in der Pandemie verdoppelt worden war, erneut verdoppeln. Damit würde die gedeckelte Förderung auf bis zu zwei Millionen Euro pro Unternehmen im Jahr steigen. Die Grünen wollen dieses neue Instrument hingegen wieder mehr auf Mittelständler und Start-ups konzentrieren, weil sie bei den Konzernen mehr Mitnahmeeffekte fürchten.
Daneben verspricht die Union auch, die Programme zur Förderung von Innovationen in den Betrieben auszuweiten, vor allem das Zentrale Investitionsprogramm Mittelstand (ZIM), die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und das Förderprogramm Innovationskompetenz INNO-KOM. Anstatt aber weiterhin nur Kosten zu bezuschussen und um künftig „Fehlanreize zu verhindern“, soll ein Teil der Förderung „von den erzielten und im Unternehmen verbliebenen Gewinnen abhängig“ gemacht werden. „Das Ergebnis soll belohnt werden, nicht der Prozess“, gibt die Union die neue Marschroute aus.
Zudem verspricht sie ein „Innovationsfreiheitsgesetz“ und gemeinnützige Hilfen für potenzielle Gründer. Gründungen sollen „innerhalb von 24 Stunden online möglich“ sein, und Beteiligungen an Start-ups erst versteuert werden, wenn diese Gewinn machen, heißt es im CDU/CSU-Programm. Die Grünen versprechen generell mehr Förderung für Hightech-Start-ups und setzen auf stille Beteiligungen des Staates als „neuen Ausgründungsstandard“.
Die großen Forschungsorganisationen – Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft – können sich darauf verlassen, dass ihre auskömmliche Finanzierung nicht angetastet wird: Zumindest Union und Grüne bekennen sich explizit zum „Pakt für Forschung“, der ihnen bis zum Jahr 2030 ein jährliches Plus von drei Prozent garantiert – aktuell erhalten die großen vier vom Staat jährlich gut drei Milliarden Euro.
Die Union erwägt hier jedoch zaghaft mehr Outputorientierung: Sie will exzellente wissenschaftliche Leistungen „mit zusätzlichen Leistungskomponenten noch mehr Anerkennung verleihen“ – da klingt mehr Kontrolle zumindest an, wenn die Drohung auch eher freundlich daherkommt.
Die im Vergleich zu den potenten außeruniversitären Organisationen eher unterfinanzierten Hochschulforscher will niemand härter anfassen. Die Grünen stellen ihnen vielmehr eine „auskömmliche Grundfinanzierung“ in Aussicht, um sie wieder unabhängiger von Drittmitteln, beispielsweise aus der Wirtschaft, zu machen.
Auch die CDU verspricht „kraftvolle Unterstützung“ zumindest für exzellente Universitäten. Sie gibt auch das hochgesteckte Ziel aus, „mindestens eine deutsche Universität in die Top 20 der Welt zu bringen“. Dafür müssten die besten allerdings – je nach Ranking – 20 bis 40 Plätze nach vorn rücken.
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