Merz schafft sich Bühnen und nutzt Schwächen der Regierung aus. In Umfragen bringt er seine Partei nach vorn. Ob er wirklich Erfolg hat, zeigt sich ab März.
Friedrich Merz
Der CDU-Parteichef übt deutliche Kritik am Kanzler.
Bild: imago images/photothek
Berlin Gab es jemals einen anderen Bundesvorsitzenden der CDU als Friedrich Merz? Wer dieser Tage einen Blick auf die Onlinepräsenz der CDU wirft, liest zwar vom „Team CDU“. Vor allem aber ist das Konterfei des 66-Jährigen zu finden – und das nicht nur einmal.
Seit Ende Januar führt der Sauerländer Merz offiziell die Partei und schon ist er omnipräsent, während seine Kritiker schweigen. Auch das „Team Merz“ hält sich noch auffällig zurück: Bundesvorstandsmitglieder ebenso wie seine Stellvertreterriege. Dabei sollen die Parteivize bald schon für Themen stehen: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer etwa als Stimme des Ostens oder die Bundestagsabgeordneten Silvia Breher und Andreas Jung als Experten für Familien und Landwirtschaft sowie Umwelt und Klima, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Katrin Prien für ihr Ressort.
Kein Tag vergeht indes, an dem Merz nicht mit einer Aussage in den Medien erscheint. Nachdem er bei der Klausurtagung der CSU-Abgeordneten die Reihen zur Schwesterpartei wieder geschlossen hatte, kritisierte er via Handelsblatt die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank angesichts der steigenden Inflation.
Anfang der Woche beauftragte er die Fraktion, in der nächsten Woche einen Antrag vorzulegen und in den Bundestag einzubringen: Darin wird die Unionsfraktion die Ampelregierung auffordern, die Menschen bei den Energiekosten umfassend zu entlasten – und zwar nicht nur über einen Heizkostenzuschuss oder die EEG-Umlage. Die Fraktion wird Merz auch zu ihrem Vorsitzenden wählen. Die Rolle des Oppositionsführers wird seine Hauptbühne sein – so wie vor 20 Jahren schon einmal.
Doch nutzt er bereits jetzt jede Möglichkeit. Als er bei der Tagung der Unions-Fraktionsvorsitzenden in Saarbrücken auftrat, war er eigens schon am Sonntag angereist, hatte in geselliger Runde zugehört, war von Tisch zu Tisch gegangen und hatte seine Pläne vorgestellt und Meinungen eingeholt. „Führung durch das Wort“, sei es gewesen, wie es später hieß.
Am Montag nutzte er die Pressekonferenz und distanzierte sich von der Impfpflicht in Pflegeinrichtungen. Sein Parteifreund, NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, hatte ihm signalisiert, dass das Gesetz der Ampel sich nicht umsetzen lasse.
Auch kündigte Merz an, „vorurteilsfrei“ über Energie aus Gas und Atomkraft reden zu wollen und sendete gleich ein Signal nach Brüssel und Paris. Dort wird der überzeugte Europäer, der selbst fünf Jahre im Europäischen Parlament saß, am Mittwoch und Donnerstag zu Antrittsbesuchen erwartet: bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und bei Donald Tusk, dem Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei und ebenso beim Brexit-Verhandler der EU Michel Barnier. Ein Abendessen mit der konservativen Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse in Paris rundet seine erste Auslandsreise im Amt ab.
Bei allem gilt: klare Kante gegen die Ampelkoalition in Berlin und klare Botschaften. Merz kümmert sich um Europa, Merz fordert Haltung im Ukraine-Konflikt, er kritisiert den Besuch von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei US-Präsident Joe Biden acht Wochen nach dessen Vereidigung als „zu spät“.
„Merz macht Tempo, und er will die Taktzahl auch hochhalten“, heißt es in der Unionsführung. Schließlich gilt es, die Staatskanzleien im Saarland (März) sowie in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen (Mai) zu verteidigen und in Niedersachsen zu erobern (Oktober). Die Ergebnisse werden seine Zwischenbilanz sein.
Bisher kann sich die Bilanz sehen lassen: Während 64 Prozent der Bürger laut jüngster Forsa-Umfrage unzufrieden mit der Arbeit der neuen Koalition sind, liegt die Union erstmals seit September wieder vor der SPD.
Im März wird der Bundesvorstand zwei Tage in Saarbrücken tagen und so CDU-Ministerpräsident Tobias Hans den Rücken stärken. Es wird die nächste Bühne sein, die Merz sich und Hans bereitet, um über die Medien Botschaften in den Wahlkampfendspurt auszusenden.
Seine Mitstreiter sind zufrieden. „Bisher läuft es wirklich gut. Er hat die Themen und die Landtagswahlen im Blick“. Und zwar auch die in der fernen Zukunft: So hat Merz gleich in der ersten Sitzung des neuen Präsidiums und Bundesvorstands Anfang der Woche eine Grundsatzprogrammkommission eingesetzt, die Parteivize Carsten Linnemann leitet. Dessen Stellvertreter wurde indes der Thüringer Fraktionschef Mario Voigt. Dort stehen 2024 Landtagswahlen an, ebenso in Brandenburg und Sachsen. Im Frühjahr 2024 soll daher das Programm stehen, pünktlich zum Ost-Wahlkampf und früh genug vor der Bundestagwahl 2025.
Was er allerdings versäumte: einen Vertreter des Sozialflügels als zweiten Stellvertreter zu benennen. Es wurde dann doch auf Wunsch des Vorsitzenden mit Serap Güler eine Frau.
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