Für Impfungen, Tests und Krankenhaus-Hilfen benötigt der Gesundheitsminister viel mehr Geld als geplant. Das geht aus Unterlagen für die Haushaltsberatungen hervor.
Karl Lauterbach
Angesichts der steigenden Ausgaben riefen die Haushälter der Ampelfraktionen Minister Karl Lauterbach bereits zur Ausgabendisziplin.
Bild: dpa
Berlin Der Gesundheitsminister Karl Lauterbach benötigt in diesem Jahr weitere zehn Milliarden Euro für Schnelltests, Impfungen und Krankenhaus-Hilfen. Das geht aus einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums für die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.
Demnach sind für die Beschaffung von Impfstoff in diesem Jahr weitere 830 Millionen Euro vorgesehen. „Wir setzen auf ein breites Portfolio“, sagte Lauterbach angesichts der Ungewissheit, welche Virusvariante im Herbst dominant sein wird. „Wir müssen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.“
Insgesamt sind bereits knapp 6,3 Milliarden Euro im Jahr 2022 für diesen Zweck an das Ministerium geflossen. Zusätzliches Geld erhält der SPD-Politiker auch für die Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser, denen Einnahmen durch die Pandemie fehlen. Die Kosten dafür steigen um 1,1 Milliarden auf nun 5,7 Milliarden Euro.
Neue Milliarden erhält der Gesundheitsminister für Schnelltests, die Impfverordnung und weitere Krankenhaus-Hilfen. Insgesamt kommen für diese Posten noch mal 8,3 Milliarden Euro hinzu.
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In der sogenannten Bereinigungssitzung legen die Haushälter im Bundestag den Etat letztmalig fest. Es kommen neue Ausgaben oder Einnahmen hinzu, an anderer Stelle wird gestrichen. Die zusätzlichen Milliarden für Lauterbach werden die Neuverschuldung jedoch nicht erhöhen. Denn das Finanzministerium hatte bereits eine Vorsorge getroffen, nachdem Lauterbach in den vergangenen Monaten milliardenschwere außerplanmäßige Ausgaben genehmigt wurden.
Die Vorlage für die Bereinigungssitzung zeigt nun, auf welche Summe sich die Aufwendungen für die Pandemiebekämpfung in diesem Jahr summieren werden. Den größten Teil überweist der Bund an den Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenkassen, die die Kosten übernehmen. Insgesamt 30 Milliarden Euro fließen aus der Staatskasse damit in diesem Jahr an den Geldtopf. Das ist so viel wie noch nie.
Knapp vier Milliarden Euro sind für die kostenlosen Bürgertests gedacht, die bis Ende Juni verlängert wurden. 2,3 Milliarden Euro gehen bis Ende November an Stellen wie etwa Arztpraxen dafür, den Impfstoff zu verabreichen. Ein weiterer Kostenfaktor mit 1,6 Milliarden Euro ist der Versorgungsaufschlag für Krankenhäuser.
Angesichts der steigenden Ausgaben riefen die Haushälter der Ampelfraktionen den SPD-Minister bereits in der vergangenen Woche zur Ausgabendisziplin. Das Bundesgesundheitsministerium solle für die weitere Impfstoffbeschaffung mit einem Prognosetool den tatsächlichen Impfstoffbedarf besser bestimmen, heißt es. Weil die Impfkampagne stockt, drohen Millionen Dosen ungenutzt zu verfallen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bereits deutlich gemacht, dass er im kommenden Jahr nicht ständig Geld für das Coronamanagement nachschießen will. Derzeit müsse er noch die kostenfreien Bürgertests und die Impfungen aus dem Haushalt bezahlen, sagte Lindner kürzlich auf einer Veranstaltung und fügte hinzu: „Das sind Sonderlasten, die werden im nächsten Jahr beendet sein.“
Langfristig ist das Ziel, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Coronaimpfung – wie für andere Impfungen auch – übernehmen. Die Idee birgt jedoch Konfliktpotenzial. Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, mahnte gegenüber dem Handelsblatt einen „zeitlichen Vorlauf und angepasste Regelungen“ an.
Sie gehe zwar davon aus, dass die Coronaimpfung perspektivisch zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören werde. „Ziel sind auch hier patientensichere Impfschemata, marktübliche Impfstoffpreise und angemessene Vergütungen für die Beschaffung und das Impfen“, sagte sie.
>>> Lesen Sie hier: Wegen immer neuer Milliarden-Wünsche: Haushälter wollen Lauterbach bremsen
Allerdings klappe der „Übergang nicht von heute auf morgen“. Als Beispiel nennt Reimann Verhandlungen mit den Ärzten, die bislang 36 Euro für eine Coronaimpfung geltend machen können, für eine Grippeschutzimpfung allerdings nur acht Euro erhalten. Da ist Ärger mit den Hausärzten vorprogrammiert, denen Einnahmen wegfallen würden.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung äußerte sich zurückhaltender zu dem Thema. „Da die Pandemiebekämpfung eine Staatsaufgabe ist, ist auch die Finanzierung der Impfungen im Rahmen der Pandemiebekämpfung eine Aufgabe des Staates“, teilte ein Sprecher dem Handelsblatt mit.
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