Bundestag
Heute sollen so wenige Abgeordnete wie nötig kommen.
Bild: REUTERS
Die Bundesregierung hat ein riesiges Rettungspaket auf den Weg gebracht. Doch was haben die Abgeordneten in der historischen Sitzung genau beschlossen? Ein Überblick.
Berlin In einer Sitzung unter nie da gewesenen Umständen hat der Bundestag an diesem Mittwoch die Weichen für die Rettung von Firmen und den Schutz der Menschen in der Coronakrise (Die aktuellen Ereignisse lesen Sie im Newsblog). Hier ein Überblick über die verabschiedeten Notmaßnahmen und Schutzschirme:
Festgestellt wurde eine Notlage in Deutschland durch die Coronavirus-Epidemie. Dahinter verbergen sich verstärkte Befugnisse des Bundes beim Infektionsschutz. In demselben Gesetz ist auch geregelt, dass Eltern Geld bekommen sollen, wenn sie durch Verdienstausfall wegen Kita- oder Schulschließungen zu Hause bleiben müssen.
Gebilligt wurde die Pläne der Bundesregierung für einen 600 Milliarden Euro umfassenden Schutzschirm für größere Firmen. Der Staat will in großem Umfang Garantien geben und notfalls wichtige Unternehmen auch ganz oder zum Teil verstaatlichen. Wenn die Krise vorbei ist, sollen sie wieder privatisiert werden. Profitieren können nicht alle Unternehmen, sondern nur solche mit hohen Umsatzerlösen oder mehr als 250 Mitarbeitern. Kleinere Firmen sollen nur im Einzelfall unter den Schutzschirm schlüpfen – wenn sie für die Infrastruktur besonders wichtig sind.
Auch für die gibt es Hilfen, sie müssen allerdings nicht im Bundestag beschlossen werden. Bereits gestartet ist ein unbegrenztes Kreditprogramm über die staatliche Förderbank KfW. Außerdem können die Unternehmen ihre Steuern später begleichen. Ausgezahlt über die Länder sollen kleine Firmen und Selbstständige, Musiker, Fotografen, Heilpraktiker oder Pfleger, die gerade kaum Kredite bekommen, zudem direkte Finanzspritzen erhalten. Je nach Unternehmensgröße sind das für drei Monate 9000 bis 15.000 Euro.
In so einer Situation dürfe man nicht knausrig sein, hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zu verstehen gegeben. Im Klartext heißt das: Der Bund will in diesem Jahr so viele Schulden aufnehmen wie noch nie. Der Bundestag hat dazu am Mittwoch seine Erlaubnis gegeben, der Bundesrat soll abschließend am Freitag zustimmen. Das Finanzministerium rechnet mit Kosten für die Hilfsprogramme von 122,8 Milliarden Euro. Zugleich kommen wohl 33,5 Milliarden Euro weniger Steuern rein. Deshalb plant Scholz eine Neuverschuldung von 156,3 Milliarden Euro. Das sind rund 100 Milliarden mehr, als die Schuldenbremse im Grundgesetz erlaubt. Der Bundestag hat deshalb am Mittwoch eine Notfallregelung in Kraft gesetzt, die ausnahmsweise das Schuldenmachen erlaubt.
Hier greift die Regierung zum bewährten Mittel aus der Finanzkrise 2008/2009 – der Kurzarbeit. Wenn es nichts mehr zu arbeiten gibt, kann ein Unternehmen die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken - die Bundesagentur für Arbeit übernimmt 60 Prozent des Lohns, bei Menschen mit Kindern 67 Prozent. Die Unternehmen bekommen Sozialbeiträge erstattet. Kurzarbeitergeld kann künftig fließen, wenn nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind – statt wie bisher ein Drittel. Auch Zeitarbeitsunternehmen können die Leistung anzeigen.
Das ist unklar. Die Regierung geht von 2,15 Millionen Fällen von konjunkturellem Kurzarbeitergeld aus – Kostenpunkt: 10,05 Milliarden Euro. Aber Experten meinen: Selbst solche hohen Zahlen sind zu niedrig angesetzt. In einigen Branchen wie der Metall- und Elektroindustrie und der Systemgastronomie stocken die Unternehmen das Kurzarbeitergeld auf.
Ja. Mietern darf nicht mehr gekündigt werden, weil diese wegen der Corona-Krise die Miete nicht zahlen können. „Der Zusammenhang zwischen Covid-19-Pandemie und Nichtleistung wird vermutet“, heißt es im entsprechenden Entwurf. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete soll aber im Grundsatz bestehen bleiben.
Wer Hartz IV beantragt, soll zunächst keine Vermögensprüfung oder Prüfung der Höhe der Wohnungsmiete fürchten müssen. Die Regierung rechnet damit, dass es bis zu 1,2 Millionen zusätzliche Grundsicherungsbezieher geben wird – und dadurch zehn Milliarden Euro Mehrkosten. Familien mit Einkommenseinbrüchen sollen leichter an den Kinderzuschlag kommen: Geprüft werden soll statt des Einkommens aus den letzten sechs Monaten nur das vom letzten Monat. Eltern mit wegbrechendem Einkommen wegen Kinderbetreuung sollen Hilfen bekommen.
Eine ganze Reihe weiterer Schritte, etwa eine große Finanzspritze für die Krankenhäuser von mehr als drei Milliarden Euro. Der Bund bekommt mehr Kompetenzen beim Seuchenschutz, das Insolvenzrecht wird gelockert, so dass Firmen nicht so schnell pleite gehen. Für besonders wichtige Branchen gibt es auch Lockerungen beim Arbeitszeitgesetz.
Um auch in der Coronakrise handeln zu können, wird der Bundestag zudem künftig schon beschlussfähig sein, wenn lediglich mehr als ein Viertel der Abgeordneten anwesend ist, beschloss das Parlament am Mittwoch mit nur drei Enthaltungen aus den Reihen der AfD-Fraktion. Bislang lag die Grenze für die Beschlussfähigkeit bei mehr als der Hälfte der Abgeordneten (355). Künftig sind nur noch 178 Parlamentarier erforderlich.
Diese Änderung der Geschäftsordnung soll bewirken, dass der Bundestag auch dann noch beschlussfähig ist, wenn womöglich viele Abgeordnete unter Quarantäne stehen und nicht an Sitzungen teilnehmen können. Die Regelung ist bis zum 30. September dieses Jahres befristet.
An diesem Mittwoch hat das Parlament beraten und beschlossen. Der Bundesrat kommt ebenfalls noch an diesem Mittwoch und dann am Freitag zu Sondersitzungen zusammen.
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