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10.07.2019

21:32

Daniel Zimmermann

Monheims Bürgermeister will den Nahverkehr der Stadt kostenlos machen

Von: Julian Olk

Ab April 2020 sollen alle Monheimer die Busse der Stadt ohne Ticket fahren dürfen. Es ist nicht der erste unkonventionelle Vorstoß des Bürgermeisters.

Der Bürgermeister von Monheim weiß sich zu verkaufen. dpa

Daniel Zimmermann

Der Bürgermeister von Monheim weiß sich zu verkaufen.

Düsseldorf Mit einem konventionellen Kommunalpolitiker hat Daniel Zimmermann wahrlich wenig zu tun. Auf seinem Instagram-Profil posiert der 37-Jährige meist in Hemd oder T-Shirt. 345 Beiträge hat er dort veröffentlicht, mal von öffentlichen Terminen, mal von Konzerten, so manches Selfie. Und auch sonst ist Zimmermann jemand, der mit altgedienten Strukturen nicht viel anfangen kann. Das hat er in seiner zwölfjährigen Amtszeit als Bürgermeister von Monheim schon mehrfach bewiesen.

Sein neuestes Projekt: Der öffentliche Personennahverkehr in der rheinländischen 44.000-Einwohner-Stadt zwischen Düsseldorf und Köln soll kostenlos werden. Ab April 2020 sollen alle Einwohner Monheims mit den 47 Bussen der Stadt ohne Ticket fahren dürfen. Es wäre der größte Gratis-Nahverkehr, den es in Deutschland jemals gegeben hätte. „Ich hoffe, dass der Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs am Gesamtverkehr dadurch steigt“, sagt Zimmermann dem Handelsblatt.

Der Stadtrat stimmte am Mittwochabend einstimmig für das Vorhaben. Für die Umsetzung der Entscheidung fehlt jedoch noch das grüne Licht des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr. Dies könnte im Spätsommer passieren.

Bereits zur Schulzeit gründete Zimmermann 1998 die Partei Peto, was im Lateinischen für „Ich fordere“ steht. Seine politischen Forderungen brachte Zimmermann mit Anfang 20 erstmals in den Monheimer Stadtrat ein. Bürgermeister der Stadt wurde er 2009 als 27-Jähriger, der jüngste hauptamtliche Bürgermeister Nordrhein-Westfalens.

Bis heute hätten andere Ratsmitglieder Vorurteile aufgrund seines Alters, sagt Zimmermann: „Aber ich habe gelernt, damit umzugehen.“ Derartige Vorurteile gibt es unter den Monheimer Bürgern kaum: 2014 wurde Zimmermann mit 94,6 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.

Monheim ist ein florierender Wirtschaftsstandort

Das Wahlergebnis ist vor allem auf die Beliebtheitswerte von Zimmermann zurückzuführen. „Unsere politische Führung beweist Weitsicht und Pragmatismus zum Wohl unserer Bürger“, sagt ein Bürger zum Nahverkehrs-Vorhaben. Der gebürtige Düsseldorfer Zimmermann weiß, wie er sich darstellen muss. Das gilt nicht nur für soziale Netzwerke wie Instagram, sondern auch für öffentliche Auftritte. Zimmermann redet eloquent, aber nicht flapsig. Das gesteht sich selbst die Opposition ein.

„Der Bürgermeister glänzt mit seinem klugen Auftreten und kommt stets locker daher, das macht ihn beliebt“, sagt Norbert Stapper von den Monheimer Grünen. Und Zimmermann weiß sich zu verkaufen, macht bei politischen Vorhaben klar, dass sie aus seiner Feder stammen. Das nehmen nicht alle positiv auf.

„Mit seiner stetigen Kommunikation über die Öffentlichkeit übergeht der Bürgermeister immer wieder den Rat und macht diesen so lächerlich“, poltert Lars van der Bijl, Vorsitzender der CDU Monheim. Van der Bijl will bei der nächsten Bürgermeister-Wahl 2020 gegen Zimmermann antreten.

Bei den Bürgern beliebt ist Zimmermann auch, weil Monheim unter ihm zu einem florierenden Wirtschaftsstandort geworden ist. Obwohl die Stadt zum Zeitpunkt seines Amtsantritts wirtschaftlich miserabel dastand, halbierte er den Gewerbesteuer-Hebesatz nahezu.

Das lockte zahlreiche Unternehmen in die Rheinstadt, die Steuereinnahmen sprudeln seitdem. Zwischen lauter klammen Kommunen in Nordrhein-Westfalen kam Monheim 2018 auf einen Jahresüberschuss von fast 30 Millionen Euro. Doch Kritiker mahnen, dass er damit einen ruinösen Wettbewerb mit den Nachbarkommunen angezettelt hat. „Das ist ein Steueroase-Modell und sowas geht nicht in Ordnung“, sagt Stapper von den Grünen.

Für das Nahverkehrs-Vorhaben kommt die gute Haushaltslage dem Bürgermeister jedenfalls entgegen. Zimmermann kann es sich so erlauben, den Erlösausfall von jährlich 2,5 bis drei Millionen Euro für den kostenlosen Nahverkehr aus dem Etat der Stadt zu zahlen.

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