Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis Mitte Oktober ein neues Ticket entwickeln. Es bleibt nur ein Problem: Die Länder wollen mehr Geld vom Bund.
U-Bahn in Berlin
Eine Arbeitsgruppe soll an einem neuen deutschlandweit gültigen Nahverkehrsticket arbeiten.
Bild: IMAGO/Sabine Gudath
Berlin Bund und Länder wollen bis Mitte Oktober eine Lösung finden, ob und in welcher Form es nach dem Neun-Euro-Ticket ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket geben kann. Das erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen.
Um eine Nachfolgelösung für ein „Deutschlandticket“ (Arbeitstitel) zu finden, wollen Bund und Länder auf der Verkehrsministerkonferenz an diesem Montag beschließen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, vermutlich auf Ebene der Staatssekretäre. Diese sollen Modellrechnungen erstellen und so einen möglichen Tarif ermitteln, wie es hieß. Auf der nächsten regulären Verkehrsministerkonferenz, am 12. und 13. Oktober, soll die Arbeitsgruppe dann einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten. Allerdings bezweifeln Branchenkenner, dass das Ticket dann schon, wie von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erhofft, zum 1. Januar 2023 angeboten wird.
Ohnehin ist der Plan noch nicht beschlossene Sache. So hatte Minister Wissing sich nur unter der Bedingung bereit erklärt, im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro für eine Nachfolgelösung bereitzustellen, wenn die Länder sich mindestens in gleicher Höhe beteiligen. Allerdings sind mehrere Länder dazu nicht bereit, etwa Flächenländer wie Brandenburg, in denen vielfach in manchen Regionen kein Nahverkehr existiert.
„Die einzigartige Chance, den umweltfreundlichen Nahverkehr mit dem Deutschlandticket noch attraktiver zu machen, darf nicht verspielt werden“, warnte der Eisenbahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP). „Obwohl nicht zuständig, macht der Bund den Ländern das Angebot, die Einführung eines Deutschlandtickets mit 1,5 Milliarden Euro jährlich kozufinanzieren. Es ist zu hoffen, dass die Länder, die ja nach dem Grundgesetz für den öffentlichen Nahverkehr zuständig sind, dieses Angebot unvoreingenommen prüfen und konstruktive eigene Finanzierungsvorschläge machen“, sagte Theurer dem Handelsblatt. Er verwies darauf, dass das Angebot des Bundes „in schwierigster Zeit und trotz vielfältiger anderer eigener Verpflichtungen des Bundes“ erfolge.
Laut Grundgesetz steht den Ländern „ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundes zu“, um den Nahverkehr zu organisieren. Sie sind unter anderem zuständig, Tarife zu entwickeln und Nahverkehrsleistungen auszuschreiben.
Die Länder fordern seit Langem mehr Geld für den Nahverkehr und verweisen dabei auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP im Bund. Danach will der Bund die Mittel für den Nahverkehr in den nächsten Jahren anheben. Die sogenannten Regionalisierungsmittel liegen derzeit bei rund zehn Milliarden Euro. Der Haushaltsentwurf des Bundes für 2023 sieht hingegen nicht die verlangte Erhöhung der Mittel vor.
Dies hat bereits für reichlich Verdruss unter den Bundesländern gesorgt. So hatten die Länder bereits auf vergangenen Verkehrsministerkonferenzen allein für 2022 und 2023 jeweils 1,65 Milliarden Euro mehr verlangt. Diese Forderung wollen sie nun auf der Konferenz am Montag erneuern – und zur Bedingung für weitere Gespräche über ein neues deutschlandweites Ticket machen. Minister Wissing wird an der Konferenz teilnehmen.
Die Länder fordern das Geld, um die gestiegenen Energie- und Bau- sowie die Personalkosten im Nahverkehr zu kompensieren und um ihren Nahverkehr zu modernisieren. Da die Stadtwerke vor Ort angesichts der Strom- und Gaspreise massiv unter Druck stehen, fallen sie als Finanzier des Nahverkehrs aus. Einige Verkehrsunternehmen und -verbünde haben bereits angekündigt, die Ticketpreise anzuheben und notfalls auch weniger Bus- und Bahnverkehr anzubieten.
Auch die Deutsche Bahn AG hat bereits angekündigt, die Preise im kommenden Jahr zu erhöhen. Sie allein rechnet mit höheren Stromkosten in Höhe von zwei Milliarden Euro.
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