Der Wirtschaftsminister will die Förderung für Hybridautos schnell beenden. Damit stellt er sich gegen den Koalitionsvertrag – und sorgt für Ärger in Ampel und Wirtschaft.
Robert Habeck (l.) und Volker Wissing
Der Wirtschaftsminister will die Förderung für Plug-in-Hybride streichen. Macht der Verkehrsminister da mit?
Bild: Getty Images
Berlin Robert Habecks Plan, die Förderung für Hybridautos vorzeitig zu beenden, trifft auf heftigen Widerstand. „Eine finale Entscheidung gegen die Förderung von Hybriden gefährdet den Hochlauf der Elektromobilität und damit den Standort Deutschland“, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Ähnlich äußerte sich der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). Mit dem Vorhaben werde „Vertrauen, das auch durch die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag entstanden ist, nachhaltig zerstört“, wie VDIK-Präsident Reinhard Zirpel erklärte. „Die öffentliche Förderung ist nach wie vor erforderlich, um die Plug-in-Hybride gegenüber thermisch betriebenen Fahrzeugen wettbewerbsfähig zu halten.“
Auch der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bernd Reuther, erklärte: „Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien vereinbart, die Innovationsprämie auch für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge fortzuführen. Es gibt keinen Grund, jetzt von dieser Vereinbarung abzurücken.“ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Esra Limbacher zeigte sich befremdet über die „höchst irritierenden“ Pläne. „Ich gehe davon aus, dass sich auch die politische Spitze des Bundeswirtschaftsministeriums an die Absprachen des Koalitionsvertrags hält“, sagte er. Dort sei vereinbart, die Förderung schrittweise zu senken und nicht sofort.
Auslöser des Streits sind Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Habeck will die Förderung für Hybride Ende des Jahres auslaufen lassen. Im Koalitionsvertrag lautete der Kompromiss zwischen SPD, Grünen und FDP noch, ab 2023 bloß Hybride mit einem „nachweislich positiven Klimaschutzeffekt“ zu fördern. Das sollte an der Reichweite festgemacht werden, die ein Auto mit seinem Elektromotor schafft.
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Unklar ist noch, wie sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu Habecks Vorstoß positioniert. Das Ministerium wollte sich zur laufenden Ressortabstimmung nicht äußern. Im Verkehrsministerium gibt es zwei Lager. Transformation müsse bezahlt werden, auch sei die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag, die Nutzung der Batterie in Hybridfahrzeugen zu kontrollieren, kein Problem, sagen die einen. „Natürlich kann man das sehr einfach umsetzen.“
Die anderen halten das Ende der Förderung für richtig, da sie immer nur temporär sein dürfe und der E-Auto-Markt inzwischen in Schwung gekommen sei. „Also muss auch mal Schluss sein“, heißt es in diesem Lager.
Für Habecks Abweichen vom Kompromiss gibt es unterschiedliche Versionen. Der Plan im Koalitionsvertrag würde „zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand führen“, heißt es aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums. Schnittstellen und das Auslesen der Reichweite am Auto sowie ein erhöhter administrativer Aufwand für die Behörden seien nötig, außerdem Datenschutzfragen zu klären.
Doch aus Ministeriumskreisen ist auch zu hören, dass dieses Argument nur Nebensache sei. Vor allem sehe man keinen Grund mehr für eine weitere Förderung von Hybriden mit Blick auf den Klimaschutz und die hohen Gewinne, die die Autohersteller derzeit schrieben. Da kämen die technischen Hindernisse als Argumentationsstütze gelegen.
Für diese Version spricht auch ein Papier aus dem Wirtschaftsministerium, das dem Handelsblatt vorliegt. Im Ministerium hatte es demnach bereits einen Entwurf für die Förderrichtlinie gegeben, mit dem der Koalitionsvertrag umgesetzt worden wäre.
Hybride wären demnach nur förderfähig gewesen, wenn sie CO2-Emissionen je gefahrenen Kilometer von maximal 50 Gramm oder eine elektrische Reichweite von mindestens 60 Kilometern aufgewiesen hätten. Doch schon in diesem Entwurf wurden die Zweifel im Ministerium deutlich, denn darin hieß es weiter: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Förderkriterien für [Hybridfahrzeuge] künftig […] angepasst werden.“
Habeck selbst formuliert es am Mittwoch diplomatischer. „Plug-in-Hybride sind unserer Meinung nach marktgängig und brauchen keine öffentliche Förderung mehr“, sagte er den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“.
Aussagen von VDA-Präsidentin Müller stützen die Version, dass die technische Umsetzbarkeit des Kompromisses nur vorgeschoben sei. „Technisch wäre es kein Problem gewesen, die Autoindustrie hat dazu auch Vorschläge unterbreitet – allerdings erfolgte keine verbindliche Definition der Kontrolle seitens der Ministerien“, sagte Müller dem Handelsblatt.
Beim Koalitionspartner kommt das nicht gut an. Jedes elektrisch betreibbare Fahrzeug leiste einen Beitrag zu den Klimazielen, sagte FDP-Politiker Reuther: „Wir müssen einen Umstieg auf solche Fahrzeuge so attraktiv wie möglich machen und diese Fahrzeuge entsprechend auch fördern.“
Genauso offen wie die Frage, ob das liberal geführte Verkehrsministerium sich dem anschließt, ist die Linie in der SPD. Die verkehrspolitische Sprecherin, Dorothee Martin, sagte dem Handelsblatt: „So richtig die Förderung für die Markteinführung ist und war, so richtig ist es, diesen Anreiz wieder abzubauen, wenn der Markt auch ohne diese Förderung funktioniert.“
Damit widerspricht sie ihrem Fraktionskollegen Limbacher, der betont, dass der Plan aus dem Koalitionsvertrag nicht an der Technik scheitere. „Aber die Grünen wollen nicht“, sagte er. Limbacher stammt aus dem Saarland. „Die ohnehin große Herausforderung der Transformation industrieller Wertschöpfungsketten würde bei einem sofortigen Wegfall der Förderung erheblich erschwert“, sagte er.
Die dortige Wirtschaftsministerin und künftige Ministerpräsidentin, Anke Rehlinger, hat in den Koalitionsverhandlungen den Passus zur Förderung der Plug-in-Hybride maßgeblich verhandelt. „Hybridmotoren sind eine wichtige Brücke in die automobile Zukunft und für den Wirtschaftsstandort Saarland von großer Bedeutung“, sagte die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende dem Handelsblatt. Die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages gäben den Unternehmen Zeit und würden zugleich die Klimabilanz verbessern, indem auf den elektrischen Anteil an der Fahrleistung abgehoben werde. „Das ist klug und abgewogen.“
Rehlinger verwies auf die schwierige Lage am Automobilstandort, wo etwa der größte Arbeitgeber ZF 9000 Menschen mit der Produktion von Motoren beschäftigt, , die sowohl elektrisch als auch mit fossilen Kraftstoffen fahren können. „Wir sollten gesunden, großen Unternehmen wie ZF, die den Strukturwandel gut meistern können, nicht unnötig die Brücken abreißen.“
Im Saarland sind besonders viele Unternehmen und damit Arbeitsplätze vom Verbrennungsmotor abhängig. Der Automobilzulieferer ZF etwa betreibt sein führendes Plug-in-Hybrid-Werk in dem Bundesland und will aus den Erlösen die Transformation hin zu vollelektrischen Fahrzeugen finanzieren.
Die EU-Kommission hat bereits 2020 eine Verordnung auf den Weg gebracht und im Anschluss mit den Automobilherstellern darüber verhandelt, wie künftig die Verbrauchsdaten von Fahrzeugen erfasst und an die Behörden übermittelt werden. Das neue Überwachungssystem soll einen neuen Abgasskandal vermeiden, wie es seinerzeit in Brüsseler Kommissionskreisen hieß.
Bei Hybridfahrzeugen soll sich zeigen, ob kurze Strecken wirklich elektrisch gefahren werden und somit der Umweltbonus gerechtfertigt ist. „Die Verfügbarkeit der aufgezeichneten Daten, nach Aggregation und Anonymisierung, wird auch das Verständnis des tatsächlichen Betriebs und des Kraftstoffverbrauchs von Plug-in-Hybridfahrzeugen verbessern“, hieß es in EU-Kreisen.
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