Der Fall Edathy zieht weitere Kreise. Ermittler beschweren sich, dass Ex-Innenminister Friedrich die SPD-Führung über mögliche Ermittlungen informiert hatte. Die Durchsuchungen hätten nun „nicht mehr gegriffen“.
Die Staatsanwaltschaft hat bei den Durchsuchungen in Büros und Wohnungen des SPD-Politikers Sebastian Edathy nur wenig Material gefunden.
Bild: dpa
Berlin Die Staatsanwaltschaft Hannover hat bei den Durchsuchungen in Büros und Wohnungen des SPD-Politikers Sebastian Edathy nur wenig Material gefunden. Bei den Aktionen am Montag sei man lediglich auf schriftliche Dokumente gestoßen, sagte am Donnerstag ein Vertreter der Ermittlungsbehörden der dpa in Hannover. Am Mittwoch sei dann ein Computer aus einem Büro in Edathys niedersächsischem Heimatort Rehburg mitgenommen worden. Weitere Rechner seien offensichtlich zuvor entfernt worden. „Wir sind in eine Situation gekommen, in der die Durchsuchungen nicht mehr gegriffen haben“, sagte der Ermittler, nachdem bekanntgeworden war, dass die SPD-Spitze schon im Herbst vom Verdacht erfahren hatte. „Das grenzt an Strafvereitelung.“
Wegen „des möglichen Verrats von Dienstgeheimnissen und wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt“ müsse die Staatsanwaltschaft in Niedersachsen umgehend Ermittlungen gegen den früheren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und andere Beteiligte aufnehmen. Das forderte der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki im Gespräch mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe). „Wenn da nicht sofort gehandelt wird, dann ,Gute Nacht Deutschland!'“, sagte Kubicki. Sein Parteikollege, der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag, Carsten Biesok, erstattete am Donnerstag Strafanzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft, wie er auf seiner Facebook-Seite schreibt.
Der Vize-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, forderte Aufklärung: „Der im Raum stehende Vorwurf der Strafvereitelung im Amt wiegt äußerst schwer. Das Thema bedarf daher zweifellos einer sehr präzisen Aufarbeitung“, sagte von Notz Handelsblatt Online. Auch vor dem Hintergrund der herausgehobenen Rolle von Edathy bei der parlamentarischen Aufklärung der Versäumnisse der Strafverfolgungsbehörden im NSU-Skandal sei die Frage relevant, zu welchem Zeitpunkt BKA, andere Sicherheitsbehörden und das Innenministerium über die Verdachtsmomente gegen den Abgeordneten informiert waren. Als „hoch problematisch und erklärungsbedürftig“ bezeichnete es von Notz in diesem Zusammenhang, „wenn sich bewahrheiten sollte, dass Oppermann vom Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, über die sensible Faktenlage informiert wurde“.
Eine Strafvereitelung begeht, wer absichtlich oder wissentlich die Bestrafung einer rechtswidrigen Tat verhindert. Vertreter von Strafverfolgungsbehörden wie Richter, Staatsanwälte oder Polizisten machen sich in einem solchen Fall einer Strafvereitelung im Amt schuldig. Geschehen kann dies etwa durch Untätigkeit der Behörden oder Behinderung der Ermittlungsarbeit. Das Strafgesetzbuch sieht dafür in den Paragrafen 258 (Strafvereitelung) und 258a (Strafvereitelung im Amt) sechs Monate bis zu fünf Jahre Haft vor. Schon der Versuch ist strafbar. Nicht belangt wird dagegen, wer eine Strafe für sich selbst oder einen Angehörigen vereitelt.
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Der Kreis derer, die wussten, dass gegen Sebastian Edathy ermittelt wurde, war größer, als er je hätte sein dürfen. Der Fall hat es innerhalb weniger Stunden geschafft, von der Provinzposse zur Staatsaffäre zu werden.
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Kommentare (8)
Kantinenfuzzi
13.02.2014, 12:28 Uhr
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.
Notar
13.02.2014, 12:34 Uhr
Zitat : Die Informationen wurden vertraulich behandelt, um mögliche Ermittlungen nicht zu gefährden.
- plausibler klingt doch eher die Argumentation, die vertrauliche Behandlung eines Pädophilen sollte der SPD nicht schaden.........?
Und wenn dieses Unschuldslamm so seine Unschuld beteuert, warum tritt er denn von allen seinen Ämtern zurück ?
[...] ! Beitrag von der Redaktion editiert. Bitte achten Sie auf unsere Netiquette: „Nicht persönlich werden“ http://www.handelsblatt.com/netiquette
Account gelöscht!
13.02.2014, 12:50 Uhr
Die Parteifreunde wußten schon längst Bescheid, werden ihrem Kumpel aber wohl nichts von den Ermittlungen erzählt haben. Durchsuchungen der STA mit vierteljährlicher Vorwarnzeit dürften relativ sinnlos sein.