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22.09.2022

14:01

Elektroautofabrik in Grünheide

Umstrittene Batterie-Strategie: Brandenburgs Ministerpräsident trifft Tesla-Manager in den USA

Von: Daniel Delhaes, Silke Kersting, Dietmar Neuerer

Teslas neue Batteriestrategie hat in Deutschland für viel Aufregung gesorgt – aus Sorge um das Werk in Grünheide. Nun hat sich die Landesregierung direkt an den E-Auto-Bauer gewandt.

Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg dpa

Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg

Als Produktionsziel gab das Unternehmen 500.000 Elektroautos pro Jahr aus.

Berlin Der US-Elektroautohersteller Tesla hat dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) versichert, dass die in Grünheide bei Berlin geplante Batteriefabrik für eine eigene Zellfertigung nicht gestrichen wird.

Woidke habe in Washington „hochrangige Vertreter von Tesla getroffen“, sagte Regierungssprecher Florian Engels dem Handelsblatt. Bei dem „sehr konstruktiven Gespräch“ sei erklärt worden, dass die Fabrik in Grünheide weiter ausgebaut werde.

Woidke und Landeswirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) halten sich seit Sonntag in den USA auf und werben dort noch bis Freitag für den Industriestandort Brandenburg. Steinbach schrieb auf Twitter, Teslas Engagement in Grünheide bleibe unverändert, insbesondere was Ausbaupläne für die Automobilfertigung betreffe. „Die Batteriefabrik wird fertiggestellt“, so Steinbach. Zwar stünden noch „interne Prozessmodifikationen und Priorisierungen“ an. „Doch die Fabrik kommt.“

Tesla bestätigte zwar den Strategieschwenk gegenüber Partnern in der Region Grünheide und nahm dabei Bezug auf die in Aussicht stehenden US-Fördermittel. An den Bauplänen für die Batteriefabrik in Grünheide sollte sich aber nichts ändern.

Auswirkungen von US-Gesetz

Auf Kritik stießen vor allem die neuen US-Subventionen für den Elektroautokauf, mit denen die Nachfrage für solche Fahrzeuge weiter angekurbelt werden soll. Der Vorsitzende des mächtigen Handelsausschusses des EU-Parlaments, Bernd Lange (SPD), sah darin ein „typisches Beispiel“ dafür, dass die USA ihren eigenen Interessen Vorrang einräumten und „Verbündeten vor den Kopf stoßen“. Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach sprach im „Tagesspiegel“ gar von einem „Angriff auf den europäischen Markt“.

Hintergrund ist der von US-Präsident Joe Biden jüngst unterzeichnete „Inflation Reduction Act“. Die Regelung ist Teil eines großen Reformpakets, das Bidens Demokraten im Sommer nach langen internen Querelen verabschiedet haben.

Ein besonders großer Teil des Pakets betrifft die Förderung erneuerbarer Energien, worunter auch die Subventionierung von Elektroautos zählt. Ab dem 1. Januar 2023 werden die Maßnahmen in Kraft treten und sollen bis 2032 gelten. Mit dem neuen Gesetz will die US-Regierung Elektroautos nur noch dann mit maximal 7500 Dollar Steuernachlass fördern, wenn sie in den USA zusammengebaut werden. Auch die Batterien müssen demnach überwiegend dort gefertigt werden.

Tesla erklärte daraufhin mit Blick auf den Standort Grünheide, die Priorität für die Batteriefertigung solle nun zunächst in den USA liegen. Demnach soll die Produktion im Werk in Austin (Texas) schneller hochgefahren werden als geplant. Aus Deutschland könne dies mit der Lieferung von Teilen und mit Ingenieuren unterstützt werden. Idealerweise würden beide Batteriefabriken so schnell wie möglich hochgefahren.

In Grünheide werden seit März Elektroautos hergestellt. Der Bau der Batteriefabrik ist schon weit fortgeschritten – der Zeitplan für eine Eröffnung war aber unklar. Tesla-Chef Elon Musk wollte das Werk bei Berlin auch zur weltgrößten Batteriefabrik machen, wie er im November 2020 sagte.

In Grünheide werden seit März Elektroautos hergestellt. dpa

Batteriefabrik der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg

In Grünheide werden seit März Elektroautos hergestellt.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sieht die möglichen Auswirkungen des neuen US-Gesetzes ebenfalls kritisch. Er halte es für richtig, das Gesetz vor dem Hintergrund der WTO-Regeln zu prüfen. „Das sollte zum Schutz der deutschen und europäischen Wirtschaft mit Nachdruck geschehen“, sagte Althusmann dem Handelsblatt.

Dahinter dürfte auch der Umstand stehen, dass Volkswagen seinen Hauptsitz im niedersächsischen Wolfsburg hat. Dort will der Konzern sein neues Werk für das künftig zentrale Elektromodell Trinity bauen.

„Europäischen Standort für Produktionen attraktiver gestalten“

Die EU-Kommission behält sich vor, die USA vor der Welthandelsorganisation WTO zu verklagen. Er habe seine Bedenken in einem Gespräch mit der US-Handelsbeauftragten Katherine Tai zum Ausdruck gebracht, sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis kürzlich am Rande eines Treffens der Handelsminister der G7-Staaten im deutschen Neuhardenberg.

In den USA führte Woidke ein „sehr konstruktives Gespräch“ mit Tesla-Managern. imago images/Political-Moments

Dietmar Woidke

In den USA führte Woidke ein „sehr konstruktives Gespräch“ mit Tesla-Managern.

Tai erklärte im Handelsblatt-Interview, die USA hätten die Kritik ihrer Handelspartner vernommen. Die Gespräche mit Dombrovskis über die US-Steuergutschriften für Elektrofahrzeuge würden fortgesetzt. „Wir wollen immer eine offene Kommunikationslinie mit unseren Verbündeten haben.“ Mögliche Kompromisse deutete Tai nicht an.

Althusmann gab zu bedenken, dass eine funktionierende Batterieproduktion einen sicheren Standort, günstige Energie, Rohstoffbezugsquellen und sichere Lieferketten brauche. Das sei auch in den USA derzeit ein „massives“ Problem. Die EU-Kommission müsse deshalb „alles daransetzen, den europäischen Standort für Produktionen attraktiver zu gestalten“.

Zwar fördere Brüssel die Anstrengungen für die Batterieproduktion in der EU bereits mit dem Programm „Fit for 55“. Über 20 Milliarden Euro seien in Programmen mit gemeinsamen europäischen Interessen (IPCEI) bereits genehmigt. „Finanzielle Unterstützungen sind jedoch längst nicht alles“, betonte der Minister. „Wir brauchen daher einen Energiepreisdeckel sowie intensivere außenwirtschaftliche Aktivitäten in wichtigen Bezugsländern.“

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