Die Bundesregierung reagiert auf drohende Energie-Engpässe und ruft die Frühwarnstufe beim Notfallplan Gas aus. Russland spielt im Rubel-Streit offenbar auf Zeit.
Die Bundesregierung bereitet sich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung in Deutschland vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief deswegen am Mittwoch in Berlin die „Frühwarnstufe“ des sogenannten Notfallplans Gas aus.
Die EU-Kommission sei darüber informiert worden. Der Schritt diene der Vorsorge. Habeck betonte, derzeit würden alle Verträge eingehalten, russisches Gas ströme nach wie vor nach Deutschland. „Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe“, sagte Habeck. Dennoch müsse Deutschland „für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet sein“.
Habecks Entscheidung folgt auf die Ankündigung Russlands, für Gaslieferungen künftig auf Bezahlung in Rubel zu bestehen. Die Europäer lehnen diese Forderung ab. Auch die Energieminister der G7-Staaten hatten bei ihrem Treffen am Montag unter Habecks Vorsitz beschlossen, sich nicht auf die Forderung Russlands einzulassen. Bislang werden russische Gaslieferungen in Euro oder Dollar abgerechnet.
Russland wolle die Ankündigung ungeachtet der Kritik umsetzen, sagte Habeck. Die russische Seite werde am morgigen Donnerstag eine gesetzliche Regelung vorstellen, in der die Pflicht zur Zahlung in Rubel festgeschrieben wird. Wenn die Zahlung nicht in Rubel erfolgt, soll die Belieferung mit Gas demnach eingestellt werden.
Habeck warf der russischen Seite erneut Vertragsbruch vor. Putin versuche, „die Sanktionen zu brechen“, indem er auf Zahlung in Rubel bestehe, sagte der Wirtschaftsminister. Man werde das nicht akzeptieren. Am Mittwochmittag kündigte Russland schließlich an, die verlangte Zahlung von Gaslieferung in Rubel nicht unmittelbar am Donnerstag umsetzen zu wollen. Die Umstellung solle schrittweise erfolgen, teilte das russische Präsidialamt mit.
Laut dem Notfallplan Gas gibt es drei Krisenstufen. Die „Frühwarnstufe“ ist die erste dieser drei Stufen. Darauf folgen die „Alarmstufe“ und die „Notfallstufe“.
Die Frühwarnstufe wird aktiviert, wenn „konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise“ darauf vorliegen, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- beziehungsweise Notfallstufe führt. Die Frühwarnstufe geht im Wesentlichen mit einem verstärkten Monitoring der Versorgungssituation einher.
Habeck kündigte an, dass beim Wirtschaftsministerium ein Krisenstab aus Behörden und den Energieversorgern zusammenkommen werde. „Das Krisenteam analysiert und bewertet die Versorgungslage, sodass – wenn nötig – weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ergriffen werden können. Die Bundesregierung tut alles, um die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter zu gewährleisten“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.
Die Gesamtversorgung aller deutschen Gasverbraucher sei aktuell zwar gesichert, heißt es vonseiten des Ministeriums. „Dennoch ist ab sofort jeder Gasverbraucher – von der Wirtschaft bis zu Privathaushalten – auch gehalten, seinen Verbrauch so gut wie möglich zu reduzieren.“ Jede eingesparte Kilowattstunde Energie helfe, sagte Habeck bei einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen.
Die Gasversorger und die Betreiber der Gasleitungen sind nun verpflichtet, regelmäßig die Lage für die Bundesregierung einzuschätzen. Noch greife der Staat nicht ein, betont man im Ministerium.
Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilnetzbetreiber ergreifen nach dem Notfallplan zunächst „marktbasierte“ Maßnahmen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten. Damit sind etwa vertragliche Regelungen über Abschaltungen gemeint. So gibt es Unternehmenskunden, die mit ihrem Gaslieferanten unter bestimmten Bedingungen Lieferunterbrechungen vereinbart haben. Sie lassen sich die mögliche Unterbrechung der Lieferung honorieren. Doch die Potenziale solcher Abschaltungen sind begrenzt.
Auch der Rückgriff auf die Gasspeicher zählt zu den „marktbasierten“ Maßnahmen. Im Moment geht es jedoch vorrangig darum, die Speicher zu schonen und sie möglichst bis zum Beginn des nächsten Winters aufzufüllen.
Haushaltskunden sind nicht betroffen. Sie sind besonders geschützt und würden erst in allerletzter Konsequenz abgeschaltet.
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Kommentare (17)
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30.03.2022, 09:03 Uhr
Ärgerlich, hatte das keiner auf dem Plan, muss denn ständig in Talkshows martialischer, politisch komplett idiotischer Unsinn in die Welt gesetzt werden. Haben unsere Politiker denn vollständig den Sinn verloren für die politischen Folgen von narzistischem Geschwätz oder glauben sie sich denn schon wieder im Wahlkampf?