Der Porsche-Chef will sie selbst produzieren, andere finden sie überflüssig: E-Fuels. Ihre Zukunft in der EU ab 2035 ist ungewiss. Das müssen Sie über die neuartigen Kraftstoffe wissen.
Herstellung von E-Fuels
Das Wasserstoff Start-up Sunfire stellt synthetische Kraftstoffe her.
Bild: Sunfire
Berlin Im heißen Juli 2022 haben es E-Fuels sogar ins politische Kabarett geschafft. Die ZDF-Sendung „Die Anstalt“ berichtete über Porsche-Chef Oliver Blume. Dieser habe auf der jüngsten Betriebsversammlung stolz erzählt, dass ihm FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner „quasi stündlich“ über den Kampf für die E-Fuels in den Ampel-Koalitionsverhandlungen berichtet habe.
Lindner wies dies kategorisch zurück: Es habe „keinerlei Kontakt“ gegeben, schrieb er auf Twitter. In der Folge entschuldigte sich Blume: Er habe „falsche Worte“ gewählt, so dass „ein falscher Eindruck“ entstanden sei, sagte Blume der „Bild am Sonntag“. „Das tut mir leid.“
Unabhängig davon ist sein Interesse an den neuartigen Kraftstoffen: Porsche will zwar grundsätzlich auf Elektroantrieb umstellen. Nur der legendäre Porsche 911 soll weiter mit Verbrennungsmotor fahren – künftig dann eben mit umweltfreundlichen elektrobasierten Kraftstoffen, mit E-Benzin also. Daher baut Porsche in Chile eine Fabrik zur Herstellung ebendieser Kraftstoffe.
Denn auf EU-Ebene ist das Aus für Verbrenner-Neuwagen ab 2035 ausgemachte Sache. Auf Druck der FDP hat die Bundesregierung jedoch dafür gesorgt, dass dann auch noch Fahrzeuge zugelassen werden dürfen, die „exklusiv“ mit klimaneutralen Kraftstoffen, also E-Fuels, betrieben werden.
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Der Widerstand gegen E-Sprit in der EU ist allerdings groß. Die endgültige Entscheidung fällt nach der Sommerpause.
Doch was sind E-Fuels ganz genau, wie umweltfreundlich sind sie? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
E-Fuels (englisch: electrofuels) – sind synthetische Kraftstoffe, die zum Betrieb eines Verbrennungsmotors genutzt werden können. Sie werden mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt. Dieser Prozess wird als „Power-to-X“ bezeichnet. „Power“ steht für Strom, das „X“ wahlweise für Benzin, Diesel oder auch Kerosin. E-Benzin, E-Diesel oder E-Kerosin könnten dann ohne Probleme in den heutigen Motoren als Kraftstoff verwendet werden.
Die Verbrennung von E-Sprit erzeugt grundsätzlich ebenso viel umweltschädliche Abgase wie herkömmliche Kraftstoffe. Wenn jedoch der Strom zur Herstellung vollständig aus erneuerbaren Quellen stammt und zudem das notwendige CO2 aus der Atmosphäre, Biomasse oder Industrieabgasen stammt, also ohnehin schon vorhanden ist, wäre ihre Nutzung klimaneutral – aber eben nur dann.
Für normale Kunden sind synthetische Kraftstoffe bisher so gut wie nicht zugänglich. Es gibt nur kleinere Pilotanlagen für Forschung und Entwicklung, die nur minimale Mengen produzieren. Als einziger deutscher Autobauer investiert Porsche in die E-Fuel-Produktion – vor allem in der Hoffnung, noch lange den legendären Porsche 911 betreiben zu können.
Im windzerzausten Süden Chiles baut das Unternehmen für eine halbe Milliarde Euro eine Anlage, die mithilfe von Windstrom E-Fuels herstellen soll. Das Wirtschaftsministerium unterstützt das Projekt mit gut acht Millionen Euro.
Bei der Herstellung elektrobasierter Kraftstoffe müssen mehrere energiefressende Umwandlungsstufen durchlaufen werden; vor allem für die Herstellung des Wasserstoffes sind große Mengen Strom nötig. Daher ist die Energiebilanz von E-Fuels-Autos deutlich schlechter als die von E-Autos.
>> Lesen Sie hier: Das nahende Aus für E-Fuels trifft vor allem Porsche und die Zulieferer
Nach Angaben des Thinktanks Agora Energiewende kommen synthetische Kraftstoffe auf einen Wirkungsgrad von etwa 13 Prozent: Also lediglich 13 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie bewegen das Fahrzeug. Bei E-Autos sind es 69 Prozent.
Anders gesagt: Mit E-Fuels betankte Autos brauchen pro Kilometer fast fünfmal so viel Energie wie ein Batterie-Auto.
Nach Angaben der Bundesregierung betragen die Kosten von strombasierten Flüssigkraftstoffen mindestens 4,50 Euro pro Liter Dieseläquivalent, also im Vergleich zu einem Liter Diesel. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass die Produktionskosten drei bis sechsmal höher sind als die Marktpreise fossiler Kraftstoffe.
Da es aber bisher nur Pilotanlagen gibt, ist damit zu rechnen, dass die Produktion in Großanlagen deutlich günstiger wäre. Das hängt vor allem davon ab, wo E-Fuels produziert werden und wie teuer dort der Ökostrom ist. Das ist der Hauptgrund für Porsche, in Chile zu produzieren, wo fast dreimal so viel Wind weht wie an der Nordsee.
Das Fraunhofer-Institut für Energieinfrastruktur und Geothermie geht allerdings davon aus, dass sich die Weltmarktpreise für grünen Wasserstoff, der aus Ökostrom hergestellt wird, schon bis 2030 verdreifachen könnten. Der Import von E-Fuels aus Sonnen- oder Wind-Staaten sei also voraussichtlich „kein billiges Patentrezept“. Zwar sei die E-Fuel-Produktion etwa in Nordafrika oder dem Nahen Osten wegen der vielen Sonnenstunden attraktiv.
>> Lesen Sie hier: So wollen Autohersteller aus dem Verbrenner aussteigen
Zunehmende Kapital- und Transportkosten könnten diese Vorteile aber schnell schmälern oder sogar zunichtemachen. Die Bundesregierung erwartet, dass die Kosten für E-Fuels „auf absehbare Zeit bis in die 2030er-Jahre hinein auf jeden Fall deutlich über denen für fossile Kraftstoffe liegen werden“.
Die Ampelregierung hält E-Fuels für „unerlässlich, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen“, allerdings vor allem für Verkehrsträger, die „schwer zu elektrifizieren sind“, also etwa Flugzeuge, für die die erforderlichen Batterien viel zu schwer wären.
Verkehr
Die Verbrennung von E-Sprit erzeugt grundsätzlich ebenso viel umweltschädliche Abgase wie herkömmliche Kraftstoffe.
Bild: imago images/photothek
„Um perspektivisch das klimaneutrale Fliegen zu ermöglichen“, fördert sie sowohl die Erforschung als auch Vermarktung von E-Kerosin. Bei dessen Produktion fallen jedoch produktionstechnisch bedingt auch gewisse Mengen an E-Diesel und E-Benzin an, die dann etwa für Schiffe oder im Straßenverkehr genutzt werden könnten. Insgesamt fördert der Bund mehr als 30 Forschungsprojekte für synthetische Kraftstoffe und vier Projekte zu ihrer Herstellung.
Laut Gesetz muss ab 2026 Flugbenzin 0,5 Prozent E-Kerosin enthalten. Der Anteil steigt dann bis 2030 schrittweise auf zwei Prozent. Für Pkw, Lkw oder Schiffe gibt es keine direkten Vorgaben. Allerdings gibt es Regeln, wonach die Kraftstoffhersteller Benzin und Diesel einen bestimmten Anteil an umweltfreundlichen Kraftstoffen beimischen müssen. Das waren früher ausschließlich Biokraftstoffe und können heute auch E-Fuels sein.
Das Verbrenner-Aus in der EU ab 2035 soll nur für Neuwagen gelten. Selbst nach optimistischen Schätzungen gibt es dann aber noch 30 Millionen gebrauchte Verbrenner allein in Deutschland, die erst nach und nach verschwinden.
>> Lesen Sie hier: Airlines wehren sich gegen Vorgaben der EU zur Verwendung von Bio- und E-Kraftstoffen
Die Befürworter der E-Fuels argumentieren, die Klimawende sei nicht zu schaffen, wenn diese dann nicht zunehmend mit E-Sprit betrieben werden. Gegner meinen, die Nutzung von E-Fuels würde dafür sorgen, dass die alten Verbrenner länger als nötig im Betrieb blieben.
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