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21.04.2022

19:18

Entlastungspaket

Nahverkehr: Bund lehnt Forderungen der Landesverkehrsminister ab

Von: Daniel Delhaes

Die Nahverkehrsbetriebe hatten wegen der Energiepreise auf Geld vom Bund gehofft. Die Bundesregierung vertröstet sie hingegen mit Corona-Ausgleichszahlungen.

U-Bahn in Frankfurt dpa

U-Bahn in Frankfurt

Viele Verkehrsunternehmen sind durch die Coronapandemie finanziell geschwächt.

Berlin Der Hilferuf der Landesverkehrsminister war nicht zu überhören, und doch ist er verhallt: Auf ihrer letzten Sonderkonferenz im März stellten sie fest, dass die angesichts des Ukrainekriegs stark gestiegenen Energiepreise „eine außergewöhnliche, zusätzliche finanzielle Belastung für die Verkehrsunternehmen des ÖPNV sowie für die Aufgabenträger und Kommunen ebenso wie für den Ausbau und Erhalt der Verkehrsinfrastruktur darstellen“.

Etliche mittelständische Verkehrsunternehmen seien „von der Coronapandemie in ihrer Kapitaldecke ohnehin geschwächt, können diese Zusatzkosten im ÖPNV-Markt nicht zeitnah weitergeben und sind ohne kurzfristige Stützungsmaßnahmen in ihrer Existenz gefährdet“.

Die Minister fordern: Der Bund soll nicht nur den Coronarettungsschirm fortführen, mit dem er seit zwei Jahren die Mindereinnahmen ausgleicht. Die Länder wollen zusätzlich zu bereits geplanten Geldern 750 Millionen Euro jährlich – und mit ihnen die Verkehrsunternehmen.

„Zusätzlich sind insbesondere im Bereich Energiekosten als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine weitere dramatische Steigerungen zu verzeichnen. Diese werden auch nicht durch die im Koalitionsausschuss beschlossenen Steuersenkungen, die sich am europarechtlich zulässigen Rahmen orientieren, kompensiert, jedenfalls für zahlreiche Unternehmen, die keine langfristigen Liefervereinbarungen zu alten Preisen geschlossen haben“, wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen in einem Brief an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bereits Anfang April festgestellt hatte. Der Verband warnte: Notfalls könnten Verkehrsverträge von den Unternehmen „nicht länger erfüllt werden“.

Darüber hinaus sollte der Bund natürlich die Kosten für das übernehmen, was er mit dem zweiten Entlastungspaket wenige Tage zuvor beschlossen hatte: das Billigticket im Nahverkehr, das ab Juni für drei Monate jeweils für neun Euro zu haben sein soll, damit die Menschen nicht nur an den Zapfsäulen, sondern auch in Bus und Bahn weniger zahlen müssen.

Doch ganz so großzügig wird der Bund nicht sein. Dies geht aus dem Entwurf zum Regionalisierungsgesetz hervor, in dem all die Fragen rund um die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern beim Nahverkehr geklärt werden und der dem Handelsblatt vorliegt.

In Berlin heißt es, das Bundesfinanzministerium wehre sich mit Blick auf den Nahverkehr gegen weitere Entlastungen bei den Energiepreisen. Schließlich würden die Busunternehmen auch von den ab Juni für ebenfalls drei Monate gesenkten Spritpreisen profitieren. So soll der Dieselpreis um 14 Cent sinken.

Ministerium verspricht Überarbeitung

Entsprechend werden die Länder nach den derzeitigen Plänen einmalig 3,7 Milliarden Euro erhalten. „Die Summe setzt sich zusammen aus 1,2 Milliarden Euro für den Ausgleich pandemiebedingter finanzieller Nachteile und 2,5 Milliarden Euro für weitere Maßnahmen einschließlich der Umsetzung des „9 für 90“-Tickets“, heißt es in dem Entwurf.

Die zusätzlich von den Ländern geforderten Gelder sind in dem Entwurf nicht enthalten. Ein Sprecher des Bundesministeriums erklärte auf Nachfrage: „Wir arbeiten an einer Überarbeitung des Regionalisierungsgesetzes. Dabei geht es darum, noch offene Fragen zu klären, unter anderem die nach den Energiekosten.“

Bei dem Entwurf handelt es sich um eine Formulierungshilfe, die die Fraktionen der Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP in den Bundestag einbringen sollen. Er wird noch in dieser Woche abschließend von den Staatskanzleichefs der Bundesländer beraten.

Die Zeit ist knapp, da das Ticket ab Juni erhältlich sein soll und die Unternehmen noch Vorbereitungen treffen müssen. Entsprechend ambitioniert sieht der Zeitplan aus: Die Formulierungshilfe soll das Bundeskabinett bereits in der kommenden Woche beschließen, am 10. Mai dann die Koalitionsfraktionen, um es dann in der Woche erstmals im Bundestag zu beraten und dann – nach einer Anhörung im Verkehrsausschuss – eine Woche später, am 19. Mai, zu beschließen. Einen Tag später soll der Bundesrat zustimmen.

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