Im Streit über das Ende für Verbrenner-Autos scheinen sich die Ampelparteien weiterhin nicht einig zu sein. Verkehrsminister Wissing macht sich für synthetische Kraftstoffe stark.
Berlin Volker Wissing (FDP) hat beim ersten Treffen mit seinen europäischen Kollegen im Verkehrsministerrat neue Verwirrung gestiftet. In Paris erklärte der Bundesverkehrsminister am Dienstag, die deutsche Regierung unterstütze die Klimapläne der EU-Kommission, die ein faktisches Aus des Verkaufs neuer Benzin- und Dieselfahrzeuge ab 2035 vorsehen.
Gleich darauf schränkte er die Zusage ein: Der Verkauf von Verbrennungsfahrzeugen, die mit sogenannten E-Kraftstoffen betrieben werden, solle erlaubt bleiben. „Wir wollen Verbrennungsmotoren zulassen, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können. Es muss eine technische Lösung geben, die garantiert, dass es keine Möglichkeit gibt, sie mit Benzin und Diesel zu betanken“, sagte Wissing. „Das ist für uns wichtig, um technologisch offen zu sein.“
Was gilt nun innerhalb der Bundesregierung? Seit Wochen geht es hin und her, streiten die Koalitionäre um die Auslegung des Koalitionsvertrags. Auf der einen Seite sollen bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Autos auf deutschen Straßen fahren. Auf der anderen Seite will Wissing die Regeln nicht entsprechend anpassen, mit denen die Hersteller unter Androhung empfindlicher Strafen die Grenzwerte ihrer Flotten einhalten müssen.
Dabei sollen ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos und leichte Nutzfahrzeuge neu auf die Straßen kommen. Das wäre der Großteil der Fahrzeuge. Dies sehen die „Fit for 55“-Pläne der EU-Kommission vor. Wissing aber will dann noch Autos mit Verbrennungsmotor – „außerhalb der Flottengrenzwerte“ – weiter zulassen. Unzweifelhaft ist: Selbst wenn Autos mit E-Fuels betankt werden, stoßen sie Emissionen aus.
„Der Minister hat in Paris die gemeinsame Position der Bundesregierung vertreten“, erklärte eine Sprecherin des Ministers auf Nachfrage. Eigentlich hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort gesprochen, wonach Deutschland die Pläne der EU unterstützt. Doch wird nun weiter auf den Koalitionsvertrag mit seinen widersprüchlichen Aussagen verwiesen.
Die sorgen nun nicht mehr nur in Berlin, sondern längst auch in Europa für Verwirrung. „Das bringt die Gemüter in Europa in Wallung“, hieß es in Berliner Regierungskreisen. Schließlich hatte Deutschland nach internen Koalitionsstreitereien scheinbar eine einheitliche Linie gefunden. Doch ist die alles andere als klar.
An diesem Donnerstag nun tagte der Wettbewerbsrat, und da wollte Italien einen Antrag zu E-Fuels einbringen. Das Bundeswirtschaftsministerium verwies in der Runde auf die Zuständigkeiten: Federführend sei der Umweltrat. In der Tat tagt am 3. März die zuständige Arbeitsgruppe des Umweltrats wieder, die sich mit der unklaren deutschen Position auseinandersetzen muss.
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte im Gegensatz zu Minister Wissing nach der vermeintlichen Einigung der Ampel erklärt: „Der Einsatz von E-Fuels soll auch künftig nicht auf die CO2-Flottengrenzwerte angerechnet werden. Das bedeutet insgesamt: Die allermeisten Fahrzeuge im Straßenverkehr werden auf wirklich emissionsfreie Antriebe umsteigen. Damit findet eine langwierige Debatte in der Bundesregierung ein Ende.“
Offen ist, was die Fahrzeuge jenseits der „allermeisten“ sind. Dies sei „der blinde Fleck“, hieß es in Berlin.
Die EU-Kommission jedenfalls plant, dass ab 2035 alle Pkw sowie alle leichten Nutzfahrzeuge kein CO2 mehr ausstoßen, was ein Aus für den Verbrennungsmotor bedeutet. Bleiben womöglich nur Lastwagen oder Sonderfahrzeuge wie Krankenwagen. „Im Straßenverkehr ist die Elektromobilität die effizienteste, kostengünstigste Alternative für mehr Klimaschutz. Strombasierte Kraftstoffe sollen dort eingesetzt werden, wo es keine klimafreundliche Alternative gibt, vor allem im Luft- und Seeverkehr“, hatte Lemke klargestellt.
In Regierungskreisen hieß es, die Position des Verkehrsministeriums sei angesichts der geforderten Klimaziele für 2030 und den verabredeten 15 Millionen vollelektrischen Autos wenig nachzuvollziehen. Schließlich werde der Verkehrssektor selbst bei so vielen E-Mobilen immer noch zu viel CO2 ausstoßen, das es einzusparen gilt. Ambitionierte Grenzwerte seien da der einfachste Weg und würden erst den Weg ebnen, damit wirklich 15 Millionen Autos verkauft würden.
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