Der Covid-19-Impfstoff war erst der Anfang: Die Biontech-Gründer wollen als Pioniere der mRNA-Technologie in der Krebsbekämpfung ein neues Kapitel einläuten.
Özlem Türeci und Uğur Şahin
Der 54-jährige Sahin ist CEO und Mitgründer von Biontech, seine ein Jahr jüngere Frau arbeitet dort als Chief Medical Officer.
Project Lightspeed. Was für ein großartiger Name! Man muss sich nur vorstellen, was wir als Gesellschaft bewegen könnten, wenn alle Projekte unter diesem Motto stünden. Özlem Türeci und Uğur Şahin benannten mit ‚Project Lightspeed‘ die Mission, mit der sie und ihr Unternehmen Biontech vor gut einem Jahr Geschichte schrieben: der Entwicklung eines hochwirksamen Covid-19-Impfstoffs, der Millionen von Leben retten würde. Als erster in den USA und Europa zugelassen, und all das innerhalb von Monaten statt wie sonst üblich Jahren.
Es ehrt mich sehr, Özlem Türeci und Uğur Şahin hier zu würdigen. Für mich bringt ‚Lightspeed‘ die großen Stärken auf den Punkt, die ich mit beiden verbinde. An erster Stelle ein Tempo, das man mit Fug und Recht als Lichtgeschwindigkeit bezeichnen kann.
Ich bin noch immer tief beeindruckt, wie schnell und scharfsinnig sie die globale Krise kommen sahen. Ende Januar 2020 begannen sie zu rechnen, nachdem sie einen wissenschaftlichen Artikel über eine neuartige Lungenkrankheit in China gelesen hatten. Schon da war für sie klar, was fast der gesamte Rest der Welt nicht ansatzweise ahnen konnte – und was uns nun auch Ende 2021 alle noch in Atem hält.
Beim Kopfrechnen ist es freilich nicht geblieben. Mit bemerkenswerter Dringlichkeit und Geschwindigkeit nahmen der Biontech-Vorstandsvorsitzende Şahin und die medizinische Vorständin Türeci ihr Schicksal in die Hand. Als Wissenschaftler wie als Unternehmer fokussierten sie sich voll und ganz auf ihr Projekt.
Sie setzten Maßstäbe, indem sie frühzeitig mit den Zulassungsbehörden Kontakt aufnahmen und zusammenarbeiteten. Und sie stürzten sich in die Arbeit mit ihrem Kooperationspartner Pfizer, als die Tinte auf den Verträgen nicht einmal getrocknet war. Von Tag eins an ging es ihnen einzig um die Sache. Ihr Antrieb war und ist ihr enormes Verantwortungsbewusstsein als Mediziner; das unerschütterliche Ethos, die eigene Arbeit und Leidenschaft am Forschen in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen.
Die Autorin
Belén Garijo ist Vorsitzende der Geschäftsleitung und CEO des Pharmakonzerns Merck. Damit ist die studierte Medizinerin die erste Frau, die alleine einen Dax-Konzern führt. Seit 2011 gehört sie bereits zur Führungsriege. Merck fertigt und liefert Lipide für den mRNA-Impfstoff an Biontech.
Bild: dpa
Ein Schnellschuss war ‚Project Lightspeed‘ dabei keineswegs. Şahin und Türeci waren dank mehr als 20 Jahren Grundlagenforschung im Bereich der mRNA-Technologien für die Impfstoffentwicklung bestens vorbereitet. Sie profitierten von ihrer Krebsforschung, dem eigentlichen Fokus von Biontech.
Bemerkenswert bescheiden, wie die beiden auch nach ihrem gigantischen Erfolg geblieben sind, haben sie diesen Vorsprung nie als Pfund, sondern immer als Verpflichtung verstanden: Es war ein Potenzial, das es angesichts der Pandemie sofort zu nutzen galt.
Ich selbst kann mich noch sehr gut an das Frühjahr 2021 erinnern, als es darum ging, die Produktion des BioNTech-Vakzins so schnell wie möglich und in großem Maßstab auf den Weg zu bringen. Als strategischer Partner von Biontech fertigen und liefern wir bei Merck Lipide, die für die Aufnahme des mRNA-Impfstoffs im Körper unerlässlich sind. Biotechnologische Produktionsprozesse sind hochkomplex, und ein derartiges Produkt gibt es nicht von der Stange.
Unsere Teams bei Merck und Biontech haben von Beginn an sehr eng und intensiv zusammengearbeitet, um die passgenaue Lösung schnellstmöglich zu entwickeln.
Entscheidend für eine solche Partnerschaft ist sicher auch, dass beide Unternehmen sich gut kennen und ähnliche Werte haben. Auch das börsennotierte Familienunternehmen Merck steht für Zukunftstechnologien und die Wissenschaft.
Und auch unser Gründer Friedrich Jacob Merck hat das Unternehmen vor 353 Jahren mit einer großen Vision gestartet. Als er sich 1668 um die Erteilung des Privilegs für seine Apotheke bewarb – also eine Art Betriebslizenz –, nannte er als höchstes Ziel, sein Geschäft „im besten Interesse der Gemeinschaft“ zu führen.
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Das mag aus heutiger Sicht für eine Apotheke selbstverständlich klingen. Aber verlässliche Qualitätsstandards in der gesundheitlichen Versorgung, wie Friedrich Jacob Merck sie vertrat, waren zu dieser Zeit noch Pionierarbeit.
In meiner Rolle bei Merck wie als Ärztin freut es mich sehr, dass auch Uğur Şahin und Özlem Türeci die Arbeit an ihrer großen Vision fortsetzen: Sie wollen mit Biontech, als Pioniere der zukunftsweisenden mRNA-Technologie, in der Krebsforschung und -therapieentwicklung ein neues Kapitel einläuten. Es wird eine Freude sein, zu sehen, wie sich ihr Schaffen entwickelt, in diesem so wichtigen Kampf gegen eine der schwersten Krankheiten der Menschheit.
Das führt mich abschließend zurück zu ‚Lightspeed‘ – und einem weiteren Attribut von Özlem Türeci und Uğur Şahin, das für mich in diesem wunderbaren Namen steckt: Beide haben mit ihrer Arbeit sehr viel Licht in die Welt gebracht.
Als Vollblut-Forscher und Mediziner sind sie Botschafter für die positive Kraft der Wissenschaft. Vorbilder, die wir gerade jetzt so dringend brauchen, weil diese Kraft für den gesellschaftlichen Fortschritt unerlässlich ist.
Als Unternehmer und Akademiker sind sie ein Aushängeschild für den Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland. Ein leuchtendes Beispiel für die Früchte, die der enge Schulterschluss zwischen universitärer Grundlagenforschung und Wirtschaft trägt. Wir brauchen viel mehr davon, um die Innovationskraft Europas in Schlüsselfeldern wie der Biotechnologie zu stärken!
In diesem Zusammenhang gratuliere ich Özlem Türeci sehr herzlich zur Professur für personalisierte Immuntherapie, die sie an der Universität Mainz übernimmt.
‚Project Lightspeed‘. Wir sollten als Gesellschaft alle Projekte unter dieses Motto stellen! Özlem Türeci und Uğur Şahin haben es der Welt gezeigt: was wir mit Dringlichkeit und Tempo, Verantwortung und Mut, Partnerschaft und Zusammenarbeit bewegen können.
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