Der Kanzler sagt der Ukraine weiterhin die Solidarität Deutschlands zu. Zugleich zieht Scholz aber eine scharfe Grenze zu einer Verwicklung der Nato in den Krieg.
Berlin Weltweit jagt derzeit eine Krise die nächste: Der Klimawandel schreitet voran, die Coronapandemie ist noch nicht vorbei, und der Ukrainekrieg bringt mit Flüchtlings- und Energiekrise zwei weitere Herausforderungen für die Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nutzte seine Redezeit in der Generaldebatte am Mittwoch für einen Rundumschlag.
Er war zuletzt zunehmend unter Druck geraten, nachdem ihm mehrfach vorgehalten wurde, zu zurückhaltend zu agieren. Auch in der vergangenen Sitzungswoche gab es Kritik: Nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski im Bundestag wurde direkt zur Tagesordnung übergegangen. Eine Antwort von Scholz auf den Appell Selenskis blieb aus.
Diese holte der Bundeskanzler nun in seiner Rede nach: „Präsident Selenski, die Ukraine kann sich auf unsere Hilfe verlassen“, sagte er und sicherte der Ukraine weiterhin die Solidarität der Bundesregierung zu.
Seit Kriegsbeginn helfe Deutschland – mit militärischer Hilfe, mit gemeinsamen Sanktionen gegen den Aggressor Russland. Die Maßnahmen wirkten. Viele Auswirkungen würden sich aber erst nach Wochen zeigen. Zudem schärfe man die Sanktionen ständig nach. Schon jetzt träfen die verhängten Sanktionen jedoch auch die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland hart - und zwar nicht nur in Form von hohen Spritpreisen. Die Sanktionen dürften die EU nicht härter treffen als die russische Führung.
Scholz mahnte ein sofortiges Ende des Ukrainekriegs an. „Die Waffen müssen schweigen, und zwar sofort.“ Er habe in den vergangenen Tagen lange und intensiv auch mit Russlands Präsident Wladimir Putin gesprochen. „Putin muss die Wahrheit hören“, sagte Scholz. Mit dem Krieg werde nicht nur die Ukraine zerstört, sondern auch die Zukunft Russlands.
Forderungen nach einer Flugverbotszone sowie Nato-Truppen in der Ukraine erteilte Scholz eine klare Absage. Es müsse dabei bleiben, dass eine direkte militärische Konfrontation des westlichen Verteidigungsbündnisses mit Russland vermieden werde. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte zuletzt davor gewarnt, dass auch die von Polen vorgeschlagenen Friedenstruppen zu einer direkten Konfrontation seines Landes mit der Nato führen würden.
Auch seine Entscheidung zur Aufrüstung der Bundeswehr verteidigte Scholz. Bei der Sondersitzung Ende Februar hatte der Bundeskanzler ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro angekündigt, das im Grundgesetz verankert werden soll. So sollen jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert werden. Für eine Verfassungsänderung ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig, die Koalition ist somit auf die Unterstützung der CDU angewiesen.
Friedrich Merz
Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat der Ampel-Koalition vorgehalten, nicht ausreichend auf den russischen Krieg gegen die Ukraine zu reagieren.
Bild: dpa
Aus den Rängen der Opposition gab es Kritik. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) kritisierte vor allem die Art und Weise, wie die Bundesregierung die Aufrüstung der Bundeswehr finanzieren will. In einem Sechs-Punkte-Katalog stellte er Bedingungen für die Zustimmung der Union: So müsse die Bundesregierung etwa dauerhaft und nicht nur vorübergehend mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben. Man wolle zudem dauerhaft über die Investitionen mitentscheiden. Scholz zeigte sich offen für weitere Gespräche mit CDU und CSU.
Auch Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine sicherte Scholz Unterstützung zu. Noch sei völlig unklar, wie viele Menschen aus der Ukraine in Deutschland Zuflucht suchen würden. Klar sei: „Die Flüchtlinge sind hier bei uns willkommen.“ Deutschland werde helfen. Die Bundesregierung sei dafür auch zu zusätzlichen Maßnahmen bereit. Bis zum 7. April wollen Bund und Länder offene Fragen zur Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland klären.
Scholz kündigte darüber hinaus an, die Abhängigkeit von russischer Energie „so schnell wie möglich zu beenden“. Von heute auf morgen auf Energielieferungen verzichten könne Deutschland aber nicht. Bei überhasteten Schritten drohe Deutschland eine Rezession. Kurzfristig sei es auch nicht möglich, auf alternative Lieferquellen auszuweichen. Langfristig gebe es jedoch nur eine nachhaltige Antwort auf Energieabhängigkeit und hohe Energiepreise: erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
Allgemein versicherte Scholz, wegen des Kriegs und seiner Folgen keine Abstriche beim Klimaschutz zu machen. „Die längst überfälligen Investitionen in Verteidigung und Sicherheit gehen nicht zulasten der dringend nötigen Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft oder zulasten guter, zukunftsträchtiger Arbeitsplätze, bezahlbarer Energie, fairer Renten und eines leistungsfähigen Gesundheitssystems“, betonte er.
Am Mittwochabend wollten die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP auf Spitzenebene über geplante Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger verhandeln.
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