Bijan Djir-Sarai auf dem FDP-Parteitag im April in Berlin
Der FDP-Generalsekretär spricht sich für die Schaffung eines Nationalen Sicherheitsrats aus.
Bild: Reuters
Die Liberalen wollen einen Nationalen Sicherheitsrat schaffen. In dem Gremium sollen die Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik ressortübergreifend gesteuert werden.
Berlin Als Reaktion auf den Ukrainekrieg fordert die FDP, die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik neu zu organisieren. Am Montag will der Bundesvorstand der Partei einen Antrag beschließen, in dem er für die „umgehende Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats (NSR)“ plädiert. Das Papier liegt dem Handelsblatt vor.
„Durch den Ukrainekrieg sehen wir nun schlagartig, was seit Jahren bekannt ist: Deutschland muss auf sehr reale Bedrohungen von außen vorbereitet sein“, begründete FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Vorstoß der Liberalen. „Die Forderung der Freien Demokraten nach Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats ist die konsequente und strategische Fortführung eines sogenannten vernetzten Ansatzes.“ Das bedeute, Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zusammen und ressortübergreifend zu gestalten.
„Wir brauchen einen Paradigmenwechsel im sicherheitspolitischen Denken in Deutschland“, heißt es in dem Antrag. „Die Bundesregierung muss jetzt Maßnahmen ergreifen, um eine solche Wende sowohl in den Köpfen der Menschen als auch nachhaltig im bislang inkohärenten Geflecht unserer Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zu vollziehen.“
Der NSR soll nach Vorschlag der FDP „das Mandat eines übergeordneten Frühwarnsystems und Navigationsinstruments für aufkeimende Kriegs-, Krisen- und Konfliktlagen erhalten“, wie es im Antrag heißt. Das Ziel sei, Handlungsempfehlungen aus einem Guss für die Bundesregierung zu erstellen.
Bisher gibt es einen Bundessicherheitsrat. Dies ist ein Kabinettsausschuss der Bundesregierung, der sich mit der strategischen Ausrichtung und der Koordinierung der deutschen Sicherheitspolitik befasst. Unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers gehören ihm die Bundesminister des Auswärtigen, der Verteidigung, der Finanzen, des Innern, der Justiz, der Wirtschaft, für Entwicklung sowie der Chef des Bundeskanzleramts an. Die Sitzungen finden unregelmäßig statt, die Beratungen sind geheim.
Franz-Josef Strauß (CSU)
Strauß war in den 1950er Jahren wichtig für die Gründung des Bundessicherheitsrats.
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Der damalige Bundesminister für besondere Aufgaben, Franz-Josef Strauß, hatte die Gründung des Gremiums im Jahr 1955 damit begründet, dass „die äußere Sicherheit nicht nur Soldaten zufallen könne und dass die Landesverteidigung auch von anderen Funktionen des Staates abhängig sei“. Die FDP kritisiert in ihrem Antrag aber, dass der Rat sich zuletzt überwiegend nur noch mit der Kontrolle des Exports von Rüstungsgütern befasst habe.
Der Bundessicherheitsrat sei nicht geeignet, „den sicherheitsgefährdenden und risikobehafteten Herausforderungen des internationalen Systems der Gegenwart gerecht zu werden“, schreibt die FDP. Er könne aber „als Nukleus dienen, um daraus einen strukturell gestärkten und institutionell ausgebauten NSR mit eigenen Kompetenzen, Ressourcen und Kapazitäten zu entwickeln“.
Konkret fordert die FDP, den Bundessicherheitsrat „in eine ständige ressort- und behördenübergreifende Einrichtung mit Leitungssekretariat sowie Lage- und Analysezentrum auf Basis einer konstitutionellen Rechtsgrundlage zu überführen“.
Der Ruf nach der Einrichtung eines NSR ist nicht neu. Im November 2019 hatte die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in einer Grundsatzrede an der Bundeswehr-Universität München vorgeschlagen, den Bundessicherheitsrat zu einem Nationalen Sicherheitsrat weiterzuentwickeln.
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Nach dem Chaos beim Abzug der alliierten Truppen aus Afghanistan und dem überraschend schnellen Vormarsch der Taliban hatte der damalige Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet (CDU), den Vorschlag erneuert. Er legte im Wahlkampf ein Papier zur Sicherheitspolitik vor. Darin plädierte die Union für einen Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt, der „außen- und sicherheitspolitische Koordinierung, strategische Vorausschau und nachrichtendienstliche Erkenntnisse des Bundes und der Länder zusammenführt“.
Die FDP brachte das Thema in den Ampel-Koalitionsgesprächen erneut auf. Allerdings findet sich der NSR nicht im Koalitionsvertrag. Aus Sicht der sicherheitspolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, löst der Rat bestehende Probleme nicht, weil die Weisungsbefugnis jeweils bei den Ministerien bleibe, das Ressortprinzip also nicht angetastet werde.
Grundsätzlich sollte die Bundesregierung aber offen dafür sein, in der Ressortabstimmung auch neue Wege zu gehen. Auf eine gemeinsame Lageeinschätzung zu kommen wäre „sicherlich ein wichtiges Ziel“, sagte Nanni.
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