Bereits Tausende Unterstützer: Die CSU macht im Internet Front gegen ein Tempolimit auf Autobahnen – mit Rückendeckung aus der CDU.
Berlin Die CSU erhält für ihre Kampagne gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen Unterstützung aus der CDU. „Ein generelles Tempolimit ist falsch. Dort wo Unfallgefahren bestehen oder bei Lärmschutz haben wir heute schon eine starke Begrenzung. Also macht es sachlich keinen Sinn“, sagte Thomas Bareiß, CDU-Bundesvorstandsmitglied und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, dem Handelsblatt.
Für ihre Kampagne hat die CSU eigens eine Internetseite erstellt, auf der sich Unterstützer unter dem Motto „Tempolimit? Nein danke! Mach mit – gemeinsam gegen Tempolimit“ registrieren lassen können. Nach Angaben der CSU haben sich seit Freischaltung der Seite innerhalb von zwei Tagen 10.000 Unterstützer angemeldet. „Immer mehr Bürgern stinkt der ständige Verbotswahn“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der „Bild am Sonntag“. „Viele Bürger wollen dagegen ein Zeichen setzen und sich wehren.“
Auf der Webseite stellt die CSU die Wirksamkeit eines Tempolimits infrage. Weder verbessere es die Verkehrssicherheit noch die Klimabilanz des Verkehrs substanziell. Eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung sei vielmehr ein „ideologisch“ motiviertes Vorhaben von Grünen, SPD und Linken.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans warf der CSU vor, mit ihrer Anti-Tempolimit-Kampagne einen Keil in die Gesellschaft zu treiben, Da sei „höchst fahrlässig“, sagte Walter Borjans dem „Tagesspiegel“. Die CSU verharmlose die belegten Gefahren zu schnellen Fahrens für Mensch, Klima und den Umgang miteinander auf den Autobahnen. „Mit ihrer Verweigerungshaltung torpediert sie das Ziel, hier zu einem breiten gesellschaftlichen Konsens zu kommen. Was wir in dieser Frage aber dringend brauchen, ist eine Koalition der Vernunft – wie sie in fast allen anderen Ländern der Welt bereits existiert“, sagte der SPD-Chef.
Der CDU-Politiker Bareiß äußerte scharfe Kritik an den Grünen. Ihnen sei es schon immer darum gegangen, „die individuelle Mobilität und das Auto zu bekämpfen“. Und trotz aller gegenteiligen Beteuerungen betrieben sie ein „falsches Spiel“. Das werde aus vielen Beschlusslagen und Aussagen aus der Partei deutlich.
„Ob Fahrverbote, Technologieverbote, Tempolimits bis hin zu Sympathiebekundungen für Chaoten, die die IAA in Frankfurt lahm legen und in Großstädten Oberklassewagen angreifen: Ich kenne kein Land dieser Welt in der eine Gruppe so aggressiv die Grundlage des eigenen Wohlstands bekämpft“, sagte Bareiß. „Und die Ironie dabei ist, dass die deutsche Automobilindustrie im Ausland für Hochtechnologie und Effizienz steht und seinen weltweiten Marktanteil in schwieriger Zeit ausbauen konnte.“
Mit der CSU-Kampagne nimmt die Debatte um ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen weiter Fahrt auf. Vor kurzem hatte der ADAC für Aufsehen gesorgt, weil der größte Automobilclub Deutschlands nicht mehr grundsätzlich gegen eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung ist.
In der Koalition von CDU, CSU und SPD ist ein Tempolimit umstritten. Die SPD ist dafür, die Union in weiten Teilen dagegen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte vor Weihnachten der gesagt: „Wir haben weit herausragendere Aufgaben, als dieses hoch emotionale Thema wieder und immer wieder ins Schaufenster zu stellen - für das es gar keine Mehrheiten gibt.“
Die CSU argumentiert auf ihrer Internetseite, an Gefahrenstellen oder aus Gründen des Lärmschutzes könne bereits heute die Geschwindigkeit beschränkt werden. Die Zahl der Verkehrstoten sei in Ländern mit Tempolimit zum Teil drastisch höher als in Deutschland. „Unser Problem sind die Straßen, auf denen bereits Tempolimits gelten. Auf Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen liegen die eigentlichen Herausforderungen der Verkehrssicherheit.“
Zudem sei der Umwelteffekt eines Tempolimits sehr gering, so die CSU. Mit einem generellen Tempolimit von 130 Kilometer pro Stunde könnten lediglich 0,6 Prozent der CO2-Emissionen des Verkehrssektors eingespart werden. „Es gibt heute also wesentlich effizientere Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr.“
Die Grünen reagierten mit Spott auf die CSU-Aktion. „Wie kaputt und verzweifelt muss eigentlich eine Partei sein, die seit Jahren den Verkehrsminister stellt, die aber auf exakt KEINE relevante verkehrspolitische Frage eine Antwort hat, dass sie sich mit einer solchen Kampagne so zur Lachnummer macht?“, schrieb der Fraktionsvize Oliver Krischer auf Twitter.
Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) ist gegen ein Tempolimit. In einer ADAC-Umfrage unter Mitgliedern hatten 50 Prozent dagegen votiert, aber auch 45 Prozent dafür. Daraus folgte nun eine „neutrale Position“ des Vereins, man lege sich in der Frage „aktuell nicht fest“.
Im vergangenen Oktober war ein Vorstoß der Grünen für eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde auf den Autobahnen im Bundestag gescheitert.
Mit Material von dpa
Mehr: Lesen Sie hier, warum der ADAC „nicht mehr grundsätzlich“ eine Geschwindigkeitsbegrenzung ablehnt.
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