Fälle von Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden alarmieren die Gewerkschaft der Polizei. Der Verbandschef plädiert für Gegenmaßnahmen.
Oliver Malchow
„Statistiken lassen Diskussionen fundierter werden“, sagt der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Bild: dpa
Berlin Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, hat sich dafür ausgesprochen, rechtsextremistische Tendenzen innerhalb der Sicherheitsbehörden künftig stärker in den Blick zu nehmen.
„Angesichts der bekanntgewordenen Vorfälle der jüngsten Vergangenheit in der Polizei geht es darum, scharf hinzugucken“, sagte Malchow dem Handelsblatt. „Statistiken lassen dabei Diskussionen fundierter werden“, fügte der Polizeigewerkschafter mit Blick auf einen Vorstoß der Grünen hinzu.
Bundestags- und Landtagsabgeordnete der Grünen hatten die Innenminister von Bund und Ländern aufgefordert, extremistische Verdachtsfälle in der Polizei genau zu erfassen und bis zur nächsten Innenministerkonferenz im Dezember ein Konzept vorzulegen. Auch Malchow sieht Handlungsbedarf angesichts aktueller Fälle „rechtsextremer Gesinnungen, die drohen, den guten Ruf der Polizei zu ruinieren“. Deswegen sei es auch wichtig, dass hier Aufklärung betrieben werde. „Ich glaube, dass dies auch noch mal zur Diskussion in der Polizei führen wird.“ Andere Polizeigewerkschafter sehen den Vorstoß der Grünen deutlich kritischer.
Konkret verlangen die Grünen unter anderem, Verstöße von Polizisten wie menschenfeindliche Äußerungen in Chatgruppen, das Tragen extremistischer Abzeichen an der Uniform oder Hetze gegen Geflüchtete kontinuierlich zu erfassen und zu dokumentieren. Die Erklärung der Innenpolitiker wurde bei einem Bund-Länder-Treffen Ende Juni beschlossen.
Den Abgeordneten schwebt überdies eine wissenschaftliche Studie darüber vor, wie verbreitet extremistische Einstellungen bei Polizisten bundesweit sind. Zudem sollen Polizeibeauftragte beim Bundestag und den Länderparlamenten eingesetzt werden, die als unabhängige Ansprechpartner Missständen und strukturellen Mängeln nachgehen können.
Unterzeichnet ist das Papier unter anderem vom Bundestags-Fraktionsvize der Grünen, Konstantin von Notz, der Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic und Innenpolitikern aus 13 Ländern. Als Grund für den Vorstoß nennen sie etwa jüngste Beispiele wie 38 rechtsextremistische Verdachtsfälle bei der hessischen Polizei und diverse weitere Fälle in anderen Bundesländern.
„Was die Grünen fordern, kommt einer Überwachung, Aushorchung und Bespitzelung aller Polizisten gleich. Das erinnert an düsterste DDR-Zeiten“, sagte der Chef der Bundespolizeigewerkschaft in der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ernst Walter, dem Handelsblatt. „Bereits die allgemeine Unterstellung der Grünen, es gäbe rechtsextremistische Tendenzen bei der Polizei und Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in Polizeibehörden, ist für die über 260.000 Polizistinnen und Polizisten in Deutschland in höchstem Maße ehrabschneidend und beleidigend.“ Es gebe „Fälle im Promillebereich“, die „mit allen disziplinar- und strafrechtlichen Mitteln verfolgt“ würden.
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler, sagte der Zeitung, es sei nicht der Fall, dass die halbe Polizei dem politischen Rechtsaußen zugewandt sei und Sympathien für verfassungsfeindliche Vorstellungen hege. Es gebe aber viel zu viele entsprechende Einzelsachverhalte. „Wir alle müssen dafür Sorge tragen, dass das Ansehen der Polizei als unparteilicher Träger des staatlichen Gewaltmonopols keine Kratzer bekommt.“
Auch GdP-Chef Malchow widersprach „ganz klar der von manchen geäußerten Vermutung, dass die Polizei eine rechte Gesinnung habe“. Die deutschlandweit mehr als 300000 Vollzugsbeamte, Verwaltungsbeamte und Angestellte in der Polizei arbeiteten auf dem Boden des Grundgesetzes. „Deshalb hebe ich die unbedingte Treue der weitaus meisten Kolleginnen und Kollegen in der Polizei zum Rechtsstaat grundsätzlich hervor.“ Das spiegle sich auch in dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wider.
Mehr: Insgesamt 24.100 Rechtsextremisten registriert der deutsche Inlandsgeheimdienst. Lesen Sie hier, warum die politischen Ränder hierzulande zunehmend in die Mitte rücken.
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