Der Wirtschaftsminister verteidigt die Regierungspläne zum Kohleausstieg. Er sagt aber auch: Der Klimaschutz darf nicht zulasten der Wettbewerbsfähigkeit gehen.
Peter Altmaier
Die Energiewende, die sich die Bundesregierung vorgenommen hat, bezeichnete Altmaier beim Energie-Gipfel des Handelsblatt als „Operation am offenen Herzen der Volkswirtschaft“.
Bild: Bloomberg
Berlin Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wirkte gut gelaunt, als er am Dienstagmorgen in Berlin die Bühne des Handelsblatt Energie-Gipfels betrat. Mit ein paar launigen Bemerkungen leitete er seine Rede ein, wandte sich dann aber einer ernsten Botschaft zu: Im Kampf gegen den Klimawandel dürften wirtschaftliche Interessen nicht vernachlässigt werden.
Die Energiewende, die sich die Bundesregierung vorgenommen hat, bezeichnete Altmaier als „Operation am offenen Herzen der Volkswirtschaft“. Diese könne nur erfolgreich verlaufen, wenn es gelinge, Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit miteinander zu verbinden. Sonst werde „niemand auf der Welt“ die Energiewende kopieren, mahnte der Minister.
Altmaier sparte nicht an diesem Tag nicht an Lob für sich selbst. Er habe nach seiner Amtsübernahme sichergestellt, dass „marktwirtschaftliche Prinzipien“ in die Energiewende Einzug gehalten hätten, hob der CDU-Politiker hervor. Dies gelte es fortzusetzen. Deutschland habe heute – gemeinsam mit Dänemark – die höchsten Energiepreise in Europa, „mittel- und langfristig“ müsse es gelingen, die Preise wieder sinken zu lassen.
Eine Schlüsseltechnologie für den Erfolg der Energiewende ist für Altmaier der grüne Wasserstoff. „Die Sonne scheint nicht nachts, und der Wind weht auch nicht immer“, sagte er. Im Sommer werde oft überschüssige Energie produziert, die man für den Winter konservieren müsse.
Daher würden leistungsfähige Energiespeicher benötigt. „Der grüne Wassersoff kann das vielleicht, wir arbeiten daran.“ Altmaier erinnerte an seine Wasserstoff-Strategie. Vor seiner Amtszeit sei in diesem Bereich, von ein paar Pilotprojekten abgesehen, wenig geschehen.
Doch als Wirtschaftsminister kann Altmaier nicht nur kühne Zukunftspläne schmieden, er muss sich auch um die mühselige Gestaltung der Gegenwart kümmern. Und dabei droht ihm neuer Ärger.
Gegen die Beschlüsse der Großen Koalition zum Kohleausstieg formiert sich Widerstand. Die Bundesregierung habe den sorgfältig austarierten Kompromiss zum Kohleausstieg aufgekündigt, beschwerte sich die ehemalige Vorsitzende der Kohlekommission, Barbara Praetorius.
Der Stilllegungspfad weiche erheblich von den Empfehlungen der Kommission ab, er sei nicht stetig und er liege auch unter dem, was zur Erreichung der Klimaziele notwendig wäre, sagte Praetorius. Besondere Kritik äußerte sie an der Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Datteln 4.
Die Kommission hatte empfohlen, kein weiteres Kohlekraftwerk in Betrieb zu nehmen. Praetorius sprach von einem völlig falschen Signal, das die Bundesregierung aussende. „Die Arbeit der Kommission wird wirklich diskreditiert.“
Altmaier verteidigte die Politik der Bundesregierung: Es sei klimapolitisch richtig, Datteln 4 ans Netz gehen zu lassen und dafür zunächst alte Kohlekraftwerke stillzulegen, die besonders viele Treibhausgase ausstoßen.
Doch auch der Energieexperte Felix Matthes kritisierte den Kohleausstieg, „der damit beginnt, dass man erstmal ein neues Kraftwerk in Betrieb nimmt“. Insgesamt kritisieren acht ehemalige Mitglieder der Kohlekommission den jetzt geplanten Stilllegungspfad.
Vergangene Woche hatten sich Bund und Länder auf einen Zeitplan für das Abschalten der Kohlekraftwerke in Deutschland geeinigt. Grundlage war das Ergebnis der mit Experten besetzten sogenannten Kohlekommission. Deren Ergebnis liegt bereits seit einem Jahr vor.
Der Kompromiss zum Kohleausstieg sei geplatzt, klagte auch der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner. Die vereinbarten Klimaschutzziele ließen sich mit dem nun vorgeschlagenen Abschaltplan nicht mehr erreichen.
Die dringend notwendige Abschaltung der schmutzigsten Braunkohlekraftwerke noch in 2020 sei zum größten Teil auf 2030 bis 2038 vertagt worden. Die Entscheidung, Datteln 4 entgegen der Empfehlungen der Kohlekommission in Betrieb zu nehmen, sei „völlig aus der Zeit gefallen“.
Selbst Eon-Chef Johannes Teyssen bezeichnete das Klimaschutzpaket der Bundesregierung als nicht entschlossen genug. Er forderte die Große Koalition dazu auf, grüne Energie konsequent billiger und fossile Energie teurer zu machen. Die Einführung eines CO2-Preises sei gut, es gehe darum, „der Sache einen Preis zu geben und den durchzuhalten“, sagte Teyssen.
Teyssen kritisierte insbesondere die uneinheitlichen Signale bei der geplanten Entlastung von Wirtschaft und Bürgern bei den seit Jahren erhobenen Abgaben zur Finanzierung der Energiewende, auch als EEG-Umlage bezeichnet. Der Eon-Chef forderte: „Nehmen Sie die EEG-Last von den Bürgern und den Betrieben.“
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