PremiumEin Digitalministerium sieht der SPD-Kanzlerkandidat skeptisch. Im Falle eines Wahlsiegs könne er sich aber vorstellen, einen „Chief Digital Officer“ im Bundeskanzleramt zu installieren.
Olaf Scholz
Der SPD-Kanzlerkandidat hat sich auf dem GovTech-Gipfel gegen ein Digitalministerium ausgesprochen.
Berlin SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat für den Fall eines Wahlsieges angekündigt, sich persönlich um die Digitalisierung zu kümmern. „Es geht nur als Chefsache“, sagte der Bundesfinanzminister beim digitalen Govtech-Gipfel des Handelsblatts. Die Digitalisierung brauche „Leadership“.
Die Schaffung eines Digitalministeriums sieht Scholz skeptisch. Der Aufbau neuer komplexer Strukturen helfe nicht. „Es muss aus dem Bundeskanzleramt gewollt sein.“ Auf die Frage, warum es denn bisher nicht richtig funktioniere und was sich in Zukunft ändere, antwortete Scholz: „Ich bin der Kanzler.“
Scholz kann sich jedoch vorstellen, einen „Chief Digital Officer“ im Bundeskanzleramt zu installieren. Es brauche jemanden in der Position mit einem tiefen Verständnis von neuen Technologien.
Die Digitalisierung sei eine Gemeinschaftsaufgabe aller staatlichen Ebenen, so Scholz. „Es muss um eine gemeinsame Anstrengung gehen“, sagte er. Es komme auf alle 11.700 Gemeinden, 401 Landkreise, 16 Bundesländer sowie die Bundesministerien an. Auch hier müssten alle Verantwortlichen die Digitalisierung des Staates als Chefsache begreifen.
Als Bundeskanzler werde er als ersten großen Modernisierungsschritt nach der Wahl auf eine „komplette Veränderung des Planungsrechts“ drängen. Wenn Deutschland wie vereinbart bis 2045 klimaneutral wirtschaften wolle, müsse man Bauvorhaben schnell umsetzen, mit deren Planung man heute noch nicht mal begonnen habe.
Es ginge dann nicht länger, dass Strom-Autobahnen wie Suedlink zehn Jahre später fertig würden als geplant. „Wir müssen dann in zwei Jahren schaffen, wofür wir sonst zehn, 15 Jahre gebraucht haben“, so Scholz. „Da hilft Reden nicht, da muss man sich in große Konflikte begeben, die Widerstände gegen die rechtliche Modernisierung werden groß sein.“
Eine Föderalismusreform hält der SPD-Kanzlerkandidat nicht für eine notwendige Voraussetzung. Das sei „illusorisch“ und dauere zu lange. „Deutschlands Kraft liegt in der Dezentralität“, sagte Scholz.
Diese sei über Jahrhunderte gewachsen und Teil der nationalen Identität. Viele zentralistisch organisierte Länder kämpften mit viel größeren Schwierigkeiten als Deutschland.
Nach Scholz' Einschätzung mangelt es teilweise stark am Willen, die Digitalisierung voranzutreiben. So könne er die Begründung, dass Fördergelder für die Digitalisierung der Schulen nicht abgerufen würden, weil die Antragsformulare zu kompliziert seien, nicht ernst nehmen. „Ohne den richtigen Willen geht es nicht.“ Man müsse wegkommen von der „Fördertopf-Mentalität“.
Der Vizekanzler räumte ein, dass Deutschland bei der Digitalisierung des Staates einen großen Aufholbedarf habe. „Es muss sich viel ändern“, sagte er. Die Bürger erwarteten zu Recht eine bessere und modernere Verwaltung.
Zudem habe sich in der Corona-Pandemie gezeigt, dass an den falschen Stellen gespart wurde, etwa der Gesundheitsverwaltung. „Das war ein schwerer Fehler.“ Die Gesundheitsämter waren zum Großteil nicht an ein gemeinsames System angebunden, arbeiteten teilweise mit Fax. Das erschwerte auch die Kontaktnachverfolgung.
Am Geld wird die Digitalisierung aus Sicht des Bundesfinanzministers nicht scheitern. Er verwies darauf, dass er die Investitionsausgaben auf die Rekordsumme von 50 Milliarden Euro jährlich gesteigert habe und auch in den nächsten Jahren daran festhalte, trotz der hohen Ausgaben und Verschuldung in der Coronakrise.
Allerdings fließen die Mittel teilweise nicht oder nur langsam ab. „Wir werden längere Zeit ein größeres Problem haben, die Mittel auszugeben, als sie aufzutreiben“, sagte Scholz. Dies werde wohl auch noch ein paar Jahre weiter so sein.
Für die Kommunen, die einen Großteil der öffentlichen Investitionen in Deutschland stemmen, kann sich der SPD-Politiker weitere Entlastungen vorstellen. Schon im Krisenjahr 2020 hatte der Bund im Rahmen einer Grundgesetzänderung den Kommunen wegbrechende Gewerbesteuereinnahmen erstattet.
Scholz plant aber noch eine weitere große Entlastung. Er plädierte auch auf dem Govtech-Gipfel für einen Altschuldenfonds für klamme Städte und Gemeinden. Dies ist eine Art Schuldenschnitt für hochverschuldete Kommunen.
Die SPD hat in Aussicht gestellt, für die Kosten zur Hälfte aufzukommen, obwohl die kommunale Finanzaufsicht eigentlich bei den Bundesländern liegt. Dies solle den Kommunen „eine Stunde null“ ermöglichen, so Scholz.
Bei der Digitalisierung soll der Staat den Rahmen auch dadurch abstecken, dass er als großer Nachfrager auftritt. „Wir haben einen Großteil der Nachfrage selbst zu verantworten“, sagte Scholz. Das soll auch im Verhältnis zu großen Digitalkonzernen wie den Plattformbetreibern helfen.
Scholz setzt dabei auch auf die Zusammenarbeit mit Start-ups. Bereits jetzt habe die Bundesregierung mit einer großzügigeren steuerlichen Absetzbarkeit bei Mitarbeiterbeteiligungen sowie der Einführung der steuerlichen Forschungsförderung einiges auf den Weg gebracht, so der Finanzminister.
Scholz stellte aber noch bessere Finanzierungsbedingungen in Aussicht. Insbesondere die Staatsbank KfW soll dabei künftig eine Schlüsselrolle spielen. Ihr Topf, mit dem sie sich an Start-ups beteiligen kann, wird gerade auf zehn Milliarden Euro aufgefüllt. „Das werden wir demnächst vorstellen können“, stellte Scholz in Aussicht.
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