Bei der „konzertierten Aktion“ reden Politik und Sozialpartner über Preistreiber, verabreden aber nichts Konkretes. Die Opposition kritisiert die Kommunikation der Regierung.
Nach den Gesprächen im Kanzleramt
DGB-Chefin Yasmin Fahimi, Bundeskanzler Olaf Scholz und BDA-Präsident Rainer Dulger äußern sich nach den Beratungen.
Bild: IMAGO/Mike Schmidt
Berlin Politik und Sozialpartner wollen in den kommenden Monaten weiter gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Auswirkungen der stark gestiegenen Preise für Bürger und Unternehmen zu dämpfen. „Wir stehen vor einer historischen Herausforderung“, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Auftakt der sogenannten „konzertierten Aktion“ zur Inflation. Die aktuelle Krise werde nicht in wenigen Monaten vorüber sein.
An dem Treffen im Kanzleramt hatten neben Regierungsmitgliedern und Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften auch Ökonomen und Bundesbank-Präsident Joachim Nagel teilgenommen. Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst. Ergebnisse soll es im Herbst geben. Man werde sich künftig regelmäßig treffen und austauschen, kündigte Scholz an.
Im Vorfeld des Treffens hatte Scholz mit dem Vorschlag, die Arbeitgeber könnten steuerfreie Einmalzahlungen anbieten und so überzogene Tarifabschlüsse vermeiden, für Verstimmung bei den Sozialpartnern gesorgt. „Lohnerhöhungen verhandeln ausschließlich die Tarifparteien“, betonte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger nach dem Treffen im Kanzleramt.
Die Politik könne aber helfen, dass den Beschäftigten mehr Netto vom Brutto bleibe, etwa durch einen Abbau der kalten Progression oder Entlastung bei Steuern und Sozialabgaben.
DGB-Chefin Yasmin Fahimi verwies auf das von der Politik bereits auf den Weg gebrachte Entlastungspaket im Volumen von 30 Milliarden Euro, durch das ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt um etwa 1000 Euro im Jahr entlastet werde. „Das ist eine nennenswerte Summe“, betonte Fahimi, aber die Belastungen gingen deutlich darüber hinaus.
>>Lesen Sie hier: „Atempause“ dank des Neun-Euro-Tickets: Inflation in Deutschland sinkt überraschendArbeitgeber wie Gewerkschaften sehen die Inflationstreiber momentan vor allem in den stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten. Energiesteuer und Netzentgelte seien gute Hebel, um hier gegenzusteuern, sagte Dulger. Der DGB hatte einen Gaspreisdeckel vorgeschlagen. Die Löhne sehen weder Fahimi noch Dulger aktuell als Preistreiber.
Allerdings haben sich die IG-Metall-Bezirke vor der anstehenden Tarifrunde für die 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie gerade für eine Lohnforderung von acht Prozent für zwölf Monate ausgesprochen. Sie bewegen sich damit am oberen Ende der Spanne von sieben bis acht Prozent, die der IG-Metall-Vorstand empfohlen hatte. Endgültig wird über die Forderung am 11. Juli entschieden. SPD-Chefin Saskia Esken ermunterte die Gewerkschaften am Montag im Deutschlandfunk, hohe Tarifabschlüsse anzustreben. Bereits im vergangenen Jahr habe es trotz steigender Inflation im Schnitt Lohnsteigerungen von nur zwei Prozent gegeben.
Die Opposition kritisierte sowohl die Maßnahmen wie auch die Kommunikation der Bundesregierung im Kampf gegen die Inflation. Nach Ansicht von Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hätte Kanzler Scholz den Auftakt der „konzertierten Aktion“ für einen „Whatever it takes“-Moment nutzen sollen. Die Inflation sei stark abhängig von den Preiserwartungen der Bürger, die er so hätte dämpfen können. Mit dem Ausspruch „Whatever it takes“ (etwa „was immer notwendig ist“) hatte der damalige EZB-Chef Mario Draghi 2012 die Finanzmärkte in der Staatsschuldenkrise beruhigt. Scholz müsse der „Inflationsbekämpfung alles andere unterordnen“, forderte Spahn.
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