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21.12.2022

18:13

Inklusion

Abgabe erhöht: Das sollen Betriebe ohne Arbeitsplatz für Schwerbehinderte künftig zahlen

Von: Frank Specht

Menschen mit Behinderung sollen besser am Arbeitsmarkt teilhaben können. Ein entsprechendes Gesetz, das auch höhere Strafen für Arbeitgeber vorsieht, hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen.

Die Bundesregierung will die Strafen für Unternehmen anheben, die trotz Verpflichtung keine Schwerbehinderten beschäftigen. dpa

Arbeitnehmer im RollstuhlDie B

Die Bundesregierung will die Strafen für Unternehmen anheben, die trotz Verpflichtung keine Schwerbehinderten beschäftigen.

Berlin Die Strafen für Betriebe, die trotz Verpflichtung keinen Schwerbehinderten einstellen, werden erhöht. Für jeden nicht besetzten Pflichtplatz sollen ab dem Jahr 2025 bis zu 720 Euro im Monat fällig werden. Aktuell liegt die sogenannte Ausgleichsabgabe bei maximal 360 Euro. So sieht es das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vor, welches das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat.

Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind gesetzlich verpflichtet, Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Betriebe mit weniger als 40 Mitarbeitern müssen mindestens einen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten, bei 40 bis 59 Beschäftigten sind es zwei. Größere Unternehmen müssen auf mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze Schwerbehinderte beschäftigen.

Wird die Pflichtquote nicht erfüllt, kommt die Ausgleichsabgabe zum Tragen. Sie soll für Betriebe mit mindestens 60 Beschäftigten künftig 720 Euro betragen, wenn sie keinen einzigen Schwerbehinderten beschäftigen. Dafür entfällt aber die aktuell bestehende Möglichkeit, Verstöße gegen die Beschäftigungspflicht zusätzlich noch mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro zu ahnden.

In Betrieben, die statt der vorgeschrieben fünf Prozent mindestens drei Prozent Arbeitsplätze für Behinderte anbieten, steigt die Strafe von 125 auf 140 Euro je Monat und unbesetztem Pflichtplatz. Liegt die Beschäftigungsquote nur zwischen zwei und drei Prozent, werden statt 220 Euro künftig 245 Euro fällig. Bei einer jahresdurchschnittlichen Quote von weniger als zwei Prozent sind es 360 Euro.

Auch für Betriebe mit weniger als 60 Beschäftigten will die Regierung die Ausgleichsabgabe erhöhen. Wird gar kein Schwerbehinderter beschäftigt, soll sie in Unternehmen mit weniger als 40 Beschäftigten 245 Euro und in Betrieben mit 40 bis 59 Beschäftigten 360 Euro betragen. Die Mittel aus der Abgabe sollen künftig vollständig zur Unterstützung und Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwendet werden.

Union: Erhöhung der Ausgleichsabgabe läuft ins Leere

Obwohl Menschen mit Schwerbehinderung oft überdurchschnittlich qualifiziert und hochgradig motiviert seien, liege ihre Arbeitslosenquote mehr als anderthalb Mal so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote, begründete Sozialminister Hubertus Heil (SPD) den Vorstoß.

Leider stellten einige große Unternehmen immer noch gar keine Menschen mit Schwerbehinderung ein, sagte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann. „Hier müssen wir den Druck erhöhen und die Ausgleichsabgabe deutlich erhöhen.“ Auch mit Blick auf den hohen Fachkräftebedarf könnten Unternehmen und Gesellschaft es sich gar nicht leisten, auf Potenziale zu verzichten.

Das Gesetz sieht neben den Anpassungen bei der Ausgleichsabgabe ein schnelleres Bewilligungsverfahren in den Integrationsämtern, höhere Lohnkostenzuschüsse und einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber vor.

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, begrüßte den Gesetzesentwurf, der nun das parlamentarische Verfahren durchläuft. „Es ist schlichtweg nicht akzeptabel, dass ein Viertel aller beschäftigungspflichtigen Arbeitgeber keinen einzigen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigt“, sagte Dusel.

Kritik kam aus der Unionsfraktion im Bundestag. Zwar erhalte der Entwurf vielversprechende Ansätze, sagte deren Beauftragter für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Wilfried Oellers (CDU). Die geplante neue Höchststaffel bei der Ausgleichsabgabe sei aber „eine große Schwachstelle“.

Denn laut Bundesagentur für Arbeit (BA) standen im Jahr 2020 knapp 300.000 unbesetzten Pflichtarbeitsplätzen nur knapp 170.000 arbeitslose schwerbehinderte Menschen gegenüber. „Solange also bei Weitem nicht alle Pflichtarbeitsplätze besetzt werden können, läuft die Erhöhung der Ausgleichsabgabe ins Leere“, sagte Oellers.

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