Dietmar Woidke
Ministerpräsident von Brandenburg.
Bild: imago images/Stefan Zeitz
Er regiert Brandenburg seit 2013: Dietmar Woidke über die Raffinerie in Schwedt, sein Verhältnis zu Russland, die Tesla-Fabrik und Elektro-Autos.
Schon bald wird kein russisches Öl in der Raffinerie Schwedt mehr ankommen. Bundeswirtschafsminister Robert Habeck schließt regionale Treibstoff-Engpässe in Ostdeutschland nicht aus. Wie stellen Sie das Land darauf ein?
Ich muss Herrn Habeck klar widersprechen! Als Bundeswirtschaftsminister kann man doch nicht einfach sagen, es gibt im Osten demnächst keinen Sprit mehr an der Tankstelle, und zwar allein in Ostdeutschland nicht. Deutschland braucht überall eine sichere Versorgung.
Welche Wirkungen hätte eine Benzinknappheit?
Die Folgen wären massiv, für die Wirtschaft, für die Bevölkerung, für den Pendlerverkehr in der Hauptstadtregion. Viele Brandenburger sind nun einmal aufs Auto angewiesen, um zur Arbeit zu kommen. Es muss ausgeschlossen werden, dass es zu einem Kollaps kommt. Es ist zwingend notwendig, dass Schwedt möglichst mit weitgehend voller Kraft weiter läuft. Dass allein über Ostdeutschland geredet wird, wo es zu Lieferengpässen kommen kann, macht mich bösgläubig.
Die Lage ist objektiv schwierig. Halten Sie das Öl-Embargo gegen Moskau für falsch?
Ich bin zumindest mit den bisherigen Rahmenbedingungen unzufrieden. Die drohenden Folgen werden verniedlicht. Das Embargo bringt dann etwas, wenn es Russland stärker schadet als der Europäischen Union und Deutschland. Und da liegen die Meinungen auseinander. Klar ist, dass mit der Zustimmung der Bundesregierung zum Ölembargo
Brandenburger Forderungen verbunden sind, um die Auswirkungen zu beherrschen.
Robert Habeck hat erklärt, dass die Raffinerie gesichert sei...
Mit 50 Prozent ist die Raffinerie definitiv nicht gesichert, mit 60 Prozent ebenfalls nicht. Wir brauchen zweitens eine gesicherte Versorgung mit Treibstoffen in allen Regionen Deutschlands. Und nötig ist eine finanzielle Unterstützung, für das PCK bei der Umstellung auf eine zunehmend klimaneutrale Produktion, auch für weitere Betriebe, die
Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze auf der Basis der in der Uckermark produzierten erneuerbaren Energie schaffen.
Um welche Größenordnung geht es da?
Ich rechne damit, dass der Bedarf ungefähr bei zwei Milliarden Euro liegt. Und ich werde diese Summe für die klimaneutrale Transformation der Region auch beim Bund einfordern. Der Bund hat Hilfe angekündigt. Wir sind im Gespräch. Aber die bisherigen Zusagen sind nicht ausreichend.
Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter sagte, wenn die Raffinerie in Hamburg oder Bielefeld stehen würde, gäbe es das Ölembargo nicht. Sehen Sie das auch so?
Das ist reine Spekulation.
Außenministerin Annalena Baerbock will für immer auf Öl aus Russland verzichten.
Sie hat gesagt, dass es um eine Unabhängigkeit geht. Aber es hilft ja nicht, wenn wir stattdessen in eine andere Abhängigkeit geraten, etwa von Katar.
Ich habe Wladimir Putin nie getroffen, ich habe nie mit ihm telefoniert. Dietmar Woidke
Aufsichtsratschef von Rosneft ist immer noch Gerhard Schröder. Haben Sie mit ihm wegen Schwedt gesprochen?
Nein.
Mit dem Krieg gegen die Ukraine ist die langjährige Putin-nachsichtige Russland-Politik Deutschlands, auch Brandenburgs zusammengebrochen. Was werfen Sie sich persönlich vor?
Ich habe Wladimir Putin nie getroffen, ich habe nie mit ihm telefoniert. Sicher, wir haben versucht, gute Beziehungen zu Russland aufzubauen, wie auch mit anderen Staaten, dazu stehe ich. Ich habe dabei immer wieder deutlich gemacht, dass Russland ein schwieriger Partner ist. Persönlich war ich vielleicht naiv zu glauben, dass sich Russland wirklich geändert hat. Vielleicht hat das auch mit falsch verstandener Dankbarkeit zu tun. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich in der Nacht, als die Berliner Mauer fiel, über die Bornholmer Straße nach Westberlin gegangen bin. Ich habe mich damals vor allem gefragt: Was machen die Russen? Schließlich waren noch 250.000 bis 350.000 Soldaten der Roten Armee rund um Berlin stationiert. Um so erleichterter waren wir, dass die damalige Sowjetunion den Weg zur deutschen Einheit möglich gemacht hat
Die Russland-Debatte konzentriert sich auf die SPD, wegen der Causa Schröder, aber auch wegen Manuela Schwesigs Nordstream-Stiftung und der Rolle ihres Vorgängers Matthias Platzeck. Ist eine kritische Aufarbeitung in der SPD nicht überfällig?
Mich wundert die Schieflage in dieser Debatte. Es wird vergessen, dass einige Ministerpräsidenten in den vergangenen Jahren Herrn Putin sogar persönlich besucht haben.. Meines Wissens war darunter kein aktiver SPD-Ministerpräsident . Als ich Anfang 2018 in Moskau war, habe ich Kränze und Blumen des Gedenkens hinterlegt: Am Denkmal des unbekannten Soldaten ebenso wie am Ort, an dem der Putinkritiker Boris Nemzow im Februar 2015 hinterrücks ermordet wurde. Was die Sozialdemokratie betrifft: Wir Deutschen haben aus unserer schwierigen Geschichte den Auftrag, zu den Staaten, denen wir so massives Leid zugefügt haben, möglichst gute Beziehungen aufzubauen. Das ist mit der jetzigen russischen Politik, mit der russischen Regierung, nicht möglich. Aber ich glaube nicht, dass dieser Auftrag verschwindet.
Dietmar Woidke (SPD)
Brandenburgs Ministerpräsident 2018 in Moskau am Grab des 2015 ermordeten Oppositionellen Boris Nemzow
Bild: Staatskanzlei Brandenburg
Kanzler Scholz bekam jüngst offene Briefe: Der eine, unterschrieben von Andreas Dresen und Juli Zeh, beide auch Verfassungsrichter in Brandenburg, spricht sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Der zweite mit Antje Rávic Strubel als Erstunterzeichnerin, ist pro Waffenlieferungen. Welchen hätten Sie unterschrieben, wenn Sie Intellektueller wären?
Wahrscheinlich hätte ich keinen der beiden Briefe unterschrieben. Ich mache mir aber große Sorgen um die Spirale der Eskalation, die sich viel zu schnell dreht. Bis 24. Februar war Deutschland ein Land, das grundsätzlich in Krisengebiete keine Waffen geliefert hat. Jetzt werden die Waffen immer schwerer. Wir reden viel zu wenig darüber, wie der Krieg endlich beendet werden kann, und ich meine damit keinen Diktatfrieden Russlands über der Ukraine.
Sollte Deutschland ein Mahnmal für Millionen von Nazisozialisten ermordeten Ukrainer errichten, wie es der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk im Brandenburger Landtag fordert hat?
Ich kann dieses Ansinnen nur unterstützen. Und zwar auch vor dem Hintergrund, dass wir momentan für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkrieges in Berlin ein Mahnmal planen, auch als Ort der Begegnung, was der Bundestag nach langer Debatte beschlossen hat.
Wäre auch Potsdam ein geeigneter Standort?
Über den Standort kann und sollte nicht allein die deutsche Seite befinden. Es müssten Gespräche mit dem Deutschen Bundestag beginnen, unter Einbeziehung auch der ukrainischen Botschaft. Ich werde mich dafür einsetzen.
Der Krieg berührt die Energiepolitik. Sollte der Kohleausstieg forciert werden?
Erst einmal bedeutet es, dass in Deutschland die schon hohen Energiepreise weiter deutlich steigen, ob für Heizung, Kraftstoffe oder Strom. Es muss verhindert werden, dass Industrien deshalb nicht mehr rentabel produzieren können, private Haushalte und sozial Schwache sich das nicht mehr leisten können. Der Kohleausstieg, nötig für Klimaschutz, ist für 2038 beschlossen, auch die Möglichkeit eines Vorziehens auf 2035. Das gilt. Und das Kohleausstiegsgesetz hat dazu geführt, dass es Sicherheit gibt, für die betroffenen Arbeitnehmer, die Lausitz, für das Land, weil wir ja für die Rekultivierung, Sanierung der Tagebaue zuständig sind.
Halten Sie 2030 für möglich?
Der Ball liegt beim Bundeswirtschaftsminister, ob eine Versorgungssicherheit ohne Kohle schon 2030 darzustellen ist, rund um die Uhr. Ich habe da große Zweifel. Ich erinnere daran, dass – vor Russlands Angriff auf die Ukraine für die Übergangszeit bis zur verlässlichen Versorgungsicherheit über Erneuerbare – der Bau von 50 bis 60 neuen Gaskraftwerken in Deutschland geplant war, für die aber wiederum Erdgas importiert werden müsste. Der Glaube, dass es 2030 schon irgendwie klappen würde, reicht nicht. Es muss genau klar sein, wie es funktionieren kann. Auch beim Strom können wir uns keine Versorgungslücken in Deutschland leisten.
Was ist nötig?
Ich habe Herrn Habeck empfohlen, nach den guten Erfahrungen mit der Kohlekommission auch im weiteren Verfahren wieder auf eine breite, transparente Beteiligung zu setzen, mit Gewerkschaften, Umweltverbänden, Energieversorger, der Region. Bisher hat er die Anregung leider nicht aufgegriffen.
Wir reden viel zu wenig darüber, wie der Krieg endlich beendet werden kann, und ich meine damit keinen Diktatfrieden Russlands über der Ukraine. Dietmar Woidke
Werden Sie den Ausbau erneuerbarer Energien in Brandenburg weiter beschleunigen?
Brandenburg ist da schon führend, aber wir lassen nicht nach. Allein im ersten Quartal dieses Jahres sind bereits 21 neue Windkraftanlagen in Betrieb gegangen – jede fünfte in Deutschland. Brandenburg deckt bereits heute bilanziell seinen Endenergieverbrauch an Strom einhundertprozentig aus erneuerbarer Energie. Andere Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg sind längst nicht so weit. In Bayern ging im ersten Quartal 2021 keine einzige Windkraftanlage in Betrieb
Brandenburg wird auch künftig Berlin mit Strom versorgen müssen, künftig dann grünem Strom. Was erwarten Sie im Gegenzug?
Ich wünsche mir, dass Berlin mehr sieht, was wir da leisten. Wir versorgen Berlin zu großen Teilen mit Strom, seit vielen Jahren. Bei mancher Berliner Debatte konnte man ja den Eindruck gewinnen, als wäre die Stadt schon zu 500 Prozent klimaneutral. Völlig klar ist, dass sich Berlin mit erneuerbaren Energien auf absehbare Zeit nicht selbst versorgen können wird. Wir werden Berlin mitversorgen. Nötig sind deshalb bessere Rahmenbedingungen auf Bundesebene, wie sie im Jamaika-Koalitionsvertrag festgeschrieben sind, also eine möglichst starke regionale Nutzung von Wind- und Solarenergie vor Ort, ein höherer finanzieller Ausgleich für die betroffenen Kommunen. Künftig müssen Länder, die wie Brandenburg beim Ausbau der Erneuerbaren vorn sind, die günstigsten und nicht die höchsten Strompreise haben.
Würden Sie sich generell ein größeres Verständnis Berlins für Brandenburger Probleme wünschen?
Klar, aber wir sind ja auch nicht immer voller Verständnis für Berlin. Wichtig ist, dass wir eng kooperieren. Und dass die Zusammenarbeit eine Qualität erreicht hat, wie wir sie vorher noch nie hatten. Ich finde es richtig, dass beide Parlamente aktuell gerade ein gemeinsames neues Format auf den Weg bringen. Und noch in diesem Jahr wird es eine weitere gemeinsame Sitzung beider Kabinette geben, im Juni erstmals einen Berlin-Brandenburger Bahngipfel zur klimaneutralen Mobilität.
Seit Tesla betonen Sie bei jeder Gelegenheit Brandenburgs Vorreiteranspruch bei klimaneutraler Produktion und Mobilität. Fahren Sie privat schon ein Elektroauto?
Nee (lacht).
Warum nicht?
Weil wir momentan kein neues Auto brauchen. Ich habe gelernt: Je länger man ein Auto fährt, umso besser ist die Klimabilanz. In zwei, drei Jahren kann es durchaus ein Elektroauto werden.
Die Gigafactory produziert seit vier Wochen. Wie läuft es mit dem Job-Effekt?
Gut, wie erwartet. Tesla fährt die Produktion hoch, etwa 4000 Menschen sind dort schon beschäftigt. Teilweise werden in einer Woche zwischen 250 und 500 neue Jobs geschaffen.
Sie haben Elon Musk 2019 volle Unterstützung zugesagt. Gilt das auch jetzt, wo Tesla vom Land weitere 100 Hektar kaufen will?
Natürlich sind wir als Regierung immer gefordert, Wirtschaft im Land zu unterstützen. Das gilt auch für Tesla. Alle Belange müssen abgewogen werden. Wenn ein Unternehmen bei einer Brandenburger Behörde einen Antrag stellt, egal ob Tesla oder jemand anderer, dann wird das sachgemäß geprüft. Dabei werden sämtliche Aspekte in die Abwägung einbezogen.
Allein im ersten Quartal dieses Jahres sind bereits 21 neue Windkraftanlagen in Betrieb gegangen – jede fünfte in Deutschland. Dietmar Woidke
Die E-Ladeinfrastruktur ist in der Mark immer noch ziemlich kläglich. Wie lange noch?
Da habe ich eine gemeinsame Überzeugung mit Herrn Musk: Wenn VW Benzinautos baut, sagt kein Mensch, dass der Staat Tankstellen aufbauen muss. Warum soll beim Elektroauto der Staat dafür sorgen, dass irgendwo eine Steckdose zum Laden ist? Ich bin dafür, dass die Autobauer für die Ladesäulen in die Pflicht genommen werden und der Staat das unterstützt. Einen VEB Ladestationen lehne ich ab.
Im Fuhrpark von Regierung und Landesdienst fahren bisher kaum E-Fahrzeuge. Warum eigentlich?
Es geht auch um Steuergeld. Bisher gibt es von Elektroautoherstellern keine vergleichbaren Angebote. E-Autos wären deutlich teurer. Zudem gibt es durchaus Tage, an denen man im Land einfach mal 600 bis 700 Kilometer unterwegs ist, ohne Gelegenheit, irgendwo aufzuladen. Die Reichweite spielt in einem großen Flächenland schon eine Rolle. Aber sowohl bei Finanzierungsangeboten als auch bei der Reichweite erwarte ich deutliche Verbesserungen in den nächsten Jahren . Deshalb gehe ich davon aus, dass die Flotte der Landesverwaltung schon in wenigen Jahren anders aussehen wird.
Warnungen reißen nicht ab, die Umweltverbände ziehen deshalb nun vor das Oberverwaltungsgericht: Gräbt Tesla Brandenburg das Wasser ab?
Nein! Diese Befürchtungen sind unbegründet. Und Tesla ist wahrlich nicht der größte industrielle Wasserverbraucher in Brandenburg. Andere Betriebe, etwa in der Chemischen Industrie, verbrauchen deutlich mehr.
Trotzdem wird Wasser knapper – wie in der Oder-Spree-Region...
Ja, und für die künftige Versorgung gibt es schon länger die Absicht, aus ferneren Regionen Wasser an den Berliner Großraum heranzuführen. Minister Axel Vogel arbeitet mit Hochdruck daran. Es ist eine dynamisch wachsende Metropolregion mit erheblichem Zuzug. Dennoch: Brandenburg hat genügend Wasser. Aber es wird auf Dauer aufgrund der Verdichtung in der Metropolregion nicht möglich sein, es nur aus den bisherigen Quellen zu gewinnen. Wir werden auch mit Berlin darüber reden, wie wir diese Herausforderung gemeinsam schultern können.
Der Klimawandel verschärft das Problem. Machen Sie Wasser mit der Regierenden Franziska Giffey zur Chefsache?
Beide Regierungen, beide Umweltverwaltungen, haben das auf dem Schirm. Die Wasserversorgung ist als Thema für die nächste gemeinsame Kabinettsitzung vorgesehen.
Wie weit sind Sie, Berlin mit der neuen Regierenden Franziska Giffey für weniger Nachtflüge am BER zu überzeugen, nachdem Sie bei Klaus Wowereit und Michael Müller auf Granit bissen?
Brandenburgs Position ist klar. Wir sind weiter dran. Es laufen Gespräche. Ich sehe auf Berliner Seite eine größere Bereitschaft als in der Vergangenheit. Ich hoffe auch sehr, dass die Bundesregierung uns unterstützt. Mein Ziel ist es, dass wir mit einer guten Regelung eine höhere Akzeptanz des Flughafens erreichen. Das ist möglich, ohne die Wirtschaftlichkeit des BER dauerhaft in Frage zu stellen.
Der Bund hat jetzt das Standortauswahlverfahren für das Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit gestartet. Hat Frankfurt (Oder) überhaupt eine Chance gegen Leipzig, den Ort der ersten Montagsdemonstrationen?
Ein klares Ja! Und zwar weil es um die Transformationserfahrungen in Ostdeutschland und in Osteuropa gehen soll. Deshalb ist das Zentrum in der Doppelstadt, als zusätzlicher Brückenschlag nach Osten, nach Polen genau richtig – und entspricht den Kriterien der Einheits-Kommission. Das Zentrum wird ja vor allem gebraucht, um für die Zukunft Schlussfolgerungen zu ziehen, ob für die klimaneutrale Transformation, die Weiterentwicklung der Europäischen Union oder Gesellschaftsmodelle. Es ist nicht intendiert: Wir machen nur einen Rückblick, zeigen ein paar Bilder von den Montagsdemos und diskutieren darüber.
Was haben Sie noch als Trumpf?
Ich bin Berlin dankbar für die Unterstützung der Bewerbung. Es ist großartig, dass wir mit Frankfurt (Oder) eine Stadt haben, die von zwei Bundesländern unterstützt wird. Anderswo gibt es drei Städte und ein Land, das sich nicht traut, sich für eine Bewerbung auszusprechen.
Einen VEB Ladestationen lehne ich ab. Dietmar Woidke
Nach der Pandemie folgt nun gleich der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen wie steigenden Lebensmittelpreisen. Wie krisenfest ist Brandenburg noch?
Ich glaube schon, dass wir über die Jahre, über vielen Höhen und Tiefen, eine gewisse Krisenfestigkeit erreicht haben. Brandenburg steht heute wirtschaftlich so gut da wie nie. Trotzdem ist die Unsicherheit im Land groß. Viele machen sich Sorgen, dass der Krieg immer näher an uns heranrückt, Deutschland womöglich selbst beteiligt wird. Diese Angst ist greifbar. Erst Recht, weil niemand belastbar prognostizieren kann, was alles noch kommt.
So oder so, die finanziellen Spielräume werden kleiner. Müssen sich die Brandenburger auf Abstriche einstellen, etwa einen Verzicht auf das vorletzte beitragsfreie Kita-Jahr?
Klar ist, die Spielräume sind nach zwei Jahren Corona-Pandemie mit hohen zusätzlichen Ausgaben deutlich kleiner geworden. Dieser Herausforderung müssen sich alle Ressorts in den Haushaltsverhandlungen mit der Finanzministerin stellen. Die Beitragsfreiheit des vorletzten Kita-Jahr ist aber erklärter politischer Wille der Koalition. Sie musste aufgeschoben werden, wird aber kommen. Das wird in den nächsten Haushaltsverhandlungen beraten werden. Für die kommenden Jahre wird es dennoch verstärkt darauf ankommen, die Wünsche mit dem finanziell Machbaren zu vereinbaren.
In der Kenia-Koalition nehmen die Konflikte zu, Minister Vogel fiel mit seinem Jagdgesetz durch, die Grünen bremsen beim Windkraftabstandsgesetz. Wie lange hält das Bündnis noch?
Natürlich rauscht es mal. Aber trotz der Differenzen über Fachthemen ist im Großen und Ganzen die Zusammenarbeit sehr gut und vertrauensvoll. Es gibt keine konfliktfreie Koalition. Das hieße ja, dass sich nichts mehr bewegt.
Sie haben mal gesagt, dass die Spannungen bei Rot-Rot größer waren. Gilt das noch?
Ja, im Großen und Ganzen. Dass wir die CDU und die Grünen dabei haben, ist einfach eine gute Kombination für Brandenburg.
Viele machen sich Sorgen, dass der Krieg immer näher an uns heranrückt, Deutschland womöglich selbst beteiligt wird. Dietmar Woidke
Sie sind mittlerweile seit 2013 Ministerpräsident. Ihre Vorgänger hatten in ihren Bilanzen Flopprojekte, Manfred Stolpe mit Cargolifter und Chipfabrik, Matthias Platzeck mit dem BER, sie bisher nicht. Sind Sie vorsichtiger?
Nur mit Vorsicht hat das nichts zu tun. Ehrlich gesagt, als wir das Teslaprojekt angefangen haben, hatte ich ziemliches Muffensausen. Ich wusste ja, was Tesla erwartet, nämlich ein zügiges und rechtsicheres Genehmigungsverfahren. Wir können umsetzen, was wir aus Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, auch aus dem BER. Ich habe eine Task Force eingesetzt, über jedes Problem war ich auch persönlich direkt unterrichtet. Ich denke, so muss man solche Projekte managen.
In Ihrer Partei beginnen einige, sich für die Nachfolge warm zu laufen. Beunruhigt Sie das?
Nee, überhaupt nicht. (lacht)
Bitte eine Auskunft zum aktuellen Stand: Hat sich Manja Schüle an Katrin Lange heran- oder schon vorbeigeschoben, sammelt Fraktionschef Daniel Keller seine Truppen, ist Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert überhaupt noch im Rennen?
Ich habe Ende 2019 gesagt: Wenn der Herrgott mir Gesundheit und Wohlbefinden schenkt, mache ich diese Legislatur zu Ende. Und dann werden wir in Ruhe parteiintern darüber nachdenken, wer für die SPD als Spitzenkandidat zur Landtagswahl antreten wird. Wenn alle Voraussetzungen stimmen, Gesundheit, wenn alles so bleibt wie es ist, stehe ich zur Verfügung. So sieht´s aus.
Und wie sieht Ihre persönliche Lebensplanung aus, Rente mit 67?
Auf jeden Fall nicht Rente mit 60! Ich habe ja noch einiges vor. Es ist hilfreich, dass ich über die Jahre hinweg in der Position viele viele Mitstreiter gewonnen habe, ob in Brüssel, in Berlin und im Land sowieso. Ich weiß, wen ich anrufen kann. Ich fühle mich richtig wohl in diesem Büro hier, und ich will hier noch ein Weilchen bleiben und für Brandenburg arbeiten.
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