Ab 1. Januar 2023 sollen auch Vermieter einen Teil der Heizkosten übernehmen. Das soll die energetische Sanierung von Gebäuden voranbringen.
Heizkosten
Ein Heizkostenverteiler zur Berechnung von Heizkosten: Die Bundesregierung strebt eine Beteiligung von Vermietern am CO2-Preis an.
Bild: dpa
Berlin Die von der Ampelkoalition angestrebte Beteiligung von Vermietern an den Heizkosten könnte aus Sicht der Bundesregierung zum Fall für die Gerichte werden. Das geht aus dem entsprechenden Gesetzentwurf zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten hervor, der dem Handelsblatt vorliegt.
„Es ist nicht auszuschließen, dass es im Mietverhältnis anfänglich Unsicherheiten in der Anwendung der neuen Rechtslage gibt“, heißt es in dem gemeinsamen Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD), der voraussichtlich nächste Woche vom Kabinett verabschiedet werden soll. „Dies kann in vereinzelten Fällen zu vermehrtem Beratungsbedarf bis hin zu einer gerichtlichen Klärung und geringfügigen Mehrbelastung der Gerichte führen.“
Zugleich gehen die Ministerien davon aus, dass der Effekt „nach Klärung der Rechtslage durch Gerichte und Marktteilnehmer sowie mit zunehmender Bekanntheit bei den beteiligten Kreisen“ wieder nachlassen werde.
Seit 2021 wird in Deutschland ein Preis für die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) erhoben. Aktuell gilt ein Preis von 30 Euro pro Tonne CO2, die beim Verbrennen von Heiz- und Kraftstoffen ausgestoßen wird und zur Reduktion von Treibhausgasemissionen motivieren soll. Er soll schrittweise auf bis zu 55 Euro im Jahr 2025 ansteigen. Diese Kosten tragen bislang die Mieter.
Ab 1. Januar 2023 sollen auch Vermieter einen Teil der Kosten übernehmen, und zwar abhängig vom energetischen Zustand des Gebäudes. Darauf hatten sich im April Habeck, Geywitz und Justizminister Marco Buschmann (FDP) geeinigt. Zentrales Ergebnis: Je schlechter die Energiebilanz des jeweiligen Gebäudes ist, desto höher ist der Kostenanteil für die Vermieter.
Im Gesetzentwurf heißt es: „Die Aufteilung der Kosten nach einem Stufenmodell soll Mieter zu Energieeinsparungen und Vermieter zu energetischen Sanierungen anreizen.“
Die Pläne sehen weiterhin ein Modell mit zehn Stufen vor, um die prozentuale Kostenbeteiligung der Vermieter und Mieter an den jährlichen CO2-Ausstoß des Gebäudes zu knüpfen. Bei Wohnungen mit einer besonders schlechten Energiebilanz, das heißt bei einem Verbrauch von mehr als 52 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter, übernehmen die Vermieter 90 Prozent und die Mieter zehn Prozent der CO2-Kosten.
Beide Seiten müssten ihren Teil dazu beitragen, sagte der baupolitische Sprecher der FDP, Daniel Föst. Mieter könnten durch ihr Verhalten den CO2-Ausstoß ihrer Wohnung reduzieren, Eigentümer durch energetische Sanierung das Gebäude insgesamt „klimafit“ machen. „Uns war wichtig, eine pauschale und wirkungslose hälftige Aufteilung des CO2-Preises zu verhindern.“ Maßstab für die Aufteilung dürfe nämlich kein politisch gewünschter Parameter sein. „Ansonsten entfallen genau jene Anreize, die wir im Gebäudesektor so dringend brauchen.“
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Auf den Gebäudebereich entfallen rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen und rund 35 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland. Bis 2030 müssen die Emissionen im Gebäudebereich gegenüber 1990 auf 67 Millionen Tonnen CO2 sinken, um den im Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Emissionsmengen zu entsprechen. Darum muss der Gebäudebestand energetisch ertüchtigt und die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Der niedersächsische Energieminister Olaf Lies (SPD) sieht Nachbesserungsbedarf an den Ampel-Plänen. „Ich halte das Klimaklassen-Modell des Bundes für mutig, es muss möglicherweise an mancher Stelle noch feinjustiert werden“, sagte Lies dem Handelsblatt. „Aber grundsätzlich brauchen wir jetzt politischen Mut, wenn wir etwas tatsächlich ändern wollen.“ Bei den Heizkosten für Mieter sei die Notwendigkeit sehr groß.
Der Vorteil des Vorhabens liegt aus Sicht des Ministers darin, dass es zu tatsächlichen Entlastungen für die Mieter führe. „Das brauchen wir angesichts der explodierenden Kosten für Energie“, sagte Lies. „Auch der Vermieter wird bessergestellt, wenn er sanierten Wohnraum zur Verfügung stellt.“
Der CDU-Wohnungspolitiker Jan-Marco Luczak warf der Ampelkoalition vor, mit ihren „extrem bürokratischen und komplizierten“ Plänen Vermieter und Mieter „sehenden Auges in Prozesse hineinzutreiben“. „Wir brauchen ein praxistaugliches, auf wenige Stufen reduziertes System mit klaren und einfachen Kriterien wie dem Baujahr des Gebäudes“, sagte Luczak.
Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es Kritik: „Grundsätzlich stehe ich der Aufteilung einer Verbrauchssteuer unverändert kritisch gegenüber“, sagte Nordrhein-Westfalens Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) dem Handelsblatt. „Aber die Bundesregierung will sie, und deshalb setzen wir uns auch damit auseinander.“
Kleinvermieterinnen und Kleinvermieter würden „wieder und weiter belastet“, sagte Scharrenbach weiter. „Immer neue bürokratische Pflichten werden dazu beitragen, dass sich immer mehr Bürger aus der Wohnungsvermietung verabschieden werden.“ Dabei befinde sich das vermietungsfähige Immobilienvermögen in Deutschland „in Bürgerhand – nicht in Gesellschaftshand“. Allein die bürokratische Belastung, die auf private und gewerbliche Vermieterinnen und Vermieter zukommt, „wird vonseiten der beiden Bundesministerien auf rund zehn Millionen Euro jährlich beziffert – und das ist wahrscheinlich noch deutlich zu wenig“.
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Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW forderte, die CO2-Abgabe „kurzfristig für den begrenzten Zeitraum eines Jahres“ auszusetzen. Der Sinn der CO2-Abgabe sollte eine Steuerungswirkung für den Verbraucher und den Vermieter sein, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. „In Zeiten explodierender Energiekosten ist das jedoch zynisch: Viele Menschen werden sich wegen der massiv gestiegenen Energiepreise vieles im Leben nicht mehr leisten können. Vermieter stehen vor gleichfalls explodierenden Kosten für den Unterhalt und die Modernisierung ihrer Häuser.“
Auch Kai Warnecke, Präsident der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund, warnte davor, den Vermietern zusätzliche Kosten aufzuerlegen, die dann für die energetische Sanierung fehlen würden. Den Mietern würden zudem nicht die wahren Kosten des Heizens signalisiert.
Die Aufteilung der CO2-Bepreisung werde damit gerechtfertigt, dass Mieter keinen Einfluss auf die Effizienz des Gebäudes und der Anlagentechnik haben, sagte Warnecke. Haus & Grund hat erhebliche Zweifel daran, dass Eigentümer diese Wahlfreiheit haben. Es fehle an geeigneten und bezahlbaren Technologien und an regional verfügbaren klimaneutralen Energieträgern, so Warnecke und nannte Fernwärme aus erneuerbaren Quellen. Heute wird Fernwärme zu einem großen Teil noch aus fossilen Energien produziert.
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