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22.03.2023

15:30

Klimaschutz

FDP nennt Lage im Heizungsstreit „verfahren“ und warnt Habeck vor falschen Versprechungen

Von: Klaus Stratmann, Martin Greive

Im Koalitionsstreit um Heizungen zeichnet sich kein Kompromiss ab. SPD und Liberale halten Pläne des Wirtschaftsministers für zu unflexibel und warnen vor einer Überforderung von Hauseigentümern.

Die Koalition diskutiert über das mögliche Aus für reine Öl- und Gasheizungen ab 2024. IMAGO/MiS

Gaszähler

Die Koalition diskutiert über das mögliche Aus für reine Öl- und Gasheizungen ab 2024.

Berlin Im Koalitionsstreit um die künftige Beheizung von Gebäuden haben sich die Kontrahenten so sehr ineinander verkeilt, dass eine rasche Lösung unwahrscheinlich erscheint. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte dem Handelsblatt, es sei allemal besser, die bisherige CO2-Steuer bereits ab 2024 zu einem echten Emissionshandel weiterzuentwickeln, statt „irrsinnig teure Subventionsprogramme auf Kosten der Steuerzahler zu finanzieren“.

Es müsse nun „ein handwerklich sauberes Gebäudeenergiegesetz auf den Weg“ gebracht werden. Köhler räumte ein, die Situation sei „etwas verfahren“.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte milliardenschwere zusätzliche Förderungen angekündigt, um den Heizungsaustausch sozial abzufedern. Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen hatte er versprochen, dass für sie der Umstieg auf eine Wärmepumpe ab 2024 nicht teurer werde als eine neue Gasheizung.

Habeck reagierte damit auf die Kritik an dem Entwurf für ein Gebäudeenergiegesetz (GEG), den sein Haus und das Bauministerium gemeinsam erarbeitet hatten. Das GEG soll ab 2024 für den Betrieb neuer Heizungen einen Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 65 Prozent festschreiben, was das Aus für reine Öl- und Gasheizungen bedeuten würde. SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf das 65-Prozent-Ziel verständigt.

Es sollte zwar erst ab 2025 gelten; angesichts der Energieversorgungskrise des vergangenen Jahres verständigten sich die Koalitionspartner jedoch darauf, das Ziel um ein Jahr vorzuziehen, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern schneller zu reduzieren.

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Koalitionsinterne Kritiker halten den Entwurf für das GEG jedoch für zu unflexibel. Sie warnen vor einer Überforderung von Hauseigentümern. In Koalitionskreisen heißt es, es werde angestrebt, das Thema spätestens beim Koalitionsausschuss am Sonntag abzuräumen, damit sei theoretisch auch noch der für den Mittwoch kommender Woche geplante Kabinettsbeschluss möglich. Die zuständigen Staatssekretäre aus den Ministerien Wirtschaft, Bauen und Finanzen sollen am heutigen Mittwoch Lösungsmöglichkeiten ausloten.

Köhler sagte, Ziel sei es, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel eines Erneuerbaren-Anteils von 65 Prozent bei neu eingebauten Heizungen „ohne übermäßige Belastung für Hausbesitzer und Mieter“ zu erreichen. „Denn am Ende ist uns doch allen daran gelegen, die Menschen beim Klimaschutz mitzunehmen. Marktwirtschaftliche Anreize, Technologieoffenheit und soziale Unterstützung sollten dabei aus Sicht der FDP-Fraktion im Mittelpunkt stehen“, sagte der FDP-Politiker.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr warnte Habeck vor unhaltbaren Versprechungen: „Den Preis von Wärmepumpen auf das Niveau von Gasheizungen zu drücken, halte ich auch nicht für machbar“, sagte Dürr der „Bild“-Zeitung. Eine herkömmliche Heizung koste etwa 7000 Euro, eine Wärmepumpe könne schnell bei 20.000 Euro liegen. Dazu kämen Kosten für Umbaumaßnahmen. „Mir fehlt die Fantasie, wie das finanziert werden soll“, so Dürr.

SPD: Wärmepumpe ist nicht immer die beste Lösung

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) knüpft ein Verbot von Gas- und Ölheizungen an klare Bedingungen: „Ich halte das Ziel, die Zahl von Öl- und Gasheizungen in Deutschland schrittweise zu verringern und verstärkt auf Heizsysteme zu setzen, die Wärme aus erneuerbaren Energien erzeugen, in der Sache für absolut richtig“, sagte Dreyer dem Handelsblatt. Das Heizen trage zu einem großen Teil zum klimaschädlichen CO2-Ausstoß bei. „Zur Realisierung dieses wichtigen Zieles ist es unerlässlich, dass technische Umsetzbarkeit und sozialer Ausgleich gegeben sind“, sagte Dreyer weiter. „Ich gehe davon aus, dass dies bei der Gesetzesänderung berücksichtigt ist. Dies gilt auch für die Frist.“

Timon Gremmels, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für das Gebäudeenergiegesetz, sagte dem Handelsblatt, die "nahezu ausschließliche Fokussierung auf die Wärmepumpe" bringe Probleme mit sich. "Natürlich ist die Wärmepumpe in vielen Fällen die beste Lösung, aber eben nicht in allen“, sagte  Gremmels.
Die alternativen Erfüllungsoptionen, die für den Bestand gelten sollen, sollten auch für Neubauten gelten, forderte Gremmels. „Ich warne davor, alles über einen Kamm zu scheren. Es gibt auch im Neubau Fälle, in denen die elektrische Wärmepumpe nicht die beste Lösung ist.“ Außerdem frage er sich, „wo der Strom für all die Wärmepumpen, Elektroautos und den AKW-Ersatz an einem kalten Wintertag herkommen soll“.

Gremmels fordert, das GEG eng mit der kommunalen Wärmeplanung zu verzahnen: „Wer vor der Entscheidung steht, ein neues Heizungssystem zu installieren, muss sicher wissen, ob er sein Haus nicht auch bald an ein Wärmenetz anschließen kann“, sagte der SPD-Politiker.

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