PremiumZum dritten Mal will Friedrich Merz CDU-Chef werden – dieses Mal im Team und ohne Rechtsruck. Er wirbt gar für ein schärferes sozialpolitisches Profil.
Merz (r.) mit Mario Czaja und Christina Stumpp
Der 66-jährige Sauerländer kandidiert offiziell zum dritten Mal für den CDU-Vorsitz.
Bild: dpa
Berlin Es sollte ein anderer Konferenzraum sein, nicht die allseits bekannte Bundespressekonferenz mit ihrer leuchtend blauen Rückwand. Wie viele Male hat dort Angela Merkel gesessen, wie oft einer seiner Herausforderer, zuletzt Norbert Röttgen. Und ja, der Tag seiner offiziellen Kandidatur sollte auch etwas von Guerillamarketing haben.
Deshalb wohl hat sich Friedrich Merz die Domain teamcdu.de gesichert und dort gleich nach seiner offiziellen Nominierung am Montagabend im heimischen Kreisverband Hochsauerlandkreis einen Countdown für eine Pressekonferenz laufen lassen: am Dienstagnachmittag in Berlin, eben nicht in Mitte, sondern im Neuköllner Großhotel Estrel, Sonnenallee. „#teamcdu – Klarer Kurs. Für unsere Volkspartei“, lautet der Merz-Slogan.
Der 66-jährige Sauerländer kandidiert nun also hochoffiziell zum dritten Mal für den CDU-Vorsitz – und nicht mehr allein, wie die ersten beiden Male. 2018 hielt er es nicht einmal für nötig, die Delegierten des Bundesparteitags vorab zu umwerben – es gewann Annegret Kramp-Karrenbauer. Beim zweiten Mal, im Januar dieses Jahres, telefonierte Merz zumindest deutlich mehr und wurde erneut Zweiter – hinter Armin Laschet. Dieses Mal ist alles anders.
Es ist 15 Uhr, Dienstagnachmittag, Estrel, Berlin: „Es wird keine Achsenverschiebung mit mir geben“, stellt die Ikone des Wirtschaftsflügel klar. Die CDU solle wieder „im besten Sinne Volkspartei werden“. Merz will nicht polarisieren.
Es könnte seine Chance sein, das Rennen gegen die anderen Kandidaten zu gewinnen: Kanzleramtsminister Helge Braun und den Außenpolitiker Norbert Röttgen. Der hatte zu seiner Präsentation in der Bundespressekonferenz vergangenen Freitag die neue Hamburger Bundestagsabgeordnete Franziska Hoppermann als seine Kandidatin für das Amt der Generalsekretärin mitgebracht und klargestellt: „CDU kann niemals Richtungspartei sein. Dann sind wir verloren.“
Der andere, Helge Braun, wirbt für einen „grundsätzlichen Neuanfang“, auch wenn er als geschäftsführender Kanzleramtsminister wie kein zweiter die Politik seiner Chefin Angela Merkel zu verantworten hat. Er will die Strömungen vereinen. Braun wie Röttgen wissen, wie wichtig die Rolle von Friedrich Merz ist. Also wollen ihn beide vorsorglich mit einer prominenten Rolle bedenken.
Doch Merz hat einen eigenen Plan: „Ich möchte Ihnen einige Personen vorstellen“, beginnt Merz im Estrel. Neben ihm stehen Mario Czaja und Christina Stumpp, beide frisch in den Bundestag gewählt. Czaja soll Generalsekretär werden. Der Berliner habe sozialpolitische Kompetenz, wirbt Merz. In der Tat war der 46-Jährige von 2011 bis 2016 Gesundheitssenator in der Hauptstadt.
Stumpp soll die Stellvertreterin des Generalsekretärs werden, das Amt wäre ein Novum in der CDU. 34 Jahre ist die Waiblingerin an diesem Tag alt geworden. „Sie wird die kommunalpolitische Seite vertreten, damit wir stärker in den Kommunen und Kreisen wachsen“, kündigt Merz an. Stumpp spricht sich gegen die Frauenquote aus, Czaja dafür.
Auch seine von ihm präferierte Riege für die stellvertretenden Parteivorsitzenden stellt Merz vor: Sie sollen „sichtbar werden und Themen übernehmen“ – so wie es eigentlich üblich ist in einer Partei und wie es die CDU seit Jahren sträflich vernachlässigt hat.
Die amtierende Stellvertreterin Silvia Breher soll dazugehören, ebenso die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien oder der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer. Auch Carsten Linnemann wird wohl kandidieren. Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) hatte schon vor Wochen einen Pakt mit Merz geschlossen.
Linnemann könnte Vorsitzender der Grundsatzprogrammkommission werden, stellt Merz in Aussicht. Somit ist kein Platz mehr für einen weiteren Nordrhein-Westfalen. Jens Spahn muss weichen und sich mit dem Amt des Fraktionsvize begnügen. Ob Merz auch Fraktionschef werden will? Die Antwort bleibt er schuldig. Ralph Brinkhaus ist bis April gewählt. „Neue Antworten auf neue Fragen“ will Merz geben. Schnell. „Wir müssen die Wahlen gewinnen im nächsten Jahr.“
Im Saarland, in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen soll die CDU weiter die Ministerpräsidenten stellen. Merz atmet schwer, während er redet, der Auftritt ist wichtig für ihn. Hinten auf der Leinwand schauen per Videokonferenz andere Anhänger zu. „#teamcdu“ wird immer wieder eingeblendet.
Er spricht die ihm wichtigen Themen an: Klimawandel, „Standort Deutschland“ und Außenpolitik. Und dann geht es um das, womit er nicht in Verbindung gebracht wird: soziale Gerechtigkeit. „Wir haben keine Antwort darauf, wie die sozialen Sicherungssysteme angesichts des rasanten Wandels in der Arbeitswelt funktionieren“, analysiert er. All diese Themen könne ein Vorsitzender nicht allein entscheiden. „Dazu braucht es ein Team.“
Ob er auch der Kanzlerkandidat 2025 werden will? „Diese Entscheidung treffen wir sehr viel später“, sagt der 66-Jährige. Es gehe in den kommenden zwei Jahren darum, „uns neu aufzustellen“. Über den Vorsitz werden die rund 400.000 Mitglieder abstimmen.
Merz gilt als der große Favorit. Bis zum 2. Dezember haben die Kandidaten Zeit, für sich zu werben. Am 17. Dezember will die Partei das Ergebnis verkünden, gegebenenfalls wird es eine Stichwahl geben, die dann am 14. Januar endet und deren Ergebnis dann ein Bundesparteitag in Hannover bestätigen soll.
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