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22.11.2021

04:03

Laschet-Nachfolger

Kampf um den CDU-Vorsitz: Wie Merz, Röttgen und Braun für sich werben

Von: Daniel Delhaes

PremiumFriedrich Merz, Norbert Röttgen und Helge Braun wollen als Kandidaten der Mitte Parteivorsitzender werden. Merz zieht sich daher aus dem Wirtschaftsrat zurück.

CDU-Wahlkampf: Friedrich Merz, Norbert Röttgen & Helge Braun dpa

Dreikampf um den CDU-Vorsitz

Die CDU-Politiker Norbert Röttgen (v.l.), Friedrich Merz und Helge Braun bewerben sich um den CDU-Parteivorsitz.

Berlin Wenn an diesem Montag das Präsidium des Wirtschaftsrats der CDU zusammentritt, dann hat die namhafte Runde um Wirtschaftsgrößen wie Bettina Würth, Wendelin von Boch, Paul Bauwens-Adenauer wie auch Daimler-Vorstand Renata Jungo Brüngger, Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, Fraport-Chef Stefan Schulte und SAP-Chef Christian Klein einen Verlust zu verdauen: Friedrich Merz wird nicht mehr als Vizepräsident kandidieren.

Die Nachricht kursiert bereits in Kreisen des Wirtschaftsrats. Die Ikone des Wirtschaftsflügels der Union soll seine Mission erfüllen und nach zwei knapp verpassten Möglichkeiten im dritten Anlauf schaffen, wofür der Wirtschaftsrat Merz seit nunmehr zwei Jahren mit dem Ehrenamt, der Bundesgeschäftsstelle, seinen Landesverbänden und den Strukturen in den Regionen unterstützt: Bundesvorsitzender der CDU zu werden.

Der Wahlkampf um den CDU-Vorsitz ist offiziell eröffnet. Seit Mittwoch 18 Uhr vergangener Woche haben die Kandidaten zwei Wochen Zeit, um sich bei den rund 400.000 Mitgliedern der Partei zu empfehlen. Es gilt nicht mehr wie 2018 und Anfang des Jahres, tausendundeins Delegierte im Vorfeld per Telefon oder über deren Landsmannschaften zu überzeugen. Sie müssen viele der enttäuschten Anhänger motivieren, das Kreuz an der richtigen Stelle zu setzen: entweder bei Merz oder beim Außenpolitiker Norbert Röttgen, der sich zum zweiten Mal bewirbt – oder beim überraschend kandidierenden Kanzleramtsminister Helge Braun. Alle Kandidaten suchen die breite Mehrheit – auch Merz.

Wahlkampf in schwierigen Zeiten

Außenseiter Braun etwa kann sich nicht wie Merz auf eine Wahlkampfzentrale der besonderen Art verlassen. So wie bereits Röttgen Freitag vor einer Woche, so wird auch er an diesem Montag in der schnöden Bundespressekonferenz vor die Hauptstadtjournalisten treten und seine Kandidatur erklären. Bislang hat er sich nur von seinem Kreisverband Gießen nominieren lassen, ein Votum des Landesvorstands gab es angesichts der vielen Merz-Anhänger in dem konservativen Landesverband nicht. Dafür erklärt er in Talkshows die Coronapolitik der Regierung.

Braun hat bislang lediglich einen Mitgliederbrief auf seiner Internetseite veröffentlicht. Darin erklärt er, die Mitglieder stärker einbinden und das Profil der Partei schärfen zu wollen. Und angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen 2022 schreibt er: „Wir haben nach dem Ergebnis der Mitgliederbefragung keinen einzigen Tag mehr Zeit für Streit oder neue offene Führungsfragen.“

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Daher wolle er, dass Ralph Brinkhaus Fraktionschef bleibe und es nicht im April zu einer Kampfabstimmung kommt. Auch Röttgen hat die Zusage gegeben, Merz noch nicht. Wer mehr von Braun wissen will, kann bisher nur seinen Newsletter abonnieren.

Röttgen, der vor allem auf Zustimmung bei den Jüngeren und den weiblichen Mitgliedern hoffen kann, wirbt für sich mit dem Motto: „Jetzt aber: Voran!“ Eine entsprechende Domain hat er sich gesichert. Im Wahlkampf unterstützt ihn Franziska Hoppermann. Die 39-jährige neue Bundestagsabgeordnete aus Hamburg verfügt über viel Verwaltungserfahrung und hat schon bewiesen, sich in der hanseatischen Männerwelt zu behaupten. Gemeinsam wie auch getrennt wollen beide in den nächsten Tagen Kreisverbände besuchen, vor Ort oder digital. Hoppermann soll Generalsekretärin werden.

Überraschend war die Entscheidung für die praktizierende Katholikin und leidenschaftliche Sängerin, da die Führung der Hamburger CDU eigentlich für Merz trommelt und sich nun einem Votum enthalten musste. Am Wochenende forderte sie eine umfassende Rentenreform.

Eine „neue soziale Frage“ steht im Raum

Inhaltlich setzt Röttgen auf Bekanntes aus seinem ersten Wahlkampf , ergänzt um eine ausgerufene „neue soziale Frage“. Die Begriffe sind in der Parteigeschichte eng verbunden mit den Größen Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf, die damit den programmatischen Boden für Helmut Kohl legten. Während es damals um eine dauerhafte Neujustierung des Sozialstaats in Zeiten dauerhaft hoher Arbeitslosigkeit ging, hat Röttgen die globalen Unternehmen identifiziert, die keine Steuern zahlen und so die Last des Sozialstaats der Mittelschicht aufbürden.

Am meisten investiert ganz offensichtlich Friedrich Merz. Er erklärte seine Kandidatur nicht etwa wie Röttgen oder Braun vor der blauen Wand der Bundespressekonferenz, sondern mietete auf eigene Rechnung einen großen Saal im Veranstaltungshotel Estrel in Berlin. Mit eigener Bühne samt Pult und digitaler Rückwand trat er mit Mario Czaja als designierten Generalsekretär auf. Er war fünf Jahre lang Sozialsenator in Berlin und soll so die soziale Flanke bedienen. Die CDU sei in der Frage der sozialen Gerechtigkeit „nicht gut aufgestellt“, sagte Merz. Am Sonntag betonte er, die Partei habe bei keinen Fragen mehr die Meinungsführerschaft. Er wolle direkt in der Parteizentrale dafür sorgen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich und kein Nachteil in der Karriere mehr sein soll.

„Team Merz“ heißt jetzt „Team CDU“

Das einstige „Team Merz“ der ersten beiden Versuche ist dem „Team CDU“ gewichen. Eine entsprechende Internetpräsenz hat er sich gesichert. Der Wahlkampf werde „ähnlich wie beim letzten Mal“ laufen, sagte sein Sprecher. Es gebe die von der Bundespartei organisierten Termine via CDU-TV. „Darüber hinaus wird Herr Merz ein paar Termine auf Einladung von Kreisvorsitzenden wahrnehmen, die aber, wie sich nun abzeichnet, wohl überwiegend online stattfinden werden. Details befinden sich noch in der Abstimmung.“

Ob Merz den Sozialflügel und die Frauen in der CDU überzeugen kann, zeigt sich am 17. Dezember, wenn die Bundespartei das Votum des ersten Wahlgangs verkündet. Bis dahin wird auch ein anderer von seinem Ehrenamt zurückgetreten sein: Carsten Linnemann, der von Merz vorgesehene Parteivize soll nach der Wahl zügig eine Grundsatzprogrammkommission einrichten und mit eigenem Büro und Mitarbeitern im Konrad-Adenauer-Haus leiten. Linnemann gibt dazu seinen Vorsitz bei der Mittelstands- und Wirtschaftsunion auf.

In einem Brief an die 26.000 Mitglieder schrieb der 46-jährige am Freitag, Merz habe das Potenzial, „die Partei zu befrieden. Ihm traue ich zu, der CDU nicht nur zu einem echten Profil, sondern auch zu neuer Durchschlagskraft zu verhelfen.“ Die CDU werde mit ihm als Volkspartei wiederaufleben. „Denn das Team, das er um sich aufgebaut hat, steht nicht nur für einen Generationswechsel, sondern auch für die große Bandbreite dieser Partei.“ Er sei für die inhaltliche Neuaufstellung zuständig, was eine „Mammutaufgabe“ sei und damit seinen vollen Einsatz erfordere.

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