Philipp Amthors Engagement bei dem Start-up Augustus Intelligence hätte reich entlohnt werden sollen. SPD und FDP fordern nun eine Anzeigepflicht für Aktienoptionen.
Philipp Amthor
Wegen seiner Engagements für ein dubioses Start-up in der Kritik: Der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU).
Bild: dpa
San Francisco, Düsseldorf, Berlin Über das Engagement von Philipp Amthor bei dem New Yorker Start-up Augustus Intelligence sind weitere Details bekannt geworden. Nach Handelsblatt-Informationen waren die Aktienoptionen, die der CDU-Abgeordnete besaß, bis zu einer Viertelmillion US-Dollar wert.
Wie sich Amthor für das Start-up einsetzte, ist gut dokumentiert. Im Herbst 2018 schrieb er auf dem offiziellen Briefpapier des Bundestags an seinen Parteifreund Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und setzte sich für das Unternehmen ein.
Trotzdem wirft der Fall noch viele Fragen auf. Vor allem diese: Warum war das Start-up so erpicht auf Kontakte in die Bundesregierung? Und welche Interessen könnten die deutschen Politiker an dem unbekannten US-Start-up haben?
Die Firma bezeichnet sich selbst vage als „B2B-Tech-Unternehmen“, das „Produkte, Dienstleistungen und Infrastruktur“ für Unternehmenskunden aller Branchen entwickelt. Ein konkretes Produkt, das Künstliche Intelligenz (KI) anwendet, ist allerdings nicht bekannt. Zu seinen Beratern und Managern zählen statt KI-Experten der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, Ex-BND-Chef August Hanning, der frühere Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Ex-Roland-Berger-Chef Charles-Édouard Bouée.
Neue Erkenntnisse dürften das öffentliche Interesse an einer Aufklärung noch verstärken. Amthor war neben seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter Direktor in dem Start-up. Von diesem erhielt er 2817 Optionen, Augustus-Anteile zu erwerben. Dem Handelsblatt liegen Dokumente vor, aus denen hervorgeht: Jede Aktie ist seit der jüngsten Finanzierungsrunde von Augustus 88,76 Dollar wert. Das ergibt einen Wert von exakt 250.036,92 Dollar – was knapp zwei Jahren Abgeordnetenentschädigung für Amthors Bundestagsmandat entspricht.
Wie viel Optionen tatsächlich wert sind, hängt von mehreren Faktoren ab, nicht zuletzt vom künftigen Erfolg der Firma. Maßgeblich ist der sogenannte Ausübungspreis, also der Preis, zu dem der Besitzer der Optionen die Anteile erwerben kann. Häufig liegt dieser sogar beim aktuellen Wert der Aktie zum Zeitpunkt der Zuteilung – der Besitzer partizipiert dann an der künftigen Wertsteigerung des Unternehmens, hat aber keinen direkten geldwerten Vorteil. Umso mehr hätte Amthor also daran gelegen sein können, der Firma weiter zum Erfolg zu verhelfen.
Nachdem der „Spiegel“ Amthors Verbindungen zu dem mysteriösen Unternehmen aufgedeckt hatte, gab Amthor den Posten auf und erklärte, er habe die Optionen zurückgegeben. Sein Engagement für die Firma bezeichnete er als „Fehler“. Laut Bundestagsverwaltung ist die Übertragung von Aktienoptionen allerdings nicht anzeigepflichtig. Zum Zeitpunkt dieses Rechtsgeschäfts fließe kein Vermögen zu, sondern das bloße Recht, Aktien zu einem vereinbarten Preis zu erwerben. Das erscheint im Lichte der Affäre allerdings als fragwürdige Regelung.
Als Konsequenz aus dem Fall verständigte sich die Große Koalition am vergangenen Freitag auf die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters. Verstöße gegen das Register sollen sanktioniert werden können. Außerdem sollen die Transparenzregeln für die Abgeordneten des Bundestags verschärft werden. „Der Fall von Philipp Amthor zeigt, dass die bestehenden Regeln zu den Anzeigepflichten reformbedürftig sind“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke dem Handelsblatt. „Eine Anzeigepflicht für Aktienoptionen halte ich für sehr erstrebenswert.“
Auch die FDP sieht Handlungsbedarf. In einem Brief von Fraktionschef Christian Lindner und Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann an die sogenannte „Allianz für Lobbytransparenz“ heißt es: „Der Fall Amthor hat das Vertrauen in die Politik weiter erschüttert. Derartige Vorkommnisse sind geeignet, die Legitimation demokratischer Entscheidungen zu mindern“, heißt es in dem Schreiben, das dem Handelsblatt vorliegt.
Zwar sehe das Abgeordnetengesetz vor, dass Tätigkeiten und Einkünfte neben dem Mandat, die auf mögliche Interessenverknüpfungen hinweisen können, anzuzeigen und zu veröffentlichen seien. „Es wäre jedoch wichtig, den Begriff des Vermögensvorteils in Zukunft explizit auch auf Aktienoptionen zu erstrecken.“
Um den tatsächlichen Gegenwartswert von Amthors Optionen zu ermitteln, hat das Handelsblatt den CDU-Politiker um die Herausgabe des Vertrags gebeten, in dem die Optionsvergabe geregelt wurde. Darauf reagierte Amthor trotz mehrerer Nachfragen nicht. Ebenso erbrachte er keinen Nachweis, dass er seine Anrechte tatsächlich wieder aufgegeben hat.
Die Aktien eines privat gehaltenen Unternehmens wie Augustus Intelligence sind schwerer handelbar als die einer börsennotierten Gesellschaft. Die Inhaber können sie nicht so einfach zu Geld machen. Dennoch hat ihr Wert Relevanz. So nutzte Augustus seine Aktien nach Handelsblatt-Informationen, um andere Unternehmen zu übernehmen. In einem Übernahmeangebot heißt es, die Aktionäre des anderen Unternehmens könnten ihre Aktien gegen Augustus-Aktien tauschen, die in der Transaktion „mit 88,76 Dollar bewertet werden, eine Bewertung, die mit Augustus’ letzter Finanzierungsrunde übereinstimmt“.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels stand in der Überschrift, die Aktienoptionen seien 250000 Dollar wert. Sie sind aber nur bis zu 250000 Dollar wert, abhängig vom Ausübungspreis. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
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