Mit 521 Stimmen hat die CDU Armin Laschet zum neuen Vorsitzenden gewählt. Aus Politik und Wirtschaft gibt es positive Reaktionen – und Forderungen.
Saskia Esken
Die SPD-Vorsitzende sieht den künftigen Kurs der CDU weiterhin noch nicht geklärt.
Bild: dpa
Berlin Nach seiner Wahl zum neuen CDU-Chef hat Armin Laschet seiner Partei für das große Vertrauen gedankt. „Ich bin mir der Verantwortung bewusst, die mit diesem Amt verbunden ist“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Samstag auf dem digitalen Parteitag der CDU. Nun gehe es darum, dass die CDU zunächst die anstehenden Landtagswahlen in „wenigen Wochen“ gut bestehe. Zudem wolle er bei der Bundestagswahl dafür sorgen, „dass die Union den nächsten Kanzler stellt“.
Die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer dankte allen Kandidaten „für den fairen Wettbewerb“. Auf Twitter mahnt sie: „Und jetzt alle zusammen für unsere Union und unser Land.“
Die Mitbewerber Merz und Röttgen gratulierten Laschet zum Wahlerfolg und wünschten ihm für das Wahljahr viel Erfolg. Es sei eine „enorm anstrengende Zeit für uns alle zu bestehen“, sagte Merz. Wie er sich nach seiner Niederlage in der CDU weiter einbringen wolle, dazu sagte Merz nichts. Als Kandidat für einen Posten im CDU-Präsidium trat er nicht an.
Röttgen hingegen entschied sich für eine Kandidatur und wurde ins Präsidium gewählt. Er betonte, er stehe zu seinem Wort und werden Laschet nun mit voller Kraft unterstützen. „Du kannst dich auf mich verlassen. Wir müssen jetzt eine Mannschaft bilden“, sagte er.
Auch Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz sowie CSU-Chef Markus Söder gratulierten Laschet zum Sieg. SPD-Politiker Scholz wünscht Laschet für die „große Aufgabe“ ein glückliches Händchen. „Dieses Jahr hat es in sich und wird eine Herausforderung für uns alle. Glück auf sagt man bei uns dazu – alles Gute!“ twitterte Scholz. Bayerns Ministerpräsident Söder erklärte, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Laschet. „Gemeinsam werden wir die Erfolgsgeschichte der Union fortschreiben“, schrieb er ebenfalls auf Twitter.
Die SPD-Chefin Saskia Esken sieht den künftigen Kurs der CDU weiterhin noch nicht geklärt. „Wie sich die Identitätskrise auflöst, in der sich die CDU erkennbar befindet, ist auch nach diesem Parteitag noch nicht klar zu erkennen“, sagte Esken der „Saarbrücker Zeitung“ unter Verweis auf die offene Frage der Unions-Kanzlerkandidatur. „Wir benötigen in der Koalition aber dringend einen stabilen Partner in den nächsten Monaten und keinen Partner, der mit sich selbst beschäftigt ist“, fügte Esken hinzu.
Der Linksfraktionschef Dietmar Barsch gratulierte Laschet indirekt zum Sieg bei der Stichwahl und verteilte zugleich einen Seitenhieb an die CDU. Er beglückwünsche Armin Laschet zwar zum neuen Posten, mache aber auf die „Verwässerung der Partei“ aufmerksam: „Gut, dass sich eine Verwässerung nach Rechts in der Union nicht durchgesetzt hat. Die Union führt seit 15 Jahren die Bundesregierung und verantwortet somit maßgeblich die tiefe Spaltung unserer Gesellschaft“, schreibt Barsch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner beglückwünschte am Samstag den neuen CDU-Vorsitzenden zum Wahl-Sieg. „Auf so gute Zusammenarbeit und so sportlichen Wettbewerb als Bundesvorsitzende wie wir beides als NRW-Landesvorsitzende früher schon hatten,“ schreibt Lindner, der ebenfalls aus NRW kommt, auf Twitter.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gratuliert Armin Laschet zur Wahl zum CDU-Vorsitzenden und zollt den unterlegenen Kandidaten Friedrich Merz und Norbert Röttgen seinen Respekt. Ihm zufolge handelte es sich um einen fairen Wahlkampf. Dieser habe ein klares Signal für den Gestaltungswillen- und Regierungswillen der Union gesetzt, schrieb Altmaier auf Twitter.
Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, betont das knappe Ergebnis für Laschet: „521 – das sind nur 20 Stimmen über den Durst“, schreibt Kipping auf Twitter. „Das heißt, auch Laschet wird in den kommenden Monaten dem rechten CDU Flügel so viel Zucker geben müssen, dass die Grünen sich dreimal überlegen werden müssen, ob sie sich tatsächlich auf Gedeih & Verderb der Union hingeben wollen.“
Zudem unterstreicht sie in einem weiteren Post auf Twitter, dass die CDU mit Laschet einen neuen Parteivorsitzenden, aber noch lange keinen Kanzlerkandidaten habe. „Egal, wer dann das Rennen um die CDU-Kanzlerkandidatur gewinnt, die CDU wird nicht bereit sein, die Weichen so stellen, dass wir gerecht aus der Krise kommen.“
Der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, fordert Armin Laschet dazu auf, alle Teil der Partei einzubinden und den Mitgliedern Hoffnung zu machen. Laschet habe eine beeindruckende Rede gehalten und strahle viel wichtigen Optimismus aus, sagt Günther im Phoenix-Interview.
Aus Österreich kommen Glückwünsche von Kanzler Sebastian Kurz. Er wünsche dem neuen CDU-Chef Armin Laschet „alles Gute für die bevorstehenden Aufgaben“. Kurz twittert: „Für uns ist es wichtig, dass sich Deutschland weiterhin gut entwickelt. Die @CDU als bestimmende politische Kraft der Mitte ist der beste Garant dafür.“
Auch nach Ansicht der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie positioniere sich die CDU mit der Wahl von Armin Laschet in der Mitte und in der Tradition der christlichen Soziallehre. „Es ist für die Gewerkschaften wichtig, dass die derzeit stärkste Partei sich in der Krise so aufstellt“, twittert IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis.
Laschet steht den Worten der Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck zufolge ebenfalls vor großen Aufgaben. Er müsse nun die CDU nach der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel neu definieren und klären wofür die Partei inhaltlich eigentlich antrete. „Deutschland hat große Aufgaben zu bewältigen, vor allem jetzt die Corona-Pandemie.“ Darüber hinaus seien die Weichen zu stellen für konsequenten Klimaschutz und die ökologische Modernisierung der Wirtschaft.
Auch der BDI-Präsident Siegfried Russwurm stellt bereits erste Forderungen an den neuen CDU-Chef, sich „ab sofort für notwendige Investitionen und Weichenstellungen einzusetzen“. Das aktuelle Krisenmanagement und der beginnende Wahlkampf dürften den Blick auf Dynamik und Zukunftsfähigkeit nicht verstellen, sonst drohe ein verlorenes Jahr für richtungsweisende Entscheidungen. Die große Koalition hinterlasse „eine weit aufgerissene Infrastruktur- und Investitionslücke“.
Der Präsident des Bundesverbands Deutsche Startups, Christian Miele, hat ebenfalls klare Erwartungen an Armin Laschet. Er müsse den politischen Fokus auf das Thema Digitalisierung legen.
Daniel Hager, Familienunternehmer und Chef der Hager Group, hält Laschet für einen guten Zuhörer, der sich Zeit nimmt, um sich eine Meinung zu bilden. Er habe die Fähigkeit unterschiedliche Lager zusammenzubringen „Mich hat beeindruckt, dass er zu Beginn der ersten Corona-Welle einer der wenigen Regierungsvertreter war, der glaubhaft nach Verhältnismäßigkeit und Alternativen zu einem Lockdown gesucht hat. Für unsere Wirtschaft ist es gerade jetzt notwendig, einen solch offenen Zuhörer zu haben dem die Menschen vertrauen.“
Der prominente Technologieinvestor Frank Thelen fordert: „So schwierig es ist in der aktuellen Situation: wir müssen jetzt mutig in unsere Zukunft investieren. Wir brauchen eine neue Agenda 2030 mit Schwerpunkt auf Technologien wie KI, Hyperloops, Biotech, 3D-Druck“. Thelen sagt außerdem: „Deutschland muss jetzt aufwachen!“
Eine seiner größten Herausforderung für Laschet aber sei es, die eigene Partei auf diesem Weg mitzunehmen: „Viele vermissen immer noch Ihr Faxgerät“, sagt Thelen. „Wie wird er Sie für die Chancen durch neue Technologien begeistern?“
Der Gründer des weltweit aktiven Berliner Reiseaktivitäten-Start-ups Getyourguide, Johannes Reck, sagt: „Die CDU erklärt uns konsequent, warum es nicht vorwärts geht, aber wir müssen uns jetzt ambitionierte Ziele setzen und endlich in die Umsetzung kommen.“
Enttäuschung über den Wahlsieg von Laschet zeig der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann. Er hat Friedrich Merz aufgefordert, sich ins CDU-Präsidium wählen zu lassen. Er sei enttäuscht, dass Merz nicht zum CDU-Chef gewählt worden sei, sagt der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung MIT im Sender Phoenix. Wichtig sei, die Lager in der CDU nun zusammenzuführen. „Das geht nicht von heute auf morgen“, betont Linnemann. Zu Merz sagt er: „Ich würde mir wünschen, dass er im Präsidium antritt. Ich halte es für verdammt wichtig, dass er an Bord bleibt.“ Merz sei Kandidat „der Basis“ gewesen.
Der ehemalige EU-Abgeordnete der CDU, Elmar Brok, verlangt ebenfalls ein Spitzenamt für Friedrich Merz nach der nächsten Bundestagswahl. Bei „BILD Live“ sagte Brok, Merz solle Mitglied der nächsten Bundesregierung werden. „Ich könnte mir keinen besseren vorstellen als Merz als Bundesfinanzminister“, sagte Brok.
Beim dem rein digitalen CDU-Parteitag hatte sich zuvor Laschet in einer Stichwahl recht klar gegen Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz durchgesetzt. Außenpolitiker Norbert Röttgen war bereits in der ersten Wahlrunde ausgeschieden.
Zufrieden mit Armin Laschet zeigt sich Arndt G. Kirchhoff, Beiratsvorsitzender der Kirchhoff-Gruppe und Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen.
„Armin Laschet kann das. Er ist verlässlich und besonnen. Er hat die wirtschaftspolitische Grundstimmung in NRW verbessert, warum sollte ihm das nicht bundesweit gelingen?“, sagt er. „Das wirtschaftspolitische Profil der Partei sollte aber geschärft werden – im Sinne von Friedrich Merz. Ich würde es sehr begrüßen wenn Armin Laschet Friedrich Merz an herausgehobener Stelle mitwirken lassen würde.“
Auf die Frage, welche Forderungen Kirchhoff an Laschet habe und worauf es jetzt ankomme, sagte er: „Wir müssen unbedingt die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhöhen, vor allem bei Steuern, Energiekosten und Sozialkosten. Die Kosten der Pandemie tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.“
Zum Thema Kanzlerkandidat sagt Kirchhoff: „Das ist eine völlig andere Frage. Bei dem Gewicht der CDU sollte die CDU jemanden stellen.“
Mehr: Lesen Sie hier, wie Armin Laschet das Rennen für sich entschieden hat.
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