Die EU-Kommission verfolgt ehrgeizige Klimaziele. Bei der Überarbeitung der sogenannten Erneuerbare-Energie-Richtlinie setzt sie nicht nur auf Wasserstoff und Elektromobilität.
Ladesäule für E-Autos
Die EU will neben Wasserstoff und Elektromobilität regenerativ hergestellte Kraftstoffe fördern.
Bild: dpa
Brüssel Das Ziel ist hoch: Mindestens 55 Prozent der CO2-Emission will die EU-Kommission bis 2030 einsparen. Dabei sollen neben Wasserstoff und Elektromobilität regenerativ hergestellte Kraftstoffe nun eine größere Rolle einnehmen, wie aus der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie (RED III) hervorgeht.
„Wir werden prüfen, wie wir erneuerbare und kohlenstoffarme Kraftstoffe in diesem Sektor fördern und unterstützen können“, kündigte Laure Chapuis, Kabinettsmitglied der estnischen EU-Energiekommissarin Kadri Simson, in Brüssel an.
Noch liegt die Priorität für die EU darin, vor allem die Wasserstoffproduktion aus erneuerbarem Strom als ökologisch sauberste Lösung zu entwickeln. Doch regenerative Kraftstoffe sollen künftig als Brückentechnologie eingesetzt werden.
„In einer Übergangsphase werden jedoch auch andere Formen von kohlenstoffarmen Wasserstoffen und Kraftstoffe benötigt, um den Prozess der Abkehr von fossilen Brennstoffen in Gang zu bringen“, sagte Kommissionsexpertin Chapuis.
Unter Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien – in der Branche Re-Fuels genannt – werden neben Wasserstoff synthetisch hergestellte Kohlenwasserstoffe und nachhaltige Biokraftstoffe verstanden.
Die Staats- und Regierungschefs hatten im Dezember auf ihrem EU-Gipfel das Klimaziel zur Reduzierung der Treibhausgase von 40 auf mindestens 55 Prozent angehoben. Die Klimaneutralität soll bis 2050 erreicht werden.
Die EU-Kommission will ihren Vorschlag für die neue Erneuerbare-Energie-Richtlinie bis Juni vorlegen. Derzeit laufen die Konsultationen der EU-Exekutive unter Führung von Energiekommissarin Simson.
Kadri Simson
Energiekommissarin Kadri Simson will mit der neuen Erneuerbaren-Energie-Richtlinie - im EU-Jargon RED III - auch alternative, regenerative Kraftstoffe fördern.
Bild: ddp/abaca press
Ausgerechnet das Autoland Baden-Württemberg entwickelt derzeit einen Zeitplan für alternative Kraftstoffe, der als Vorbild für den neuen EU-Plan dienen könnte. Aus der Sicht der Landesregierung in Stuttgart soll die Beimischung von synthetischem Diesel und Benzin für den Verkehr eine zentrale Rolle spielen, um die klimapolitischen EU-Ziele zu realisieren. Der Vorteil der Re-Fuels: Sie können die vorhandene Tankstelleninfrastruktur nutzen.
Die klimaneutralen Kraftstoffe, die mit erneuerbaren Energien produziert werden, sollen insbesondere im Flug- und Schiffsverkehr sowie teilweise im Lkw-Verkehr zum Einsatz kommen. Das ist Baden-Württemberg aber zu wenig. „Die alternativen Kraftstoffe sind auch für die Bestandsflotten von großer Bedeutung“, sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann in einer Diskussion mit den Vertretern aus Brüssel.
Die klimaneutralen Kraftstoffe, die mit erneuerbaren Energien produziert werden, sollen insbesondere im Flug- und Schiffsverkehr sowie teilweise im Lkw-Verkehr zum Einsatz kommen. Das ist Baden-Württemberg aber zu wenig. „Die alternativen Kraftstoffe sind auch für die Bestandsflotten von großer Bedeutung“, sagte Hermann.
Er erwartet, dass bis 2030 rund 35 Millionen Autos mit Verbrennermotoren auf Deutschlands Straßen trotz wachsender Elektromobilität unterwegs sein werden. Vor diesem Hintergrund tritt er für alternative Kraftstoffe für die vorhandenen Benzin- und Dieselfahrzeuge ein.
Die Beimischung von synthetischem Kerosin soll zudem den Fluggesellschaften helfen. „Alternative Kraftstoffe für den Klimaschutz könnten im Verkehr schneller zur Verfügung stehen als Importe von grünem Strom oder Wasserstoff, für die neue Infrastrukturen geplant, realisiert und finanziert werden“, so Herrmann.
Der Vorstoß Baden-Württembergs in Brüssel kommt nicht unbedingt überraschend. Denn das Bundesland besitzt neben seiner Autoindustrie mit Daimler, Porsche und Bosch in Karlsruhe die größte Ölraffinerie in Deutschland, an der Ölkonzerne wie BP, Exxon und die russische Rosneft beteiligt sind. Alternative Kraftstoffe werden für die Transformation der Mineralölwirtschaft gebraucht.
„Die Wertschöpfungskette für Re-Fuels made in Europa besitzt ein großes Exportpotenzial“, ist sich Herrmann sicher. „Das Geschäft ist der Klimaschutz.“ In Karlsruhe sollen künftig im industriellen Maßstab Demonstrationsanalgen für Re-Fuels entstehen. Beispielsweise ist geplant, dort jährlich 50.000 Tonnen klimafreundlichen Kerosins zu produzieren. Derzeit gehen rund 30 Prozent der Treibhausgase auf das Konto des Verkehrs.
Die EU-Kommission prüft bei der Ausgestaltung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie, welche verpflichtende, womöglich steigende Quote zur Beimischung von nachhaltigen Flugkraftstoffen es geben soll. In der Diskussion ist auch eine Unterquote für grünen Wasserstoff und darauf basierende synthetische Kraftstoffe. Baden-Württembergs grüne Landesregierung geht noch weiter. Sie fordert nach dem Vorbild der im vergangenen Jahr bereits beschlossenen Wasserstoffstrategie von der Kommission eine europaweite Strategie für Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien.
Das stößt auf offene Ohren in Brüssel. Nach Insiderangaben könnte eine europäische Allianz für erneuerbare Kraftstoffe bereits Ende des Jahres gegründet werden.
Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.
Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.
×
Kommentare (1)