PremiumEine Finanzbeamtin verbrennt eine Steuererklärung der von Gazprom geförderten Klimastiftung. Wie sich nun herausstellt, war Justizministerin Jacqueline Bernhardt darüber informiert.
Jacqueline Bernhardt
Die Justizministerin Mecklenburg-Vorpommerns sah keinen Anlass, die Öffentlichkeit über die Verbrennung der Steuerunterlagen zu informieren.
Bild: imago images/BildFunkMV
Schwerin, Berlin Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern gerät wegen der Affäre um den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 weiter unter Druck. In den Fokus ist nun Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) gerückt, die frühzeitig über eine illegale Vernichtung von Steuerunterlagen der landesnahen Klimastiftung informiert worden war.
Obwohl das Parlament mehrfach Aufklärung über den Verbleib der Dokumente gefordert hatte, behielt die Ministerin ihr Wissen für sich. Das belegen Unterlagen der Justizbehörden, die dem Handelsblatt vorliegen.
Die rot-rote Regierung unter Manuela Schwesig (SPD) hatte die Klimastiftung Anfang 2021 gegründet, um diese als Plattform für den Weiterbau der Gaspipeline Nord Stream 2 nutzen zu können. Ziel war es, drohende Sanktionen der USA gegen das Großprojekt zu umgehen.
Um die Arbeiten an Nord Stream 2 zu finanzieren, erhielt die Stiftung 20 Millionen Euro vom russischen Staatskonzern Gazprom. Die Klimastiftung reichte dazu eine Steuererklärung beim Finanzamt ein, die allerdings dann verschwand.
Vor wenigen Tagen nun berichtete das Magazin „Cicero“, dass eine Finanzbeamtin die Steuererklärung bereits im Frühjahr 2022 verbrannt hatte. Die Beamtin war für den Fall nach bisherigem Stand nicht zuständig, fand die Unterlage aber in ihrem Büro. Da sie Ärger mit ihren Vorgesetzten fürchtete, habe sie die Steuererklärung mitgenommen und dann im Kamin ihrer Mutter verbrannt, heißt es in einem Bericht der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium in Schwerin.
Da sie ihr Gewissen plagte, offenbarte sich die Beamtin einige Zeit später ihrem Vorgesetzten, der die Staatsanwaltschaft Stralsund einschaltete. Am 2. Mai vergangenen Jahres leiteten die Ermittler ein Verfahren gegen die Finanzbeamtin ein – und informierten das Justizministerium. Dort löste die Information der Fahnder große Wellen aus.
Just an diesen Tagen hatte die Opposition Aufklärung über den Verbleib der verschwundenen Steuererklärung verlangt. Finanzminister Heiko Geue (SPD) mauerte. Auch seine Kabinettskollegin Bernhardt schwieg, obwohl sie spätestens am 10. Mai Kenntnis über die verbrannten Papiere hatte.
An diesem Tag öffnete die Juristin auf ihrem Rechner eine Einschätzung zu dem Fall, die ein Abteilungsleiter für sie vorbereitete hatte. Im internen System des Ministeriums wird festgehalten, wer wann welches Dokument geöffnet hat. Eine Auswertung des Systems liegt dem Handelsblatt vor.
In der Stellungnahme an die Ministerin weist der Mitarbeiter darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren schnell einstellen könnte. Ein ungewöhnliches Vorgehen bei einem Fall dieser Tragweite. Die Finanzierung von Nord Stream 2 und die damit involvierte Klimastiftung sorgten international für Aufsehen, und zwar schon vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine.
Am Sonntag teilte das Finanzministerium auf Anfrage mit, dass es im Rahmen von Ermittlungen der internen Revision Ende April 2022 „über die Vernichtung der Steuererklärungen“ informiert worden sei.
Die Ermittlungen gegen die Finanzbeamtin habe die Staatsanwaltschaft im September 2022 eingestellt. Die Beamtin habe eine Geldauflage zahlen müssen. Ein Disziplinarverfahren gegen die Frau sei Anfang Oktober wieder aufgenommen worden und laufe noch.
Die Justizministerin Bernhardt erklärte indes, sie habe keinen Anlass gesehen, die Öffentlichkeit zu informieren.
Die Opposition sieht das anders: Auf ihren Antrag hin kommen in den nächsten Tagen der Finanz- und der Rechtsausschuss zu Sondersitzungen zusammen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Domke forderte eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge.
Minister Geue und Ministerin Bernhardt müssten endlich Antworten geben, sagte Harald Terpe (Grüne). Für Franz-Robert Liskow von der CDU ist das Verhalten der Landesregierung schlicht „unanständig“.
Erstpublikation: 26.02.2023, 13:15 Uhr.
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