Eine Finanzbeamtin hat Steuererklärungen der Klimastiftung verbrannt. Das Finanzministerium wusste noch vor der Staatsanwaltschaft Bescheid. Doch der Minister verweist auf das Steuergeheimnis.
Heiko Geue (SPD)
Der Finanzminister von Mecklenburg-Vorpommern wird sich am Dienstag den Fragen der Presse stellen.
Bild: IMAGO/BildFunkMV
Berlin, Brüssel, Düsseldorf In der Affäre um verbrannte Steuerunterlagen der Klimastiftung gerät das Finanzministerium von Mecklenburg-Vorpommern unter Erklärungsdruck. Eine Sprecherin bestätigte auf Anfrage, dass das Ministerium Ende April über die Vernichtung von Steuerunterlagen unterrichtet worden war. Die Staatsanwaltschaft wurde erst einige Tage später – am 3. Mai – über den Vorgang informiert.
Die Stiftung war Anfang 2021 eigens mit dem Zweck gegründet worden, drohende US-Sanktionen gegen den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 zu umgehen.
Die vom Land gegründete und von Gazprom unterstützte Einrichtung finanzierte die Arbeiten an dem Großprojekt in erheblichem Umfang. Nach eigenen Angaben schloss die Stiftung dafür mit 80 Subfirmen entsprechende Verträge.
Über das Wochenende war bekannt geworden, dass eine Finanzbeamtin Steuererklärungen der Klimastiftung verbrannt hatte. Die Frau hatte die Unterlagen bei sich im Büro gefunden, obwohl sie für den Fall nicht zuständig war. Später sagte die Beamtin aus, dass sie aus „Panik“ die Steuerpapiere dann im Kamin ihrer Mutter verbrannt habe.
Bei den Unterlagen handelte es sich um drei Steuererklärungen der Klimastiftung, die 20 Millionen Euro direkt vom russischen Gaskonzern Gazprom erhalten hatte. Mit ihrer Hilfe sollte geklärt werden, ob die Stiftung möglicherweise Schenkungssteuer hätte entrichten müssten. Ein Verfahren dazu ist aktuell vor dem Finanzgericht Greifswald anhängig, die Stiftung wehrt sich gegen einen entsprechenden Steuerbescheid über eine Zahlung von 9,8 Millionen Euro.
An diesem Dienstag wollte Finanzminister Heiko Geue (SPD) in Schwerin Stellung zu den Vorwürfen beziehen. Er habe schon früher etwas zur Affäre rund um die verbrannten Papiere gesagt, sei aber erst jüngst umfassend durch die Stiftung vom Steuergeheimnis befreit worden. Von der im April 2022 verschwundenen Akte habe er kurz darauf erfahren, so Geue.
Die Opposition im Schweriner Landtag wirft ihm vor, er habe schon früh von der Affäre gewusst, das Parlament aber nicht informiert. Geue betonte, auch das Verschwinden der Akte sei vom Steuergeheimnis umfasst, weshalb er nicht darüber habe berichten können. Es sei aber kein „materieller Schaden“ entstanden, da Kopien der verbrannten Unterlagen vorhanden seien.
Geue kritisierte die Stiftung und damit auch ihren Vorsitzenden, den Ex-Ministerpräsidenten Erwin Sellering (SPD). Auf das Finanzamt und auch das Finanzministerium sei immer wieder Druck ausgeübt worden, um von der Schenkungssteuer befreit zu werden.
Die Klimastiftung war schon im vergangenen Jahr hochumstritten – ein möglicher Grund für die „Panik“ der Finanzbeamtin. Nachdem sie die Unterlagen verbrannt hatte, bekam sie offensichtlich Gewissensbisse und meldete den Fall ihrem Vorgesetzten beim zuständigen Finanzamt Ribnitz-Damgarten. Das geht aus Dokumenten hervor, die dem Handelsblatt vorliegen.
Der Vorsteher des Finanzamts meldete den Fall zunächst dem Finanzministerium und zeigte die Aktenvernichtung dann am 3. Mai 2022 bei der Staatsanwaltschaft Stralsund an. Nach einer schnellen Prüfung meldeten die Ermittler das Verfahren dann am 5. Mai 2022 dem Justizministerium und letztlich auch der Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke).
Am 20. September stellte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen eine Geldauflage ein. Gegen die Beamtin läuft noch ein Disziplinarverfahren, wie die Sprecherin des Finanzministeriums sagte.
Heiko Geue (links) und Manuela Schwesig (Mitte)
Der Finanzminister wusste von den Aktenverbrennungen, bevor die Staatsanwaltschaft informiert wurde.
Bild: dpa
Die Vorgänge in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigen inzwischen auch die Bundespolitik. Auf Antrag der CDU soll in dieser Woche der Bundestag in einer aktuellen Stunde über die Aktenvernichtung beraten.
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